Erdöl- und Erdgasförderung in Deutschland

Herzlich Willkommen auf dem Blog „Erdöl und Erdgas in Deutschland“. Dieser Blog hat u.a den Anspruch, einen Gegenpol zu der weitverbreiteten Falschinformation (Medien sowie Bürgerinitiativen) in Bezug auf die Erdöl- und Erdgasförderung im Inland darzustellen. Die ganze Angelegenheit ist völlig unabhängig von der Industrie, auch wenn das der ein oder andere anzweifeln mag. Vielmehr ist die Beschäftigung mit der Erdöl- und Erdgasförderung ein Hobby von mir und das schon von Kindesbeinen an. Wenig verwunderlich, wenn man im Gebiet der zweitgrößten Erdgaslagerstätte Mittel-/Westeuropas aufgewachsen ist.

Auf den Hauptseiten finden Sie historische Abrisse der Entwicklung der Erdöl- und Erdgasförderung in Deutschland sowie zum seit zweieinhalb Jahren äußerst kontrovers diskutiertem Hydraulic „Fracking“ Fracturing. Dieses ist ein seit 65 Jahren international angewendetes typisches Stimulationsverfahren, um u.a. die Ausbeute von Kohlenwasserstofflagerstätten zu verbessern oder gar erst zu ermöglichen.

In der Kategorien „Aktuelles“ finden Sie Berichte sowie Kommentare zu aktuellen Ereignissen sowie Studien und Medienberichten. In der Kategorie „Fails“ sind Artikel zu finden, die die angesprochenen Falschinformationen thematisieren und die Falschaussagen anhand von wissenschaftlichen Quellen richtigstellen und das oft in Verbindung mit Hinweisen auf die aktuelle Gesetzeslage.

Ich wünsche viel Freude beim Stöbern und ich hoffe, dass der ein oder andere Wissenswertes mitnimmt.

Bohrung Burgmoor Z3a gasfündig!

Ungefähr 25 Kilometer südwestlich von Nienburg (Weser) befindet sich die Erdgaslagerstätte Burgmoor/Uchte. Sie wurde 1981 entdeckt und produziert seitdem Erdgas aus Sandsteinen des Buntsandstein sowie aus dem Staßfurt-Karbonat des Zechstein. Betreiber der Lagerstätte ist die ExxonMobil Production Deutschland GmbH, kurz EMPG.

Bohranlage der MND auf der "Burgmoor Z3a" Sukrams

Bohranlage der MND auf der „Burgmoor Z3a“ ©Sukrams

Im September 2014 meldete Deutschlands größter Erdgasförderer ExxonMobil vorbereitende Arbeiten für ein neues Bohrprojekt an. Dazu musste laut Pressemitteilung zunächst die Zufahrtsstraße sowie der bestehende Förderplatz für das Vorhaben ertüchtigt bzw. zum Bohrplatz ausgebaut werden.

Im Januar 2015 erschien eine weitere Pressemitteilung, in der ExxonMobil bekannt gab, dass weitere Arbeiten auf dem inzwischen fertiggestellten Bohrplatz durchgeführt würden. Diese Arbeiten sollten der Vorbereitung der Bohrtätigkeit selbst dienen.

Ziel des Projektes war es, aus der bestehenden Bohrung „Burgmoor Z3“ aus dem Jahr 2013 eine sogenannte Ablenkung zu bohren, um einen zentralen strukturtiefen Bereich des Staßfurt-Karbonats zu erschließen und dadurch die Produktion des Erdgasfeldes Uchte zu erhöhen. Der Bohrbeginn war für Anfang Februar geplant und die Bohrzeit sollte ca. 3,5 Monate betragen.

Kleiner Exkurs zum Thema „Ablenkung“: Vorteile einer solchen Ablenkung sind, dass kein neuer Platz eingerichtet werden muss, was den Flächenverbrauch reduziert und das bestehende Infrastruktur genutzt werden kann. Da bereits ein wesentlicher Teil des Bohrpfades existiert, wird zudem Zeit gespart und alles zusammen verringert Materialeinsatz/-verbrauch und Kosten.

Am 29. Mai 2015 meldete ExxonMobil, dass die Bohrarbeiten zur Erstellung der „Burgmoor Z3a“ erfolgreich abgeschlossen worden sind. Nun sollen Arbeiten zur Vorbereitung und Durchführung der Inbetriebnahme der Bohrung erfolgen, die ca. drei Wochen andauern werden.

MdB Julia Verlinden (Grüne) auf „Erdgastour“ – Gewollte Bestätigung von Vorurteilen

Vor einigen Tagen erschien hier der Artikel Die Grünen und ihr seltsames Verständnis von Meinungsvielfalt – Erläutert am Beispiel heimische Erdöl- Erdgasgewinnung. Dieser befasste sich im wesentlichen mit einer Gegenaktion von Bündnis90/Die Grünen (Grüne) auf die Postkartenaktion des Wirtschaftsverbandes Erdöl- und Erdgasgewinnung e.V. (WEG). Im Rahmen der Gegenaktion wird dem WEG die Daseinsberechtigung abgesprochen. Die Initiatorin der Aktion, die Bundestagsabgeordnete Frau Dr. Julia Verlinden, ist in Niedersachsen auf „Erdgastour“ gewesen.

ITAG-Rig 23 bei Walsrode im Februar 2013 ©chef79

ITAG-Rig 23 bei Walsrode im Februar 2013 ©chef79

Nach eigenen Angaben sollte die Tour dazu dienen, sich „über Auswirkungen der Erdgasförderung [zu] informieren und über die aktuellen Pläne der Bundesregierung zum Fracking-Regelungspaket diskutieren.“ Anders ausgedrückt bedeutet das soviel, dass bestehende Vorurteile bzw. gegenüber der inländischen Erdgasförderung ablehnende Meinungen gefestigt werden sollten. Das wird u.a. dadurch bestätigt, dass sich Frau Verlinden sowie ihr Tourbegleiter und Parteifreund und ebenfalls Mitglied des Bundestages (MdB) Herr Peter Meiwald fast ausschließlich mit Gegnern inländischer Erdgasgewinnung trafen und austauschten.

Am ersten Tourtag machten die beiden MdB Station in Rotenburg/Wümme, wobei noch MdB Oliver Krischer (Grüne) sowie die Landtagsabgeordneten der Grünen, Miriam Staudte, Volker Bajus und Elke Twesten hinzustießen. Hier stellt sich die Frage, wozu es sechs von der Bevölkerung bezahlter Abgeordneter ein und derselben Partei bedarf, um sich mit Vertretern von Anti-Gasförderungs-Bürgerinitiativen, Umweltverbänden sowie „Betroffenen“, also Gleichgesinnten, zu treffen und „auszutauschen“.

Angeblich diente das Treffen dazu, sich über die „die örtlichen Folgen und Gefahren der Erdgasförderung“ zu informieren. Doch warum wurden keine Behördenvertreter hinzugezogen, die über die fachliche Expertise verfügen, Vorfälle sachgerecht einzuordnen? Denn zur Überzeichnung neigende Bürgerinitiativen (BI) und Umweltverbände sind in dieser Hinsicht nicht dienlich. Es ist aber, siehe oben, anzunehmen, dass eine sachgerechte Informationsbeschaffung auf der Tour nicht ernsthaft gewollt ist.

Die Reisefreudigen bestätigen, so wie Herr Meiwald, ihre voreingenommene Ansicht stattdessen durch subjektive Beurteilungen Gleichgesinnter:

„Die Betroffenen haben uns heute die Beeinträchtigungen ihrer Lebenswelt in eindrücklicher Weise geschildert. Schon die bestehenden Umweltbelastungen und Gesundheitsrisiken durch die Erdgasförderung in Niedersachsen zeigen, wie problematisch diese Art der Rohstoffgewinnung ist. Die Förderstellen müssen dringend besser überwacht werden und höhere Umweltauflagen erhalten“

Fakt ist, dass es in der Region in unmittelbarem Umfeld von Leitungen zum Transport von Lagerstättenwasser (LaWa) zu räumlich eng begrenzten unterirdischen Kontaminationen gekommen ist. Es konnte auch nachgewiesen werden, dass in unmittelbarer Umgebung von zwei Plätzen, auf denen ausgemusterte Anlagenteile gereinigt wurden, Quecksilberkontaminationen dokumentiert worden sind, die punktuell sogar Maßnahmewerte für Industrie- und Gewerbeflächen überschritten.

Großflächige Verunreinigungen über das gesamte Fördergebiet konnten jedoch nicht nachgewiesen werden. Im Gegenteil: Eine von der zuständigen Bergbehörde, dem Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) durchgeführte Langzeitmessung kam zu dem Ergebnis, dass es im Förderfeld „Söhlingen“ zu keinen erhöhten Emissionen bzw. Immissionen von Quecksilber und aromatischen Kohlenwasserstoffen gekommen ist (Immissionsmessungen an einer Erdgasstation im Landkreis Rotenburg (Wümme)). Dieses Ergebnis wird von den Kritikern, zu denen die Grünen zuzurechnen sind, jedoch ignoriert.

Wer, so wie der Verfasser dieses Beitrags, schon einmal die Region, um die es hier geht, besucht hat, kann nicht bestätigen, dass die Lebenswelt von Anwohnern in großem Umfang beeinträchtigt wird. Viele der Förderbohrungen sind ohne Ortskenntnis kaum auszumachen, da sie fernab von Durchgangsstraßen und Siedlungen in der Landschaft verteilt sind. Gerüche, die auf einen Austritt von gesundheitsgefährdenden Stoffen wie Benzol hinweisen, konnten analog zu den Messungen des LBEG nicht festgestellt werden.

Um es für die Erdgasförderregion Rotenburg zusammenfassend auf den Punkt zu bringen: Ja, es gab lokale Kontaminationen, die im mehr oder weniger engen Zusammenhang mit der Erdgasproduktion stehen. Eine permanente Immission von Schadstoffen konnte im Zuge einer Langzeitmessung nicht dokumentiert werden. Ebensowenig konnten gesundheitliche Beeinträchtigungen der Anwohner der Erdgasgewinnung zugeordnet werden. Diese Feststellung ist keine Verharmlosung, sondern ein unumstößlicher Fakt!

Eine weitere Station der reisefreudigen MdB Verlinden und Meiwald war das Dorf Völkersen im Landkreis Verden, Namensgeber der dort 1992 aufgeschlossenen Erdgaslagerstätte.

Aufgrund von wiederholten extrem leichten Erdbeben laut Richterskala (Magnitude 2,0 -<3,0) die sehr wahrscheinlich eine Folge von Druckentlastung im Untergrund aufgrund der Erdgasförderung sind sowie von räumlich eng begrenzten Kontaminationen durch Benzol am dortigen LaWa-Transportsystem ist der Widerstand vor Ort recht intensiv.

