Bürgerinitiativen wollen gegen neues Entsorgungskonzept von Lagerstättenwasser demonstrieren

Das Thema Lagerstättenwasserversenkung beschäftigt Anti-Erdgasförderungsgruppierungen in etwa genauso wie die Anwendung der weltweit etablierten und bislang mindestens 3 Millionen Mal durchgeführten Stimulationsmethode des Hydraulic Fracturing (Fracking). Das Kuriose dabei ist, dass weder der eine noch der andere Prozess trotz jahrzehntelanger Anwendung in Deutschland zu umweltrelevanten Problemen geführt hat.

RWE-Dea- Bohranlage T-160 im Erdgasfeld Völkersen (Mai 2013) chef79

Bohranlage T-160 im Erdgasfeld Völkersen (Mai 2013) ©chef79

Wie auf diesen Seiten in diversen Beiträgen festgestellt und belegt werden konnte, können die im Regelfall in Bürgerinitiativen engagierten Bedenkenträger keine oder maximal dürftige Belege anführen, die ihre Ablehnung begründen. Stattdessen ist regelmäßig von Befürchtungen die Rede.

So verhält es sich offenbar auch im Zusammenhang mit der geplanten Versenkung von Lagerstättenwasser (LaWa) in das einstige Erdgasreservoir, das von der Bohrung „Völkersen-Nord Z3“ ausgefördert wurde und in das inzwischen LaWa, das sich unter dem einstigen Gasvorkommen befand, nachgerückt ist. Gegen das Versenken von LaWa in die einstige Erdgaslagerstätte regt sich im Bereich der Lagerstätte Widerstand, der von außen betrachtet absolut nicht nachvollziehbar ist. Dazu später mehr.

Bislang gibt es in Deutschland verschiedene Wege, mit dem LaWa umzugehen. All diesen Wegen ist gemeinsam, das aus der Erde (!), genauer dem tieferen Untergrund, bei der Erdöl- und Erdgasgewinnung mitgeförderte Tiefenwasser wieder in den tieferen Untergrund zu verbringen. Das geschieht folgendermaßen:

  1. Das bei der Erdölgewinnung anfallende LaWa wird wieder in die Erdöllagerstätte injiziert. Dieses Verfahren dient der Druckerhaltung und somit der Aufrechterhaltung der Förderung.
  2. Das bei der Erdgasgewinnung anfallende LaWa wird in eine ehemalige Erdöllagerstätte eingebracht. Aus Umweltschutzsicht absolut unproblematisch, da in einer ehemaligen Erdöllagerstätte sich bereits von Natur aus LaWa befindet und fördertechnisch bedingt noch 60 bis 70 Prozent (+/-) des Erdöls in der einstigen Lagerstätte vorhanden sind.
  3. Das bei der Erdgasförderung anfallende LaWa wird in Horizonte versenkt, die bereits salziges Tiefenwasser führen und nach oben durch hunderte Meter wasserundurchlässiges Gestein von flachen Süßwasserleitern isoliert sind. Diese Entsorgungsmethode ist bewährte Praxis im Rotliegend-Gasgürtel, der sich vom Nordwesten Sachsen-Anhalts bis vor die Tore Bremens erstreckt.

In diesem Gasgürtel befindet sich auch die hier betrachtete Lagerstätte „Völkersen“ bei Verden sowie mehrere weitere Vorkommen. Im westlichen Bereich des Gasgürtels wird das LaWa in den aus der Kreidezeit stammenden Kalkarenit eingebracht, der bereits mit für die Trinkwasserversorgung völlig ungeeignetem Tiefenwasser ausgefüllt ist. Dass das Versenken von LaWa in den Kalkarenit ein sicheres Verfahren ist, hat seine seit mittlerweile drei Jahrzehnten durchgeführte Anwendung bewiesen.

Für die Versenkung werden entweder nicht fündige Erdgasbohrungen verwendet, die den Kalkarenit ca. 4.000 Meter über dem eigentlichen potenziell gasführenden Rotliegendem durchteuft haben oder aber eigens in den Kalkarenit gebohrte Versenkbohrungen. Zu den letzgenannten Bohrungen zählt auch die „Völkersen H1“.

Das „H“ steht für Hilfsbohrung. Eine solche Bohrung ist folgendermaßen definiert (Quelle: Erdöl und Erdgas in der Bundesrepublik Deutschland 2013):

B3 Hilfsbohrung (injection well, observation well, disposal well, etc.) Die Hilfsbohrung trägt als Einpressbohrung (zur Druckerhaltung oder zur Erhöhung des Ausbeutegrades), Beobachtungsbohrung, Schluckbohrung etc. indirekt zur Förderung des Erdöls oder des Erdgases bei. Fündige Hilfsbohrungen werden in Produktionsbohrungen umklassifiziert.