Immerhin war an der von nur 30 Interessierten besuchten Veranstaltung, überwiegend Vertreter der Grünen und von Bürgerinitiativen laut Artikel der Kreiszeitung (Podiumsdiskussion zum Thema Fracking und Erdgasförderung in Völkersen – „Was brauchen wir eine Technik, die Risiken birgt?“) mit Heinz Oberlach auch ein Vertreter der an den Pranger gestellten Industrie vertreten.

Laut des Artikels kamen die Gegner der regionalen Erdgasförderung über Phrasendrescherei nicht hinaus. Julia Verlinden wird folgendermaßen zitiert:

„Wenn wir weiterhin in Erdgasförderung investieren, verlängern wir das fossile Zeitalter. Ich will, dass im Bereich der erneuerbaren Energien geforscht wird.“

Was Verlinden ausblendet ist, dass durch Investitionen in die Erdgasförderung das fossile Zeitalte nicht verlängert, sondern die Versorgung mit Rohstoffen sichergestellt wird. Denn auf absehbare Zeit werden fossile Rohstoffe noch benötigt, sei es zur Erzeugung von Wärme- und Elektroenergie oder als Grundstoffe der chemischen Industrie. Die Kritiker der Gewinnung fossiler Rohstoffe vergessen regelmäßig schlüssig zu erläutern, wie diese Rohstoffe ersetzt werden sollen.

In eine vergleichbare Kerbe wie Verlinden schlägt auch Gero Landzettel, Sprecher der lokalen BI „Langwedel gegen Gasbohren“:

„Was brauchen wir eine Technik, die Risiken birgt, um die Energieversorgung sicherzustellen? Wir als Bürgerinitiativen halten Fracking für großen Unsinn.“

RWE-Dea- Bohranlage T-160 im Erdgasfeld Völkersen (Mai 2013) chef79

RWE-Dea- Bohranlage T-160 im Erdgasfeld Völkersen (Mai 2013) ©chef79

Dieser von den BI als „Unsinn“ angesehenen Technologie verdankt die Menschheit einen nicht unerheblichen Anteil der Versorgung mit Erdöl und Erdgas. Denn seit der Erstanwendung 1947 und der Patentierung 1949 sind weltweit allein in Erdöl- und Erdgaslagerstätten ca. 3 Millionen hydraulische Fracmaßnahmen durchgeführt worden. Ohne Juristen generell zu Nahe treten zu wollen fällt mir zu Landzettel (Rechtsanwalt) folgendes Zitat von Ludwig Thoma ein:

„Er war ein Jurist und auch sonst von mäßigem Verstand.“

Denn es bedarf eines mäßigen Verstandes a) eine bewährte Standardtechnologie als Unsinn zu bezeichnen sowie b) die Versenkung von LaWa an einen Ort, an dem von Natur aus LaWa existiert, als riskant zu bezeichnen.

Eine weitere Station der grünen Reisegruppe war die Gemeinde Wagenfeld im Landkreis Diepholz. Im Jahr 2012 gab ExxonMobil bekannt, dass aus der bestehenden, im Staßfurtkarbonat des Zechstein wirtschaftlich nicht fündigen Bohrung „Bahrenborstel Z14/Z14a“ eine weitere Ablenkung gebohrt werden solle. Diese sollte dazu dienen, den potenziell gasführenden jurassischen Posidonienschiefer mit einer Horizontalbohrung aufzuschließen. Geplant waren zehn Fracstages innerhalb der Horizontalstrecke (10 Fakten zum Bohrprojekt Bahrenborstel Z14b).

Die Bekanntgabe des Vorhabens geschah während der aufgekeimten Debatte um die Erschließung unkonventioneller Lagerstätten mittels Hydraulic Fracturing. Dementsprechend ist es kaum verwunderlich, dass sich eine Bürgerinitiative namens „No Moor Fracking“ gründete, um gegen das Vorhaben zu opponieren. Finanziell und ideell unterstützt wird die BI durch den lokalen Getränkehersteller „Auburg Quelle“ und dessen Geschäftsführer Dirk Lügvogt. Und eben diese „Auburg Quelle“ war Station von Meiwald und Verlinden. Es wurden also abermals zur „Informationsbeschaffung“ Gleichgesinnte konsultiert, die ihre subjektiven, nicht faktenbasierten Ansichten mit den Politikern „austauschten“.

Zu diesen Ansichten zählt auch die Mär, dass Hydraulic Fracturing-Maßnahmen Wässer im Untergrund „verseuchen“ könnten. Belege für diese Unterstellung gibt es trotz drei Millionen Fracjobs weltweit seit 1947 zwar nicht, aber das Horroszenario wird dennoch gerne bemüht.

Laut eines Print-Artikels der Kreiszeitung kritisiert die Wagenfelder BI die Umdeutung  von Begrifflichkeiten. Demnach würde „unkonventionelle Förderung“ in „konventionelle“ durch Industrie und niedersächsicher Landesregierung umgedeutet. Diesbezüglich sei gesagt, dass es keine Unterscheidung hinsichtlich konventioneller und unkonventioneller Förderung gibt. Stattdessen werden Lagerstätten als „konventionell“ oder „unkonventionell“ charakterisiert, und zwar aus dem Blickwinkel, ob sie mit gegenwärtig verfügbaren technischen Möglichkeiten wirtschaftlich gewinnbar sind.

Nach Ansicht der BI gäbe es, sofern das Schiefergspotenzial bestätigt würde, allein auf dem Gemeindegebiet 58 Clusterbohrplätze, nach Ausschluss von „Tabuzonen“ noch 33 mit 6 bis 20 Bohrungen je Platz. leider wird für diese Zahlen keine Quelle angegeben. Es handelt sich somit um ein Szenario bar jeglicher Plausibilität.

Das Gemeindegebiet von Wagenfeld umfasst laut Wikipedia 117 km². laut ExxonMobil bedarf es einer flächenhaften Erschließung von 100 km² einer Schiefergaslagerstätte zwischen 9 bis 12 Clusterplätzen mit bis zu 20 Bohrungen plus eines zentralen Betriebsplatzes (Flächenbedarf bei der Schiefergasförderung). Nach Bemühung des Dreisatzes wäre für das Gemeindegebiet von Wagenfeld von 14 Plätzen auszugehen statt 33 bis 58 wie von der BI behauptet.

Fazit: Auf Kosten des Steuerzahlers begaben sich zwei MdB der Grünen auf Erdgastour durch Niedersachsen. Dabei stießen je nach Tourstation weitere grüne Mandatsträger des Bundes sowie des Landes Niedersachsen dazu. Vorgegebenes Ziel der Tour war es, „sich vor Ort über Auswirkungen der Erdgasförderung zu informieren und über die aktuellen Pläne der Bundesregierung zum Fracking-Regelungspaket mit Betroffenen und Unternehmen diskutierten.“

Abgesehen von einer Ausnahme wurden Förderunternehmen konsequent von der Diskussion ferngehalten. Stattdessen unterhielten sich Frau Dr. Verlinden und Herr Meiwald mit Personen und Organisationen, mit denen sie auf einer Wellenlänge schwimmen. Ein Erkenntnisgewinn konnte dadurch nicht erfolgen und war mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichlkeit auch nicht gewollt, wie einer Pressemitteilung zum Auftakt der Tour zu entnehmen ist:

„Die Bundesregierung muss dafür sorgen, dass Fracking in Deutschland verhindert wird“, verlangt Dr. Julia Verlinden, Sprecherin für Energiepolitik. „Wir Grüne bestehen auf dem Vorsorgeprinzip. Deshalb fordern wir die Fracking-Gegner in den Bundestagsfraktionen von Union und SPD auf, sich gemeinsam mit uns für ein echtes Fracking-Verbot sowie für schärfere Umweltstandards für die Erdgas- und Erdölförderung insgesamt einzusetzen. Fracking verlängert das fossile Zeitalter. Unsere Alternative ist die Energiewende!“

Frau Dr. Verlinden weiß offenbar nicht, dass Hydraulic Fracturing seit Jahrzehnten in Deutschland betrieben wurde, ohne das es nachweisbar zu Umweltschäden gekommen ist. Sie beruft sich auf das „Vorsorgeprinzip“, das Gefahren für Mensch, Umwelt und Natur ausschließen soll. Diesen Maßstab legt sie offenbar bei sogenannten „erneuerbaren Energien“ nicht an. Insbesondere die Gewinnung von Biogas, die als Alternative für Erdgas gehandelt wird, brachte und bringt fatale ökologische Folgen mit sich, wie z.B. die komplette Vernichtung der Fischfauna in Fließgewässern: „Panne in Biogasanlage: Fischsterben im Landkreis Rotenburg“.

Eine vergleichbare Havarie hat die Erdgasgewinnung nicht hervorgerufen!

CEP plant Erdölerkundungsbohrung „Märkische Heide 1“ in Brandenburg

Beim der CEP Central European Petroleum GmbH (CEP) handelt es sich um ein relativ junges Erdölexplorationsunternehmen, das aktiv potenzielle Erdöllagerstätten erkundet. Seine Aktivitäten beschränken sich bislang auf Mecklenburg-Vorpommern (MV) sowie Brandenburg. Insgesamt wurden bislang vier Ekundungsbohrungen, drei in MV und eine in Brandenburg, abgeteuft.

Erdölerkundungsbohrung "Pudagla 2" (CEP) auf Usedom ©chef79

Erdölerkundungsbohrung „Pudagla 2“ (CEP) auf Usedom ©chef79

Am 27. Mai 2015 gab CEP bekannt (Link zur Pressemitteilung), dass in Brandenburg in der Gemeinde Märkische Heide eine weitere Bohrung zur Erkundung einer möglichen Erdöllagerstätte geplant sei. Die Lokation befindet sich im Gebiet der Aufsuchungserlaubnis „Lübben“, die 209 an das Unternehmen vergeben worden ist.

Zunächst wurden für das 1.500 km² große Areal vorhandene Altdaten des einstigen VEB Erdöl-Erdgas Gommern ausgewertet. 2013 folgte dann eine 3D-Seismikkampagne auf 275 km². In deren Ergebnis konnten einige Strukturen identifiziert werden, die möglicherweise bedeutende Erdölvorkommen führen.

Nach Unternehmensangaben wurde für die geplante Bohrung ein geeigneter Standort nach geologischen, ökologischen, wasserrechtlichen, logistischen und weiteren Kriterien ausgewählt, der sich zwischen den Ortschaften Biebersdorf und Krugau befindet. Bevor mit Bohrplatzbau und Bohrung überhaupt begonnen werden kann, ist zunächst ein umfassendes Genehmigungsverfahren erforderlich. Den rechtlichen Rahmen für die Genehmigung bilden dabei Bergrecht, Baurecht, Wasserrecht, Naturschutzrecht, Umweltrecht, Immissionsschutzrecht und Abfallrecht.

Das Ziel der Bohrung stellt eine etwa 70 Meter mächtige, potenziell ölführende Gesteinsschicht in ca. 2.700 Meter Tiefe dar. Es dürfte sich hierbei um das Staßfurtkarbonat des Zechstein handeln (CEP macht dazu keine Angaben), in dem sich nahezu sämtliche bisher erkundeten Kohlenwasserstofflagerstätten Brandenburgs befinden. Bezüglich Erdöl- und Erdgasgewinnung blickt das östliche Brandenburg inzwischen auf eine 50-jährige kontinuierliche Fördertradition zurück.

Gegenwärtig wird noch bei Kietz unmittelbar an der Oder Erdöl sowie Erdölbegleitgas durch GDF-Suez gewonnen. Das selbe Unternehmen prüft zudem gegenwärtig, ob eine wirtschaftliche Erdgas- und Erdgaskondensatgewinnung aus der bereits in den 1980er Jahren entdeckten Lagerstätte „Märkisch-Buchholz“ möglich ist.

In Abhängigkeit des Ergebnisses der für das letzte Quartal 2015 und das erste Quartal 2016 geplanten Bohrung „Märkische Heide 1“ wird CEP 2016/2017 eine Entscheidung treffen, ob es die Fördertradition fortsetzen kann. Dazu von unserer Seite ein bergmännisches „Glück Auf!“.

Die Grünen und ihr seltsames Verständnis von Meinungsvielfalt – Erläutert am Beispiel heimische Erdöl- Erdgasgewinnung

Meinungsvielfalt und Meinungsfreiheit sind hohe Güter unserer gesellschaftlichen Ordnung. Die Meinungsfreiheit mit gewissen Beschränkungen ist sogar ein verfassungsgemäßes Grundrecht (Artikel 5 des Grundgesetzes). Zur Herausbildung eines vielfältigen Meinungsbildes dienen u.a. auch Verbände ( Interessen-, Fach-, Berufsvereinigungen, Standesorganisationen). Sie dienen dazu, das Wirken und die Interessen der ihnen angehörenden Mitglieder nach außen, also in die Öffentlichkeit tragen sowie in den politischen Entscheidungsprozess einzubringen [1].

Fracarbeiten auf der Tightgasbohrung

Fracarbeiten auf der Tightgasbohrung „Söhlingen Z15“
Quelle: WEG Wirtschaftsverband Erdöl- und Erdgasgewinnung e.V.

Auch die Unternehmen der deutschen Erdöl- und Erdgasindustrie sind in einem solchen Verband, dem Wirtschaftsverband Erdöl- und Erdgasgewinnung e.V. (WEG), zusammengeschlossen. Im Verband sind neben Unternehmen aus dem Bereich Kohlenwasserstoffgewinnung auch solche vertreten, die Erdöl- und Erdgas speichern und/oder transportieren.

Aufgrund der seit inzwischen viereinhalb Jahren andauernden Debatte um die Erkundung (!) potenzieller Erdgasvorkommen in dichten Tongesteinen und untergeordnet in Kohleflözen sowie um die Erdgasgewinnung in Deutschland insgesamt ist es zu einem Investitionsstau gekommen. Beispielsweise werden Hydraulic Fracturing-Maßnahmen („Fracking“) nicht mehr genehmigt, obwohl sich die Gesetzeslage, unter der zuvor solche Maßnahmen gestattet wurden, bislang nicht geändert hat.

Darüber hinaus soll das Genehmigungsverfahren für Erdgas- und Erdölgewinnungsprojekte erschwert und die Industrie aus großflächigen Gebieten pauschal verbannt werden. Für das Vorhaben der gegenwärtigen Bundesregierung fehlt die Grundlage sowohl hinsichtlich der jahrzehntelangen überwiegend positiven Erfahrungen als auch hinsichtlich fachlicher Ansichten.  Die Politik vollzieht diesbezüglich seit spätestens 2012 einen nicht nachvollziehbaren Eiertanz, womit der Industrie die Planungssicherheit entzogen wird.

Inzwischen sind die politisch bedingten Investitionshemmnisse spürbar: Zum einen geht das im Inland produzierte Volumen an Erdgas zurück, zum anderen müssen insbesondere Bohrunternehmen ihre Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken oder sogar entlassen. Deshalb geht seit einigen Wochen der WEG im Sinne seiner Mitarbeiter und mit Hilfe dieser in die Offensive.

Dazu hat der Verband eine Postkartenaktion ins Leben gerufen, in deren 10-wöchigem Verlauf 10 Postkarten mit unterschiedlichen Motiven und Statements von den Mitarbeitern der WEG-Unternehmen an Abgeordnete verschickt werden. Damit macht der WEG genau das, was die Arbeit von Verbänden charakterisiert: Das Wirken und die Interessen der ihnen angehörenden Mitglieder nach außen, also in die Öffentlichkeit tragen sowie in den politischen Entscheidungsprozess einzubringen.

Dieses in einer Gesellschaft mit freiheitlich-demokratischer Grundordnung legitime Verhalten missfällt offensichtlich der Partei Bündnis ’90/Die Grünen (Grüne). Denn diese hat auf Twitter eine Gegenaktion gestartet. Zu den ersten beiden Karten wurden Motive mit Antithesen entworfen, auf die hier kurz eingegangen werden soll.

Das erste Kartenmotiv des WEG zeigte frische, reife Erdbeeren, die von dem Slogan „Sie bevorzugen regionale Produkte? Wir auch.“ begleitet wurden. Es ist also ein Statement für die Gewinnung von Erdöl und Erdgas „vor der eigenen Haustür“.

Die Antwort der Grünen, ebenfalls mit Erdbeer-Motiv: „Auch regionale Erdbeeren brauchen sauberes Trinkwasser. NEIN ZU FRACKING!

Den Grünen ist es offenbar entgangen, dass das Verfahren Hydraulic Fracturing („Fracking“) überhaupt nicht Inhalt der Postkarte #1 war, sondern lediglich die regional gewinnbaren Produkte Erdöl und Erdgas. Zudem wäre es ein ziemlicher Frevel, aufwendig zur Trinkwasserbereitstellung aufbereitetes Grundwasser zur Beregnung von Erdbeeren oder sonstigen Nutzpflanzen zu verwenden. Dazu genügt Regenwasser oder unaufbereitetes Grundwasser völlig aus. Zudem hat es trotz jahrzehntelanger Anwendung in Deutschland keinen einzigen Fall gegeben, bei dem durch Hydraulic Fracturing zur Trinkwassergewinnung nutzbares Grundwasser kontaminiert wurde (Berufsverband Deutscher Geowissenschaftler: „Fracking nicht verteufeln!“).

Die Antwort der Grünen ist sachlich und fachlich gesehen komplett daneben gegangen.

Postkarte #2 zeigte einen himmelblauen VW-Käfer, Symbol des deutschen Wirtschaftswunders in der Nachkriegszeit. Der Slogan dazu: „Sie stehen auf deutsche Wertarbeit? Wir auch.

Darauf konterten die Grünen: „Wertarbeit und Wirtschaftskraft im 21. Jahrhundert. NEIN ZU FRACKING!“ Untermalt ist die Parole mit Windkraftanlagen. In einem Tweet vom 20.Mai 2015 schreibt die grüne Bundestagsabgeordnete noch „erklärend“ hinzu:

#Fracking Erdgasindustrie wirbt f „deutscheWertarbeit“ d letzten Jahrhunderts?! Wir wollen Fortschritt! UnsereAntwort

In Anbetracht dessen, dass die Windkraft gemäß Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) massiv subventioniert wird, kann von Wirtschaftskraft keine Rede sein. Hinzu kommt, dass Frau Verlinden die Symbolhaftigkeit des Motives des WEG offenbar nicht verstanden hat. Windkraftanlagen sind zudem keine Erfindung des 21. Jahrhunderts, wie suggeriert wird, sondern ebenso wie der VW Käfer eine des vorangegangenen.

Innovationen und somit Fortschritt gab es in der deutschen Erdöl-Erdgasindustrie sehr wohl im 21. Jahrhundert. Im Jahr 2006 wurde die Industrie sogar mit dem Innovationspreis „Land der Ideen“ ausgezeichnet. Den Preis gab es für den Einsatz eines „Coiled Tubings“ (aufgewickelter Stahlrohrstrang) in der Bohrung „Söhlingen Z15“ (Artikelfoto), um Fracarbeiten in Erdgaslagerstätten durchzuführen („Das Erdgas aus dem Stein holen“). Im Jahr 2009 wurde die deutsche Erdöl-Erdgasindustrie erneut mit dem Innovationspreis bedacht. Ausgezeichnet wurde hierbei das Dampfflutprojekt in Emlichheim, dass die Förderdauer der Erdöllagerstätte um 10 Jahre verlängern soll („Öldruck“).

Zu den Postkartenmotiven und ihren Stellungnahmen in Kurzform gibt es ausführliche Erläuterungen auf den Seiten des WEG (Karte #1 „Regionale Produkte“; Karte #2 „Deutsche Wertarbeit“). Frau Verlinden und ihr Team hätten sich statt allein auf die Motive und Statements zu konzentrieren auch mit den Erläuterungen befassen sollen. Dann wären die jeweiligen am Sachverhalt vorbeigehenden und somit peinlichen Konter ausgeblieben. Doch die am Sachverhalt vorbeizielenden Gegenargumente der Grünen sind nicht das eigentliche Problem.

Bedeutend schwerwiegender ist, dass in den Tweets von Frau Verlinden die Postkartenmotive des WEG fett in schwarz mit „DIESE LOBBY KANN WEG!“ überschrieben sind. Nochmals zur Erinnerung: Verbände, egal ob sie Interessen-, Fach-, Berufsvereinigungen, Standesorganisationen darstellen, sind legitime Organisationen, die ihre Interessen gegnüber Öffentlichkeit und Politik vertreten. Zu dieser Interessenvertretung hat jeder Verband das Recht, sofern seine Arbeit nicht im Gegensatz zum Grundgesetz stehen. Beim WEG, einem Wirtschaftsverband von vielen, ist davon auszugehen, dass er sich an das Grundgesetz und somit an die gesellschaftliche und wirtschaftliche Ordnung hält.

Als neue liberale Partei wollen sich die Grünen verstanden wissen. Doch hat es kaum etwas mit freiheitlicher Politik zu tun, in dem man Verbänden, die auf dem Boden der Verfassung stehen, die Daseinsberechtigung abspricht, so wie es zumindest Verlinden tut. Dieses Verhalten erinnert fatal an totalitäre politische Systeme, in denen unliebsames Wirken unterdrückt oder gar verboten wurde.

Damit unterstreicht die Partei Bündnis ’90/Die Grünen abermals ihr Image als eine von Intoleranz geprägte Verbotspartei, die all das eliminieren möchte, was ihrem Weltbild nicht entspricht. Man stelle sich vor, eine anderen Partei würde eine gleichlautende Aussage beispielsweise bezüglich eines Verbandes wie dem Naturschutzbund Deutschland e.V. tätigen. Zeter und Mordio aus dem grünen Lager wären die Folge.