Trotz der seit vielen Millionen Jahren existierenden Isolierung nach oben gegenüber den Süßwasserleitern in Lockersedimenten des Quartär befürchten Kritiker, dass das LaWa aus diesem Horizont aufsteigt und und das zur Trinkwassergewinnung geeignete Grundwasser verseucht.

Die Begründungen muten dabei recht abenteuerlich an: Dazu zählt beispielsweise, dass das LaWa über Klüfte nach oben aufsteigt. Die Frage, die sich dabei stellt ist, warum es das Tiefenwasser über Millionen Jahre hinweg nicht geschafft hat, aufzusteigen. Sicherlich erhöht sich bei Einbringung von LaWa der Druck im Kalkarenit. Das ist bekannt weil logisch und wird auch überwacht. Aber die Druckerhöhung ist so minimal, dass der hydrostatische Druck nicht genügt, um das LaWa über fast 1.000 Meter nach oben zu drücken (dafür bedürfte es ca. 100 bar).

Der entscheidende Punkt ist aber, dass über dem Kalkarenit mächtige Tone liegen, die nicht einmal Gase hindurchwandern lassen. Doch von Fakten lassen sich Bedenkenträger nicht beeindrucken, weshalb sie einen Stop der Versenkpraxis fordern. In einem Fall haben sie ihr Ziel bereits erreicht. So wurde die Versenktätigkeit in der Bohrung „Völkersen H1“ eingestellt.

Eine Notwendigkeit für die Stillegung der „Völkersen H1“ bestand nicht, weder aus geologischen noch technischen Gründen, der damalige Betreiber RWE-DEA hat lediglich mit der Außerbetriebnahme versucht, Ruhe in die Debatte um die regionale Erdgasgewinnung zu bringen.

Denn diese hat in der Region zwei Ursachen:

  1. Im räumlich eng begrenzten Umfeld von LaWa-Leitungen sind in Bereichen, in denen die Leitungen im oberflächennahen Grundwasser lagen, grenzwertüberschreitende Konzentrationen des krebserregenden Benzols, das natürlicherweise im dortigen Erdgas enthalten ist und somit auch im LaWa, festgestellt worden.
  2. Es treten gelegentlich Erdbeben im Umfeld der Lagerstätte auf. Diese sind mit der Druckentlastung sowie der damit verbundenen (Re-)Aktivierung einer tektonischen Störung erklärbar. Dieses Phänomen ist  an einigen produktionsstarken Erdgasfeldern zu beobachten, jedoch nicht an allen. Aufgrund der ermittelten Herdtiefe von 5 Kilometern der Beben spielt die LaWa-Versenkung, die in etwa 1 Kilometer Teufe stattfindet, keine Rolle. Ebensowenig das Fracverfahren, welches in der Lagerstätte durchgeführt wurde aber allein zeitlich gesehen in keinerlei Zusammenhang mit der seismischen Aktivität steht.

Objektiv betrachtet ist keine Beeinträchtigung des zur Trinkwassernutzung geeigneten Grundwassers zu erwarten, auch keine für oberflächennahes Grundwasser, das nicht zur Trinkwassergewinnung geeignet ist, eventuell aber in der Landwirtschaft als Beregnungswasser genutzt werden könnte.

Dennoch hat sich die Förderindustrie bewegt, was z.B. die Außerbetriebnahme der „Völkersen H1“ beweist wie auch die Suche nach Alternativen zur Versenkung in den Kalkarenit, obwohl hierfür, wie die über 30-jährige sicher durchgeführte Praxis bewiesen hat, ebenfalls keine Notwendigkeit besteht. Eine dieser angedachten und von unabhängigen Wissenschaftlern bzw. Gutachtern als am praktikabelsten eingeschätzten Alternativen ist die Einbringung von Lagerstättenwasser in Zonen, wo es bereits seit zig Millionen Jahren natürlicherweise vorhanden ist. Das hat DEA am Standort „Völkersen-Nord Z3 vor und dagegen wollen die kompromisslosen BI am 9. Mai 2015 demonstrieren, wie es die „Kreiszeitung“ im Artikel „Gegen Lagerstättenwasser: Demonstration am 9. Mai“ man kann sagen regelrecht bewirbt.