Mittlerweile ist die dritte Postkarte des WEG „Sie wollen sauberes Trinkwasser? Wir auch.“ verschickt worden. Eine Reaktion von Verlinden und Co. steht bislang, möglicherweise dem Pfingstwochenende geschuldet, aus. Möglicherweise fällt zu dem Fakt, dass infolge der jahrzehntelangen Erdöl- und Erdgasgewinnung in der Bundesrepublik Deutschland nirgendwo Trinkwasser kontaminiert wurde, Frau Verlinden und ihrem Team nicht einmal mehr eine am Fakt vorbeigehende „Gegendarstellung“ ein.

Eventuell ist das aber auch eine Folge einer dramatisch zurückgegangenen Resonanz: Während der erste Tweet zur Postkarte #1 noch 36 Mal retweeted und 23 Mal favourisiert wurde, waren es zum Tweet zur Postkarte #2 lediglich 6 Retweets und 3 Favourisierungen.

[1] Bundeszentrale für politische Bildung: Verbände und Lobbyismus

Nach DEA will auch ExxonMobil Lagerstättenwasserversenkung in Kalkarenit aufgeben

Konventionelle Erdgaslagerstätten werden im Regelfall von freiem Wasser, dem sogenannten Lagerstättenwasser (LaWa) unterlagert. Mit fortschreitender Förderung wird immer mehr von diesem Wasser mitgefördert bis die Bohrung vollkommen verwässert ist und aufgegeben werden muss.

Erdgasbohrung "Soltau Z2a". Zustand März 2012 nach erfolgloser Ablenkung im Jahr 2011. chef79

Erdgasbohrung „Soltau Z2a“. Potenzielle Versenkbohrung in das „Rotliegende“? . ©chef79

In Abhängigkeit der jeweiligen Lagerstätte unterscheidet sich die Zusammensetzung des LaWa zum Teil erheblich. Selbst zwischen Bohrungen, die innerhalb der selben Lagerstätte abgeteuft worden sind, kann es zu deutlichen Differenzen hinsichtlich der chemischen Beschaffenheit kommen. Im Regelfall ist das LaWa aus den Lagerstätten des „Rotliegenden“, die Gegenstand dieses Artikels sind, durch hohe Salzgehalte charakterisiert, wodurch das Wasser ungenießbar ist.

In den Lagerstätten des „Rotliegenden“ tritt regelmäßig das als sehr giftig (T+) eingestufte Quecksilber (Hg) auf und somit auch im LaWa. Sofern das Erdgas höhere Kohlenwasserstoffe enthält, treten auch zyklische Aromate und hierbei speziell das als giftig (T) eingestufte sowie als krebserregend geltende Benzol auf. Die Konzentrationen dieser Stoffe sind so gering, dass das LaWa nach Chemikalienrecht nicht als giftig eingestuft wird, auch wenn das Gegenteil durch Bürgerinitiativen, Umweltverbände und zahlreiche Medien gebetsmühlenartig wiederholt wird.

Bislang wird in der Region das LaWa nach Schwerkraft-Abtrennung von flüssigen Kohlenwasserstoffen, zu denen auch das Benzol gehört, und Feststoffen im tieferen Untergrund versenkt. Durch die Abtrennung wird der geringe Gehalt an Hg und Benzol weiter reduziert, ein hier nicht quantifizierter Abteil bleibt im Wasser enthalten. Die Versenkung findet im in der Kreidezeit gebildeten Kalkarenit statt. Dabei handelt es sich um ein poröses, von Natur aus salzwasserführendes Gestein.

Der Versenkhorizont befindet sich im Raum Soltau-Rotenburg in ca. einem Kilometer Tiefe und ist gegenüber dem süßen Grundwassser in Oberflächennähe durch mehrere hundert Meter mächtige wasserundurchlässige Tone und Tongesteine isoliert. Dennoch befürchten gegen die Erdgasförderung opponierende Bürgerinitiativen in den Landkreisen Rotenburg/Wümme, Heidekreis und Verden eine Verseuchung des Grundwassers durch die Versenkaktivitäten. Eine plausible Erklärung für Ihre Ängste ist von den Protestlern leider nicht zu erfahren. Dennoch gehen die Unternehmen auf die Sorgen ein und handeln.

So gab in den vergangenen Wochen und Monaten ExxonMobil immer wieder Pressemitteilungen heraus, die bekannt gaben, dass lange bestehende, aber zur Erdgasgewinnung genutzte Bohrungen verfüllt werden. Dazu zählten in den Landkreisen Rotenburg/Wümme und Heidekreis die Bohrungen „Stapel Z1“, „Grauen Z2“ sowie zuletzt die über mehrere Jahr als LaWa-Versenkbohrung genutzte „Soltau Z6“. Die entsprechenden Pressemitteilungen können unter „Presseinformationen“ auf der Seite „Erdgassuche in Deutschland“ nachgelesen werden.

Es kam die Vermutung auf, dass als zur LaWa-Versenkung vorgesehene Bohrungen deshalb aufgegeben würden, weil ExxonMobil den Wünschen der Protestler entgegenkommen wolle und die in den Kalkarenit mittelfristig aufgeben werde, obwohl die Versenkung ohne umweltrelevante Probleme erfolgte. Diese Vermutung wurde durch die Pressemitteilung „ExxonMobil startet Ausstieg aus dem Kalkarenit“ bestätigt.

Demnach wolle das Unternehmen den Kreislaufgedanken noch konsequenter verfolgen und LaWa künftig nur noch in Horizonte zu verbringen, wo es ursprünglich herkam bzw. in welchen es natürlicherweise vorkommt. Deshalb wurden inzwischen die weiter oben erwähnten Bohrungen bereits im Laufe des Jahres verfüllt.

Im kommenden Jahr soll die Versenkbohrung „Gilkenheide Z1“, die auf dem Gebiet von Visselhövede liegt, verfüllt werden. ExxonMobil hat sich als Ziel gesetzt, die Versenkung von LaWa in den Kalkarenit bis 2020 komplett einzustellen. Deshalb wird bereits jetzt nach Alternativen gesucht, wie z.B. die Prüfung neuer Kapazitäten in tieferen Gesteinsformationen. Gegenstand dieser Prüfungen dürfte auch die einstige Erdgasförderbohrung „Soltau Z2“ zählen, die nach einer Ablenkung im Jahr 2010 lediglich verwässerte Bereiche des „Rotliegenden“ antraf.

Ferner sollen die noch bestehenden Bohrungen, über die LaWa in den Kalkarenit versenkt wird, besser überwacht werden. Dazu zählen die Installation einer permanenten Untertage-Drucküberwachung in der Bohrung „Sottrum Z1“ sowie die Einrichtung eines Grundwassermonitoring-Systems. Letzteres sol den Nachweis erbringen, „dass von der Versenkung keine nachteiligen Auswirkungen auf das Grundwasser ausgegangen sind und auch weiterhin nicht ausgehen.“.

Bereits seit etwas längerer Zeit plant der „Mitbewerber“ DEA, bzw. bis Anfang des Jahres RWE-DEA, das bei ihren Bohrungen in der Region anfallende LaWa zurück in die Ursprungsformation zu verbringen. Dazu soll eine einst der Erdgasförderung dienende Bohrung abgelenkt und als Versenkbohrung eingerichtet werden.

Gegen diese Vorhaben regt sich Protest, der am 9. Mai 2015 beachtliche 1.300 Menschen zu einer Protestdemonstration zusammenkommen ließ. Die seit mehreren Jahren andauernde Desinformation und das Schüren von Ängsten lokaler Bürgerinitiativen, oftmals in engem Schulterschluss mit Lokal- und Regionalmedien (ob bewusst oder unbewusst sei dahingestellt) haben ihre Wirkung hinterlassen. Es ist absolut nicht nachzuvollziehen, wie fehlgeleitet Menschen sein müssen, um dagegen zu protestieren, dass das Medium LaWa dorthin verbracht wird, wo es natürlicherweise vorkommt.

Die Gegner der Verfahrensweise wünschen sich eine Aufbereitung des LaWa möglichst bishin zur Trinkwasserqualität. Was mit den abgeschiedenen Stoffen, vor allem den jährlich anfallenden tausenden Tonnen von Salzen, geschehen soll, darüber haben sie sich offenbar keine Gedanken gemacht. Hinzu kommen dann noch die erwähnten Stoffe Hg und Benzol, die dann nicht mehr hochverdünnt vorlägen, sondern in Reinform. Für Benzol gäbe es eine Reihe von Verwendungszwecken in der Petrochemie, doch das Hg müsste wahrscheinlich aufwendig deponiert werden und zwar vermutlich in der Untertagedeponie Herfa-Neurode in einem ehemaligen Salzbergwerk in Hessen. Letzten Endes plädieren die Gegner, die sich auf den Umwelt- und Gesundheitsschutz berufen, für eine sowohl ökonomisch als auch hinsichtlich Umweltschutzbelange betreffend unsinnige Aufbereitung.

Neue kuriose Begriffsschöpfung in der Gasförderungsdebatte: „Unkonventionelles Fracking“

In den vergangenen Jahren stieß man immer wieder auf kuriose Begriffe oder Darstellungen, wenn es um die Erschließung bislang nicht zugänglicher Erdgaslagerstätten ging. Zunächst war Ende 2010 lediglich von neuen Fördermethoden die Rede und plötzlich tauchte kurz darauf das kuriose Wort „Fracking“ als Bezeichnung für eine dieser neuen Fördermethoden auf.

Kohleflözgas-Erkundungsbohrung Osnabrück-Holte Z2 Quelle: WEG Wirtschaftsverband Erdöl- und Erdgasgewinnung e.V.

Kohleflözgas-Erkundungsbohrung Osnabrück-Holte Z2
Quelle: WEG Wirtschaftsverband Erdöl- und Erdgasgewinnung e.V.

Doch etwas Bekanntes hatte der Begriff in sich, nämlich den Wortstamm „Frac“. Wer sich, so wie wir, bereits zuvor jahrelang für die Erdöl- und Erdgasförderung (nicht nur) in Deutschland interessierte, dem war der Begriff „Frac“ geläufig. Schließlich war in Informationsbroschüren des Wirtschaftsverbandes Erdöl- und Erdgasgewinnung e.V. (WEG), die in jüngeren Jahren u.a. zur Wissensgenerierung herangezogen wurden, bereits vom Fracverfahren zu lesen. So war neben einer Darstellung des Verfahrens zusätzlich zu erfahren, dass bereits 1977 „großvolumige Frac-Behandlungen“ (engl. High Volume Fracs) in Südoldenburg durchgeführt wurden, um wenig durchlässige Erdgaslagerstätten durch künstliche Rissbildungen zu erschließen. Von einer „neuen Fördermethode“ konnte also keine Rede sein, zumal die erste Fracmaßnahme in einer deutschen Erdgaslagerstätte sogar bereits 1961 erfolgte.

Als dann Ende 2010/Anfang 2011 in Deutschland die Debatte um die seit 2008 stattfindende Erkundung neuer Erdgaslagerstätten aufkeimte, machte plötzlich der Begriff „Unkonventionelle Förderung“ neben „Fracking“ die Runde und diejenigen, die sich bereits Jahre zuvor mit dem Thema Erdgas- und Erdölgewinnung beschäftigten, rieben sich erneut verdutzt die Augen.

Es stellte sich die Frage, was unter „unkonventioneller Gasförderung“ zu verstehen sei. Selbst der Blog „Unkonventionelle Gasförderung“, der von Jörn Krüger, Gegner der Erkundung bislang unzugänglicher potenzieller Erdgasvorkommen, ins Leben gerufen worden ist und seit nunmehr drei Jahren vorsichhindarbt, konnte keine Antwort liefern. Vielmehr wurde sich dort mit dem Verfahren Hydraulic Fracturing befasst, welches aufgrund seiner jahrzehntelangen und weltweit allein in Erdöl- und Erdgaslagerstätten dreimillionenfachen Anwendung alles andere als „unkonventionell“ zu bezeichnen ist.

Während die Bezeichnung „unkonventionelle (Gas-) Förderung“ mittlerweile quasi ausgestorben ist, hat sich hingegen die Verwendung des Begriffs „Fracking“ etabliert. Selbst die Industrie und in Teilen auch die Fachbehörden sowie die Wissenschaft sind dazu übergegangen, diese verballhornte Abkürzung von „Hydraulic Fracturing“ zu verwenden. Die (Be-) Deutungen driften dabei weit auseinander:

  1. Umweltschutzgruppierungen: Diese wollen unter “Fracking” den Gesamtprozess der Erdöl- und Erdgasgewinnung, sofern Hydraulic Fracturing zur Anwendung kommt, verstanden wissen: Angefangen bei der Exploration über das Bohren, die Produktion (Förderung) sowie damit einhergehend produktionsvorbereitende bzw. -optimierende Prozesse, zu denen auch Hydraulic Fracturing zählt bis hin zur Beseitigung von Abwässern.
  2. Medien: Diese setzen im Regelfall die Erdöl-Erdgasförderung aus öl- und gasreichen Tonsteinen („Schiefer“), die nur mittels Hydraulic Fracturing in wirtschaftlichem Umfang möglich ist, mit „Fracking“ gleich. Die Beschreibungen des Verfahrens muten dabei oft abenteuerlich an. Eine gängige Definition ist: „Fracking, also die Erdgasförderung aus besonders tiefen Gesteinsschichten“ (z. B. ZDFheute), eine andere in verschiedenen Variationen: „Beim Fracking wird ein Gemisch aus Wasser, Sand und (hochgiftigen) Chemikalien in die Erde (den Boden/das Erdreich) gepumpt, um Erdöl und Erdgas  zu lösen“ (diverse Medien).
  3. Industrie: Diese hat sich inzwischen auch des Terminus „Fracking“ angenommen. Vermutlich deshalb, weil kaum jemand mit „Hydraulic Fracturing“ etwas anfangen kann. Die Industrie versteht unter „Fracking“ dementsprechend  den Prozess des Hydraulic Fracturing“. Logisch nachvollziehbar, da „Fracking“ unmittelbar davon abgeleitet ist.
  4. Wissenschaft: Auch diese benutzt mittlerweile nach zögerlichem Beginn „Fracking“ und will darunter ebenso wie die Industrie aus den selben Gründen Hydraulic Fracturing verstanden wissen.

Inzwischen sind zwei neue Sterne am Himmel der Begriffskuriositäten rund um die Erkundung bislang nicht zugänglicher Erdgaslagerstätten aufgetaucht. Diese lauten: „konventionelles Fracking“ sowie „unkonventionelles Fracking“!

Diese Begriffe sind eine Erfindung der gegenwärtigen Bundesregierung, was sich anhand der Seite „Fracking“ des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) erschließen lässt. Dort wird unter der Zwischenüberschrift „Unterscheidung: Konventionelles und unkonventionelles Fracking“ versucht, Hydraulic Fracturing zu differenzieren und zwar einzig und allein anhand von Gesteinsarten, nicht jedoch in technischer Hinsicht.

Unter „konventionellem Fracking“ will das BMWi die Anwendung von Hydraulic Fracturing in Sandsteinen verschiedener geologischer Formationen in verschiedenen Teufenlagen verstanden wissen. Die Differenzierung ist seltsam und in Frage zu stellen, da nicht technologische Aspekte das Kriterium darstellen, sondern lediglich verschiedene Gesteinsarten:

Konventionelles Fracking erfolgt in Sandstein (meist auch in größerer Tiefe), unkonventionelles in Schiefer-, Ton-, Mergel- und Kohleflözgestein. Im Gegensatz zu den bisher in Deutschland genutzten Sandsteinlagerstätten liegen für die Gewinnung von Erdgas aus Schiefer-, Ton-, Mergel- und Kohleflözlagerstätten hierzulande noch keine Erfahrungen und Kenntnisse vor.

Zunächst einmal gibt es kein „Kohleflözgestein“, sondern Flöze, die aus dem organogenen Gestein Kohle bestehen. Außerdem ist die Behauptung falsch, dass es keine Erfahrungen im Zusammenhang mit Fracarbeiten in Kohleflözen oder Tongesteinen gäbe. Diese Behauptung ist schlichtweg falsch und nur mit der Ignoranz der Politik vor der Expertise ihrer eigenen Fachbehörden (Geologische Landesdienste) zu erklären.

ITAG-Rig 30 auf Schiefergaserkundungsbohrung "Damme 2" Sukrams

ITAG-Rig 30 auf Schiefergaserkundungsbohrung „Damme 2“ ©Sukrams

Denn im Vortrag „Hydraulic Fracturing in Deutschland – Die Risiken aus geowissenschaftlicher Sicht“ (Video) von Dr. V. Wrede (Bezirksregierung Arnsberg, Geologischer Landesdienst Nordrhein-Westfalen). Im Video ab Minute 35:00 berichtet Wrede von Fracarbeiten in saarländischen Kohleflözen. Im Hintergrund sind in der Präsentation das einstige Bohrloch sowie die Fracs zu sehen, die durch einen später aufgefahrenen Abbaustollen aufgeschlossen worden sind. Außerdem gab es in Nordrhein-Westfalen Fracarbeiten zur Erdgasgewinnung in Kohleflözen. Diese wurden in der 1995 abgeteuften Bohrung „Natarp 1“ durchgeführt. Die Gasausbeute war nach einem Bericht der Bezirksregierung Arnsberg aus 2011 jedoch unwirtschaftlich.

Aber auch in potenziellen „Schiefergas“-Lagerstätten kam  Hydraulic Fracturing zum Einsatz, wenn auch nur in einer Bohrung in drei verschiedenen Teufenniveaus. Weitere Maßnahmen in anderen Bohrungen waren anberaumt, jedoch mussten die Vorhaben wegen des aufkeimenden Widerstandes bis auf Weiteres aufgegeben werden.

Die Behauptung des BMWi, dass es keine Erfahrungen mit Hydraulic Fracturing in den aufgezählten Gesteinsarten gäbe, ist somit nicht korrekt. Zudem ist es mehr als fragwürdig eine Standardtechnologie in „unkonventionell“ und „konventionell“ in Abhängigkeit von verschiedenen Gesteinsarten in zu differenzieren. Entscheidend sollte doch der technologische Aspekt sein und der unterscheidet sich nur geringfügig. Das Prinzip ist letzten Endes identisch.

Eine tatsächliche Differenzierung in „konventionell“ und „unkonventionell“ gibt es hingegen bei den Lagerstättentypen. So zählen gemäß der Kurzdarstellung „Wissenswertes über Schiefergas. Erdgas in dichten Tongesteinen“ Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) „freies Erdgas“, also in den Lagerstätten von selbst fließendes sowie Erdöl(begleit)gas zu den „konventionellen Lagerstätten“.

Zu den „unkonventionellen Lagerstätten“ gehören hingegen Tight Gas, Schiefergas und Kohleflözgas (Coalbed Methan – CBM):

Diese Vorkommen strömen nicht ohne weitere technische Maßnahmen (meist Fracking-Verfahren) in ausreichender Menge einer Förderbohrung zu, weil es entweder nicht in freier Gasphase im Gestein vorkommt oder das Speichergestein nicht ausreichend durchlässig ist.

Außerdem zählen Aquifergas (im Grundwasser gelöstes Erdgas) und Gashydrate zu den unkonventionellen Erdgasvorkommen.

Seit einiger Zeit beklagen gegen die Erdgasgewinnung im Inland opponierende Gruppierungen wie z.B. die Bürgerinitiative (BI) „No Moor Fracking“ aus dem Landkreis Diepholz eine angebliche Umdeutung des Begriffes „unkonventionelles Erdgas“. Denn mittlerweile werden seitens der Industrie und auch teilweise seitens der Politik Tightgas-Lagerstätten den „konventionellen Lagerstätten“ zugeordnet. Warum auch nicht? Denn schließlich wird aus diesen Lagerstätten mittlerweile seit meheren Jahrzehnten erfolgreich Erdgas gewonnen. Und „konventionell“ bedeutet ja nichts weiter als „althergebracht“. Die BI kritisiert in einer Stellungnahme zu den anberaumten Gesetzesverschärfungen hinsichtlich der inländischen Erdgasgewinnung:

Die Umdeutung des Begriffs „unkonventionelles Erdgas“ lehnen wir ab und verweisen auf die international übliche Definition, dass „unkonventionelle Vorkommen“ sich über die Erfordernis des Frackens definieren.

Wie das weiter oben stehende Zitat der BGR verdeutlicht, trifft diese Deutung der BI in der Form nicht zu. Zu den „unkonventionellen Vorkommen“ zählen auch Aquifergas sowie Gashydraten. Diese ließen sich gewiss nicht durch die Anwendung von Hydraulic Fracturing gewinnen und bei Hohleflözen kommt es auf die geologischen Ragmenbedingungen an, ob die Schaffung von Fließwegen notwendig ist oder nicht. Außerdem schreibt die BGR in ihrer Studie „Abschätzung des Erdgaspotenzials aus dichten Tongesteinen (Schiefergas) in Deutschland“:

Angesichts der fortschreitenden Technologieentwicklung erscheint die Trennung von Erdgasvorkommen in konventionelle und nicht-konventionelle Vorkommen nur noch aus geologischer und nomenklatorischer Sicht von Bedeutung.

Der technologische Aspekt, auf den sich die Gegner als Definitionsgrundlage berufen, entfällt somit. Zumal die Grundlage die offizielle Definition unvollständig und zudem verfälscht wiedergibt.

Der Artikel hat aufgezeigt, dass hinsichtlich der Diskussion um die Erkundung neuer Erdgaspotenziale ein kaum zu durchblickendes Begriffswirrwarr herrscht. Hinzu kommt, dass ein Begriff wie beispielsweise „Fracking“ auf verschiedene Art und Weise ausgelegt wird. Dabei sind die Auslegungen der Wissenschaft sowie der Industrie am plausibelsten, da diese sich am Fachbegriff „Hydraulic Fracturing“ orientieren, von dem in den USA das Wort „Fracking“ abgeleitet wurde. Dieser Begriff wurde  anschließend insbesondere von gegnerischen Gruppierungen bis zur Unkenntlichkeit umgedeutet.

Broschüre „Erdgas in Thüringen“ – Eine inhaltliche Kurzdarstellung

Dass in Thüringen, auch bekannt als „Grünes Herz Deutschlands“, Erdgas gefördert wird, dürfte kaum jemandem bekannt sein. Dabei verfügt die Region über eine mehr als 80-jährige Tradition der Erkundung von Erdgas sowie dessen Förderung. Dieser Tradition widmen sich in der Broschüre „Erdgas in Thüringen“ die Autoren Rainer Martick und Paul Weih.

Titel

Broschüre „Erdgas in Thüringen“

Einem Vorwort folgend leiten sie kurz in die Nutzungshistorie von Erdgas ein, wobei das Hauptaugenmerk auf die Entwicklung in Thüringen gerichtet wird. Ein Zufall, nämlich ein spekatakulärer Gasausbruch in der Kaligrube „Volkenroda“ führte zu einem Austritt von Erdöl und gab Anlass für die Erkundung von Erdöl und Erdgas. Es wurde dadurch bewiesen, dass sich im Thüringer Becken Erdöl und Erdgas befinden. „Damit beginnt die Geschichte der Erdgasversorgung in Thüringen“ schreiben die Autoren und gehen darauf im Folgenden datailliert ein.

Anhand von Karten und Tabellen wird die Verbreitung der Kohlenwasserstofflagerstätten im Thüringer Becken anschaulich dargestellt und deren gegenwärtiger Status (verwahrt, ruhend, in Förderung) sowie die Nutzung des Erdgases tabellarisch aufgeführt. Ferner wird die Enstehung der Erdgaslagerstätten beschrieben, deren Bildung, die nicht abschließend geklärt ist, vermutlich vor 60 Millionen Jahren durch „biologische Prozesse in biogenen Ablagerungen“ begann. Außerdem wird der Aufbau einer Erdgasförderbohrung, speziell auf die thüringeschen Verhältnisse bezogen, erläutert. Bevor es dann zum Hauptteil der Schrift übergeht, wird noch ein historischer Abriss zur Entdeckungung sowie zu den Eigentumsverhältnissen beschrieben.

Der Hauptteil beginnt mit einem zeitlichen Überblick zur Nutzung der Lagerstätten im Thüringer Becken. Dabei werden Details angerissen, die Appetit auf das Weiterlesen machen. Die Autoren gehen dabei nicht nur auf die geologischen Verhältnisse ein, sondern auch die historischen und politischen Rahmenbedingungen. Diese erforderten insgesamt Ideenreichtum, um eine wirtschaftlich sinnvolle Nutzung der vergleichsweise kleinen Lagerstätten zu ermöglichen.

Im Hauptteil der 64 Seiten umfassenden Broschüre werden die einzelnen aufgeschlossenen Erdgaslagerstätten detailliert beschrieben.

Dabei stellen die Autoren die jeweiligen Eckdaten wie z.B. Anzahl der Bohrungen unter Hervorhebung der fündigen, Bohrtiefe, geologische Formation, Lagerstätteninhalt und Gasanalyse den jeweiligen Beschreibungen voran. Die Erschließung der Lagerstätten sowie die Verwendung des daraus geförderten Erdgases, welche grundsätzlich regional und überwiegend in Industriebetrieben erfolgte, beschreiben die Autoren mit Bezug auf die historisch-politischen Begleiterscheinungen.

Den Fokus richten sie auf die bereits in den 1930er Jahren aufgeschlossenen Lagerstätten Mühlhausen und Langensalza. Das hängt sicherlich mit der Pionierarbeit zusammen, die auf verschiedenen Gebieten geleistet werden musste, was ausführlich beschrieben und mit historischen Zeitungsartikeln, Fotos sowie Plänen illustriert wird. Recht umfangreich erfolgt auch die Darstellung des Erdgasspeichers Allmenhausen, der die ausgeförderte gleichnamige Lagerstätte nachnutzt. Die Darstellung der in den 1960er Jahren aufgeschlossenen Lagerstätten tritt hingegen zurück. Die aus heutiger Sicht abenteuerlich anmutende Pionierarbeit war zu diesem Zeitpunkt bereits geleistet.

Martick und Weih ist es gelungen, eine spannende und interessante Broschüre über die alte, jedoch recht unbekannte Erdgasprovinz „Thüringer Becken“ zusammenzustellen. Entscheidend hierfür dürften die jahrzehntelangen Erfahrungen in der Thüringer Gaswirtschaft gewesen sein, zu deren Pionieren Paul Weih einst gehörte.

Die kostenlose Broschüre kann bestellt werden bei:

Thüringer Energie AG
Kommunale Angelegenheiten
z.Hd. Herrn Wenzel
Schwerborner Straße 30
99087 Erfurt

Hydraulic Fracturing im Gegensatz zu Schlagzeilen offenbar nicht verantwortlich für Trinkwasserbeeinträchtigung

Am 6. Mai dieses Jahres erschien beim Tagesspiegel ein Artikel der mit der Schlagzeile „Fracking-Chemikalien im Trinkwasser entdeckt aufwartete. Ein gefundenes Fressen für die Gegner des eigentlich Hydraulic Fracturing genannten Verfahrens. Schließlich verhält es sich so, dass eine „Verseuchung“ des Trinkwassers infolge des Verfahrens zu ihren Hauptsorgen zählt.

Erdgasbohrung wird einer Fracmaßnahme unterzogen ("Goldenstedt Z23") Quelle: WEG Wirtschaftsverband Erdöl- und Erdgasgewinnung e.V.

Erdgasbohrung wird einer Fracmaßnahme unterzogen („Goldenstedt Z23“)
Quelle: WEG Wirtschaftsverband Erdöl- und Erdgasgewinnung e.V.

Doch bereits in den ersten Zeilen des Artikels wird die dramatisierende Schlagzeile relativiert. Die Chemikalien stammen mutmaßlich aus Erdgasbohrungen, heißt es.

Ferner wird in dem Artikel abermals deutlich, dass die Autoren solcher Artikel offenbar kein Verständnis davon haben, worüber sie schreiben. So wird das Fracverfahren folgendermaßen beschrieben:

Unter hohem Wasserdruck bricht das Gestein auf, Sand und verschiedene Chemikalien sorgen dafür, dass die Spalten offen bleiben und Gas ins Bohrloch strömt, wo es dann gefördert wird.

Richtig ist, dass der Sand oder andere Stützmittel (Schwerminerale wie Zirkon oder Korund, Keramikkügelchen) den Zweck haben, die erzeugten Risse offenzuhalten. Die dem Fracfluid beigemengten Chemikalien, deren Anteil bei Fracarbeiten in Tongesteinen unter 0,5 Prozent liegt, haben hingegen die Aufgabe die Reibung zu vermindern, Tonquellung während der Risserzeugung zu verhindern und Ablagerungen an den Rohrwandungen zu verhindern. Bei Fracarbeiten in anderen Gesteinen kommen noch Zusätze hinzu, die das Fluid gelieren und nach Abschluss des Prozesses die wackelpuddingartige Konsistenz wieder in einen leicht fließbaren Zustand zum Zwecke der Rückförderung zu überführen.

Laut des Artikels konnte eine Chemikalie identifiziert werden, die tatsächlich häufiger in Fracfluiden enthalten ist. Es handelt sich dabei um 2-n-Butoxyethanol, dass laut der nichtkommerziellen Plattform fracfocus.org als oberflächenaktives Mittel, genauer als Benetzungsmittel, eingesetzt wird. Der Tagesspiegel schreibt, dass die Substanz „ebenfalls beim Bohren genutzt wird“. Das ist zwar richtig, widerspricht aber der Schlagzeile, dass es sich um eine „Fracking“-Chemikalie handelt. Den Unterschied zwischen Bohren, Fracen und Fördern als eigenständige Prozesse werden Journalisten wahrscheinlich nie begreifen.

Nicht nur laut des Artikels sondern vor allem laut des Abstracts der Studie „Evaluating a groundwater supply contamination incident attributed to Marcellus Shale gas development“ scheidet der Fracprozess als Ursache für das Vorkommen der Chemikalie aus. Stattdessen wird vermutet, dass eine fachlich nicht korrekt ausgeführte Bohrlochabdichtung verantwortlich ist. Laut des Artikels „Fracking-Chemikalien im Trinkwasser gefunden“ der Süddeutschen Zeitung sind die Bohrungen unterhalb einer Teufe von 300 Metern nicht einmal verrohrt gewesen.

Zudem wird angenommen, dass der Austritt rückgefördeter Flüssigkeit aus einem Sammelbecken (mit-) verantwortlich für die Verschmutzung sein. Das geben unisono die beiden Presseartikel sowie das Abstract der Studie, auf die sie sich berufen, wieder. In Deutschland sind weder unverrohrte Bohrungen noch offene Becken für rückgeförderte Flüssigkeiten genehmigungsfähig. Die Beeinträchtigung des Wassers wäre demnach ohne Weiteres vermeidbar

Obwohl die jeweiligen Schlagzeilen etwas anderes suggerieren, ist Hydraulic Fracturing nicht unmittelbar verantwortlich für die Beeinträchtigung des Wassers. Der Begriff „Verschmutzung“ wird hier konsequent vermieden, da die Konzentration des nachgewiesenen 2-n-Butoxyethanol extrem gering ist. Dem Abstract ist dabei Folgendes zu entnehmen:

A compound identified in flowback, 2-n-Butoxyethanol, was also positively identified in one of the foaming drinking water wells at nanogram-per-liter concentrations.

Es handelt sich also um Konzentrationen, die sich im Milliardstel-Gramm-Bereich bewegen und, wie die Studienautoren schreiben, nur dank spezieller Methoden nachgewiesen werden konnten, über die die meisten kommerziellen Laboratorien nicht verfügen. Ich erinnere in diesem Zusammenhang gerne an die Nachweisbarkeit eines Zuckerwürfels im Starnberger See, auch wenn die Größenordnung nicht zutrifft.

Immerhin geben die Zeitungsartikel zu, dass der Prozess des Hydraulic Fracturing selbst nicht verantwortlich für das Vorkommen der Chemikalien ist. Sie räumen zudem ein, dass die Konzentration weder Grenzwerte überschritt noch demzufolge gesundheitsgefährdend wäre.

Was die Presseartikel erreicht haben dürften ist, dass die jeweiligen dramatisierenden Schlagzeilen in den Köpfen der Leser hängen geblieben sind. Schaut man sich die Kommentare beim Tagesspiegel an (die SZ hat die Kommentarfunktion vor einigen Monaten eingestellt), kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass  die meisten Leser über die Schlagzeile nicht hinausgekommen sind.

Leider ist im Gegensatz zu anderen Publikationen die Studie nicht vollständig abrufbar bzw. nur gegen Gebühr. Denn Erfahrungen aus der Vergangenheit haben gezeigt, dass Studieninhalt und Berichte darüber miteinander nicht konform gehen. Bestes Beispiel wäre der SpiegelOnline-Artikel Studie über Pennsylvania: Fracking treibt Gase ins Trinkwasser.

Tatsächlich vermuteten die Studienautoren jedoch nicht den Standards entsprechendenen Bohrlochkonstruktionen und nicht den Fracprozess (siehe „Increased stray gas abundance in a subset of drinking water wells near Marcellus shale gas extraction“) als Ursache. Zudem wurde nicht ausgeschlossen, dass die spezielle Geologie der Marcellus-Formation ursächlich für das Auftreten von Gasen sein könnte. Denn im Bereich der Fayetteville-Formation konnte das problem nicht dokumentiert werden.

Der größte Widerspruch zwischen Schlagzeile und Fakten gelang den deutschen Medien jedoch mit der Behauptung, dass der CEO von ExxonMobil sich angeblich gegen „Fracking“ vor der eigenen Haustür wehre. So war beispielsweise bei SpiegelOnline diesbezüglich zu lesen:

Rex Tillerson: Exxon-Chef wehrt sich gegen Fracking nahe seinem Wohnhaus

Berufen wurde sich dabei auf den Artikel „Exxon CEO Joins Suit Citing Fracking Concerns“ des Wallstreetjournals. Die vermeintlichen Befürchtungen vor „Fracking“ waren laut der auf der Seite verlinkten Klageschrift der sich Tillerson anschloss, aber nicht von ihm initiiert wurde, diese:

Furthermore, upon information and belief, BWSC will sell water to oil and gas explorers for fracing shale formations[…]

Auf den 30 Seiten der Klageschrift taucht ein einziges Mal das Wort „Fracing“ auf, wobei lediglich eine Vermutung der Gegenstand ist. Deutschen Journalisten gelang es, daraus eine Ablehnung des Fracverfahrens zu konstruieren. Beeindruckend, und zwar im negativen Sinne. Damit ist aber Anlass genug gegeben, Artikel bezüglich des Reizthemas „Fracking“ kritisch zu hinterfragen und inhaltlich in Frage zu stellen.

Einstellung eines naturwissenschaftlich-technischen Projektes dank Lobbyismusvorwürfen eines Lobbyvereins

Seit mehreren Jahren kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass mathematische, ingenieurtechnische und naturwissenschaftliche Themen in Deutschland oftmals mit der Kneifzange angefasst werden. Das hat zur Folge, dass sich im MINT-Bereich Nachwuchskräfte sich rar machen. Um diesem Trend entgegenzuwirken, sind Unternehmen aus diesem Bereich Kooperationen mit Schulen eingegangen, um das Interesse für diese Themen zu wecken.

Aufwältigung der "Erdgasbohrung Buchhorst Z20" chef79

Erdgasbohrung Buchhorst Z20 ©chef79

Eine solche Kooperation ist auch zwischen der inländischen Erdöl- und Erdgasindustrie und Schulen in Niedersachsen eingegangen worden. Die Ziele des Projektes sind durch den Wirtschaftsverband Erdöl- und Erdgasgewinnung e.V. (WEG) folgendermaßen formuliert und definiert worden (WEG-Nachwuchsprojekt):

  • Stärkung des Interesses Jugendlicher an technischen und naturwissenschaftlichen Themen und Studiengängen
  • Stärkung des Interesses Jugendlicher an einem Arbeitsplatz in der E&P-Industrie
  • Bereitstellung von Informationen über die Erdöl- und Erdgasproduktion in Schulen
  • Ermöglichung von Einblicken in die praktische Arbeit der Unternehmen vor Ort
  • Darstellung der Unternehmen als Partner vor Ort durch die Unterstützung örtlicher Schulen

Vor allem der dritte Punkt dürfte dem politisch linkslastigen und vermutlich dunkelgrünen Verein LobbyControl – Initiative für Transparenz und Demokratie e.V. (LC) missfallen haben. Anders lässt sich der Kommentar „ExxonMobil fliegt von der Schule – Unsere Kritik an Schulkooperation hat endlich Erfolg, auf den der Verfasser übrigens via Twitter durch den ebenfalls linkslastigen und dunkelgrünen ARD/WDR „Energieexperten“ Jürgen Döschner aufmerksam gemacht wurde, nicht erklären.

LC sieht in dem Kooperationsprojekt „fragwürdige Folgen“. Welche das sein sollen, wird dem Leser der Stellungnahme jedoch vorenthalten. Stattdessen wird Folgendes an den Pranger gestellt:

Als Ziele werden darin u.a. die „Verbesserung der Reputation der Branche“ und eine „Versachlichung der Darstellungen über die Erdöl- und Erdgasproduktion in Schulen“ genannt.

In Anführungszeichen gestellte Zitate sollen diese normalerweise unverändert wiedergeben. Das ist hier nicht der Fall. Denn die Teilüberschrift auf Seite 52 der Broschüre Dokumentation Pilotprojekt Schulkooperation lautet: „Ziel: Verbesserung der Akzeptanz und der Reputation.“

Das unter dieser Teilüberschrift stehende lässt sich nicht mit der Interpretation von LC vereinbaren, da LC die falsch zitierte Teilüberschrift nicht im Kontext betrachtet. Was an einer Versachlichung der Darstellungen der Erdöl-Erdgas-Industrie bei all der Unsachlichkeit in den letzten Jahren verwerflich sein soll, ist nicht nachvollziehbar. Die Behauptung, dass ExxonMobil „sogar 10.000€ pro Jahr“ an die beteiligten Schulen überwiesen haben soll, wird vorsichtshalber nicht belegt.

Stattdessen begründet LC ihren Aktivismus so:

Hinzu kommt, dass die Kooperationen in einer Gegend stattfinden, in der die umstrittene Fracking-Technik vermehrt zum Einsatz kommt. Bis heute ist das einer der deutlichsten Fälle von Lobbyismus an Schulen.

Halten wir uns im Gegensatz von LC an die Fakten. Seit 2011 wurden in Niedersachsen keine Fracarbeiten mehr durchgeführt. Von einem vermehrten Einsatz kann also keine Rede sein. Ursächlich hierfür ist nicht etwa, dass für Fracjobs kein Bedarf besteht. Im Gegenteil: Fracarbeiten werden aus rein politischer Willkür trotz unveränderter Gesetzeslage nicht genehmigt. Das muss man sich einmal vergegenwärtigen!

Ferner findet die Kooperation in Gegenden statt, in denen die Unternehmen bzw. ihre Vorgängergesellschaften seit Jahrzehnten aktiv sind und es auch bleiben wollen. Dementsprechend ist es logisch, dass dort die Kooperation angestrebt wurde und eingegangen worden ist. Denn zu den Zielvorgaben des Projektes zählt die Begeisterung für naturwissenschaftlich-technische Themen und damit einhergehend die Anwerbung neuer Mitarbeiter.

LC schreibt in seiner Stellungnahme weiter:

Jetzt ist endlich Schluss mit dem umstrittenen Projekt.

Ist das Projekt wirklich umstritten, wie LC behauptet? Eher nicht, wenn man den Artikel weiter liest. Denn dort steht weiter unten:

Nach Informationen des WEG streben jedoch viele der Schulen und Kooperationspartner aufgrund der “positiven Resonanz” an, die Zusammenarbeit fortzuführen.

Zwischen den Kooperationspartnern bestehen somit offenbar keine gravierenden Differenzen, die die Interpretation von LC rechtfertigen, dass das Projekt umstritten sei. Es sind einzig und allein intolerante Gruppierungen, die die Zusammenarbeit kritisieren.

Überhaupt prangert LC die Kooperation nach eigenen Aussagen erst seit 2013 an. Dabei lief das Projekt zu diesem Zeitpunkt bereits seit fünf Jahren. In diesem halben Jahrzehnt hatte sich offenbar niemand an der Kooperation gestört. Es musste erst ein Verein namens LobbyControl auftreten, um die laut WEG-Broschüre „Dokumentation des Pilotprojektes Schulkooperation“ durchaus spannenden und anspruchsvollen Projekte zu attackieren.

Denn naturwissenschaftliche und technische Ausbildung mit Unterstützung von Großunternehmen ist nach Ansicht von Non-Government-Organisations (NGO) wie LobbyControl unredlich und gehört demzufolge verboten. Gegen die von NGO wie dem WWF oder NABU gesponsorten Schulhefte/Collegeblocks gibt es hingegen keine Einwände.

Im übrigen ist Lobbying ein schwer zu fassender Begriff. Letztendlich bedeutet er wohl Einflussnahme auf politische Entscheidungsträger. Genau diese Einflussnahme ist möglicherweise LC gelungen, obwohl sie sich doch vehement gegen Lobbying aussprechen. Dieser faktische Widerspruch ist der Gruppierung offenbar nicht bewusst.

In  Niedersachsen wurde übrigens mit ähnlichen „Argumenten“ unter der gegenwärtigen Regierung aus SPD sowie Bündnis90/Die Grünen das Projekt „HannoverGen“ eingestellt.

Dass mathematisch-naturwissenschaftliche Themen in Kooperation mit Unternehmen Schülern nähergebracht werden gilt in diesem Staat offenbar als verwerflich und resultierende Verbote von Forschung und Entwicklung sowie von etablierten Technologien haben totalistische Züge. Das ist befremdlich in einem Staat, der sich als freiheitlich und demokratisch verfasst sieht.

Regionale Lebensmittel? „Ja gerne!“ – Regionales Erdöl und Erdgas? „Nein Danke!“

Immer wieder gibt es im Internet bei bedeutendenden und als seriös geltenden Medien Artikel zu lesen, in denen es um (vermeintliche) Lebensmittelskandale speziell oder ganz Allgemein um Lebensmittelproduktion geht. Sofern ein Forum oder eine Kommentarfunktion verfügbar ist, ist es nur eine Frage der Zeit, bis ein Kommentator auftaucht, der erwähnt, sich (fast) ausschließlich saisonal und regional mit Lebensmitteln zu versorgen.

Erdgasförderung und bohrlochnahe Verstromung auf der Lagerstätte "Langensalza" im Thüringer Becken

Erdgasförderung und bohrlochnahe Verstromung auf der Lagerstätte „Langensalza“ im Thüringer Becken ©chef79

Dieses Verhalten, sich (vorwiegend) in dieser Art und Weise zu ernähren wird damit begründet, sich um das  Wohl der Umwelt und des Weltklimas (!) zu sorgen und beides schützen zu wollen. Als vorrangiges Argument dazu dient vor allem, dass durch den Konsum „regional“ produzierter Lebensmittel Transportwege eingespart werden. Dabei ist der Begriff „regional“ allein schon schwer zu fassen, denn was unter einer Region zu verstehen ist, ist nicht eindeutig definiert.

So kann unter einer Region beispielsweise das unmittelbare Umfeld einer Großstadt verstanden werden. Als Kriterium für die Begrenzung dieser Region könnten die Außengrenzen der sie umgebenden Landkreise herangezogen werden (Administrationskriterium). Unter einer Region kann jedoch auch eine Landschaft verstanden werden, wie z.B. die Altmark im Norden von Sachsen-Anhalt ohne fest definierte Grenzen oder das bundesländerübergreifende Münsterland, welche durch eine gewisse landschaftliche Einheitlichkeit charakterisiert sind (Homogenitätskriterium). Selbst politisch-wirtschaftliche Zusammenschlüsse wie die Europäische Union können als Region verstanden werden (Funktionalitätskriterium). Um die Sache zu verkomplizieren: Zwischen den einzelnen Kriterien kann es zusätzlich zu Überschneidungen kommen.

Im allgemeinen Sprachgebrauch dürfte unter „Region“ der alltägliche Aktionsradius einer Individualperson verstanden werden, wobei dieser abhängig von der eigenen Mobilität sowie der von ihr akzeptierten Mobilität der Zulieferer sein dürfte. Bei umweltbewussten Personen wäre somit das Flugzeug ausgeschlossen, während LKW und PKW noch hinnehmbar sein könnten.

Ein weiteres Argument der Verfechter regionalen und saisonalen Lebensmittelkonsums ist die Stärkung der Wirtschaft im näheren Umfeld. Nachvollziehbar, denn es gibt wohl kaum jemanden, dem nicht am wirtschaftlichen Wohl der Heimat gelegen ist. Schließlich profitiert jeder einzelne von ökonomischer Stärke. Denn Wirtschaftskraft bedeutet: Eine gut ausgebaute Infrastruktur, womit nicht ausschließlich die Verkehrsinfrastruktur gemeint ist, sondern beispielsweise auch die kulturelle.

Gegen eine Saisonalität in der Ernährung ist prinzipiell ebensowenig einzuwenden. Oftmals liegt das in der Natur der Sache. Denn wem schmeckt schon ein deftiger Weißkohleintopf im Hochsommer bei 30 Grad im Schatten?  Doch die streng dogmatische Kombination aus Beidem ist abzulehnen, wie alles sonstige Dogmatische ebenso.

Völlig anders verhält es sich inzwischen vielerorts in Deutschland, wenn es um die Versorgung von Erdöl und insbesondere um Erdgas geht. Deren regionale Gewinnung wird oftmals sogar von zahlreichen Mitbürgern abgelehnt, vor allem dann, wenn neue Projekte anberaumt werden. Plötzlich gelten die bei der regionalen Lebensmittelversorgung angeführten Argumente nicht mehr.

Wir erinnern uns: Eines der Hauptargumente derjenigen, die sich mit regional erzeugten Lebensmiteln versorgen, sind die kurzen und damit energiesparenden Transportwege. Ein durchaus zutreffendes Argument, das selbstverständlich auch für den Transport für Erdöl und Erdgas gilt.

So muss Erdgas, das aus Russland importiert wird, über mehrere tausend Kilometer per Pipeline transportiert werden. Damit das gelingt, ist es notwendig das Erdgas etwa alle 150 Kilometer unter hohem Energieaufwand in Kompressorstationen zu verdichten. Noch energieaufwendiger ist der LNG-Transport per Schiff. LNG steht für Liquified Natural Gas, also für verflüssigtes Erdgas. Um Erdgas vom gasförmigen in den flüssigen Aggregatzustand zu überführen, muss es auf unter -160°C gekühlt werden. Bei diesem Prozess werden zwischen 10 und 25 Prozent des Energiegehaltes des Erdgases benötigt (Quelle: Wikipedia).

Das bedeutet, dass diese Menge nicht anderweitig genutzt werden kann, z.B. zum Heizen oder als Grundstoff für die chemische Industrie. Energetische Verluste in dieser Größenordnung, beim Pipelinetransport aus Russland sollen ca. 15 Prozent der Energiemenge des Gases benötigt werden, fallen in Deutschland selbstverständlich nicht an. Denn das Erdgas wird nah am Gewinnungsort verbraucht. Teilweise wird das Erdgas Verbrauchern direkt zugeleitet, wie z.B. vom Erdgasfeld „Rehden“ nach Georgsmarienhütte zum dortigen Stahlwerk oder sogar unmittelbar neben der Bohrung zur Stromerzeugung genutzt, wie z.B. auf der thüringischen Erdgaslagerstätte Langensalza (siehe Artikelfoto).

Für im Inland gewonnens Erdöl gilt Ähnliches. Die Transportwege zu den Verarbeitungsstätten, also zu den Raffinerien erstrecken sich von Ausnahmen abgesehen über mehrere 10er bis wenige 100 Kilometer. So wird das im Emsland und in der Grafschaft Bentheim produzierte Erdöl in der Raffinerie Emsland in Lingen verarbeitet. Erdöl aus den Lagerstätten im Oberrheingraben wird nach Karlsruhe gebracht und das im einzigen Offshore-Feld „Mittelplate“ vor der schleswig-holsteinischen Westküste gewonnene Erdöl wird direkt zum Verbraucher Sasol nach Brunsbüttel sowie zur Raffinerie Heide per Pipeline verbracht.

Durch die Produktion von Erdöl und Erdgas vor der Haustür wird selbstverständlich auch die regionale Wirtschaft gestärkt. Das geschieht auf verschiedene Art und Weise. Insbesondere dort wo größere Lagerstätten idealerweise konzentriert vorkommen, siedelns sich neben den Förderbetrieben auch sogenannte Serviceunternehmen an, deren Dienstleistungen unmittelbar für die Gewinnung von Erdöl und Erdgas benötigt werden.

Als historisches Beispiel ist Celle bekannt, in dessen Umgebung die ersten bedeutenden Erdöllagerstätten Deutschlands aufgeschlossen worden sind. In Celle siedelten sich verschiedene Serviceunternehmen wie die ITAG, Halliburton, Koller etc. an. Noch heute gilt Celle als das Klein-Houston von Deutschland. Hinzu kommt, dass mehrere dieser Firmen auch Geschäftsfelder außerhalb der Erdöl-Erdgas-Branche entwickelt haben.

In Abhängigkeit der jeweiligen Unternehmenspolitik zahlen die Förderunternehmen dort wo sie tatsächlich Erdöl und Erdgas produzieren in bedeutendem Maße Gewerbesteuern, wie z.B. ein Artikel der „Rotenburger Rundschau“ aus dem Jahr 2008 verrät:

Klingt komisch, ist aber so: Die Samtgemeinde Bothel ist so reich, dass sie Geld ans Land bezahlen muss. Das gilt jedenfalls für das Jahr 2008 und hat in erster Linie mit Erdgas zu tun. Denn: die Firma Exxon-Mobil musste ein größere Summe Gewerbesteuern nachzahlen.

Weitere fiskalische Beiträge werden infolge inländischer Erdöl- und Erdgasproduktion in Form der Förderabgabe geleistet, die Jahr für Jahr einen höheren dreistelligen Millionenbetrag dem Länderfinanzausgleich zuführt. Im Jahr 2008 wurden sogar die Milliardengrenze überschritten (Quelle: WEG Jahresbericht 2009).

Ursächlich für die Ablehnung der Kohlenwasserstoffgewinnung vor der Haustür dürften bei den Kritikern Schadstoffaustritte sein. Diese geschahen vor allem an Transportleitungen von Lagerstättenwasser sowie im Umfld von Plätzen, auf denen ausgemusterte Anlagenteile gereinigt worden sind. Bedenkenswerte Schadstoffimmissionen aufgrund der laufenden Förderung konnten jedoch nicht nachgewiesen werden und können dementsprechend auch nicht von den Gegnen benannt werden.

Damit sollen aber nicht die eingetretenen Kontaminationen verharmlost werden, auch wenn diese durch Medien und Bürgerinitiativen in unsachlicher Art und Weise unverantwortlich dramatisierend überzeichnet wurden und werden.

Doch im Gegensatz zur Förderung im Ausland und ihren teils gravierenden umweltrelevanten Nebenerscheinungen hat die Förderung von Erdöl und Erdgas im Inland den Vorteil, dass hohe Umweltauflagen dafür sorgen, Umweltverschmutzungen nahezu auszuschließen. Sofern diese dennoch eintreten sollten, werden sie zügig beseitigt. Und zwar zu Lasten des Verursachers und nicht zu Lasten der Allgemeinheit, wie es gerne von Gegnern unterstellt wird. Die jahrzehntelange Förderung von Erdöl und Erdgas in Deutschland hat bewiesen, dass diese ohne gravierende Umweltbeeinträchtigungen durchgeführt werden kann und wird.

Abschließend bleibt festzustellen, dass die Argumente, die von den Befürwortern des Konsums regional erzeugter Lebensmittel ebenso für die regionale Produktion von Erdöl und Erdgas gelten:

Durch kurze Transportwege wird Energie eingespart bzw. kann anderweitig sinnvoller genutzt werden. Auf verschiedene Art und Weise wird die regionale Wirtschaft gestärkt. Und durch die Regionalität herrscht ein gewisses Maß an Transparenz, was soviel bedeuten soll, dass weder die regionalen Lebensmittelproduzenten noch die Erdöl-Erdgas-Produzenten machen können, was sie wollen, da sie ständig unter Beobachtung stehen. Umso unverständlicher ist es, dass eine regionale Bereitstellung und Versorgung mit Lebensmitteln von umweltbewussten Mitbürgern befürwortet, eine Gewinnung von Erdöl und Erdgas vor der Haustür trotz deckungsgleicher Argumente von diesen Mitbürgern abgelehnt wird.

Es ist im Übrigen purer Zufall, dass der Wirtschaftsverband Erdöl und Erdgasgewinnung den Artikel „Sie bevorzugen regionale Produkte? Wir auch.!“ kürzlich veröffentlichte. Die Auseinandersetzung mit dem Thema erfolgte jedoch auf andere Art und Weise. Ihn ergänzend zu diesem Beitrag zu lesen kann deshalb nur empfohlen werden.