Erwartungsgemäß haben laut Zitaten im Artikel die BI kaum mehr als Phrasen und Befürchtungen zu bieten, wie bereits in der Einleitung festgestellt werden kann:

„Die Energiekonzerne wollen Völkersen zum Vorreiter für unerprobte und augenscheinlich riskante Technologien machen“, beklagt Thomas Vogel.

Wie bereits erwähnt ist für die Lagerstätte „Völkersen“ die DEA verantwortlich. Somit ist das Plural „die Energiekonzerne“ schon einmal faktisch falsch. Zudem handelt es sich bei DEA auch nicht um einen Konzern, sondern, wenn überhaupt, um ein Konzernunternehmen per Definition § 18 Aktiengesetz. Viel interessanter ist aber die Einschätzung Vogels, dass es sich um eine „unerprobte und augenscheinlich riskante Technologie“ handeln solle.

Denn schließlich wird die Technologie der Lagerstättenwasserversenkung seit Jahrzehnten in verschiedenen Teufen und Gesteinen in Deutschland durchgeführt und das ohne Einwirkung auf Umwelt oder gar Grundwasser. Warum eine angedachte Versenkung in einen erheblich tieferen Horizont nun riskanter sein soll, insbesondere in Hinblick auf die unterstellte Grundwassergefährdung, ist nicht nachvollziehbar. Und was die Frage „unerprobt“ im Zusammenhang mit „Technologie“ betrifft: Mit einer Mentalität, wie sie bei BI zu verorten ist, wäre die Entwicklung der Menschheit noch vor der Nutzung des Feuers, ja sogar des Faustkeils stehengeblieben(Hierzu ein Interview zwischen „Jungle World – Die linke Wochenzeitung“ und dem Physiker sowie Kabarettisten Vince Ebert).

Richtig interessant wird es ab nächsem Zitat:

„Grundsätzlich wird bei jeder Erdgasförderung auch Lagerstättenwasser mit an die Oberfläche gefördert. Dieses salzhaltige Tiefenwasser ist häufig hoch belastet mit Giftstoffen wie Quecksilber, Benzol und oft auch radioaktiven Substanzen. Wohin aber mit diesem gefährlichen Abfall, der in Niedersachsen – Deutschlands größtem Erdgasfördergebiet – in Massen anfällt?“

Zunächst einmal ist das Tiefenwasser mitnichten „häufig hoch belastet mit Gifstoffen“. Im Gegenteil: Die genannten Stoffe treten im LaWa in äußerst geringer Konzentration auf und teilweise sind sie überhaupt nicht vorhanden. Insgesamt ist das LaWa in der Region folgendermaßen eingestuft:

  • nach Chemikalienrecht: Minimalkennzeichnung: H302 (gesundheitsschädlich bei Verschlucken)
  • nach Gefahrgutrecht: kein Gefahrgut
  • nach Wasserrecht: Wassergefährdungsklasse (WGK) 1, schwach wassergefährdend

Quelle ist die Studie „Nachhaltiger Umgang mit Lagerstättenwasser aus der Erdgasförderung der RWE Dea AG in Niedersachsen“ der bereits erwähnten Gutachter, die letztlich zur Empfehlung geführt hat, LaWa dorthin zu verfrachten, wo es eben von Natur aus vorkommt. Diese Studie kann auf Nachfrage frei bei DEA erworben werden.

Nach dieser Falschbehauptung folgt dann eine der klassischen Befürchtungen von BI, nämlich irgend etwas frei Erfundenes zu behaupten und dabei der Phantasie freien Lauf zu lassen:

„Niemand kann verlässliche Angaben darüber machen, wohin sich das verpresste giftige Lagerstättenwasser im Erdreich überhaupt bewegen wird, das dann aber für immer unkontrollierbar und nie rückholbar entsorgt wäre“, so die BI-Befürchtung. Dabei gehe es um die Lebensqualität in der Region und um das Trinkwasser für hunderttausende Menschen in Norddeutschland.

Doch! Die Natur kann verlässliche Angaben machen, denn schließlich ist, wie bereits erwähnt, seit für die Menschheit nicht zu erfassenden Zeiträumen dieses Lagerstättenwasser im Untergrund enthalten. Und es hatte bislang nicht das Bestreben, gas- und somit auch wasserundurchlässige Gesteinsschichten nach oben zu durchdringen. Es fehlen dafür allein die physikalischen Kräfte das Wasser aus fün Kilometern Tiefe in Süßwasserleiter zu drücken, erst recht nicht, nachdem durch die Erdgasförderung der lagerstättendruck erheblich abgesenkt wurde. Die Argumentation der Unkontrollierbarkeit und insbesondere Rückholbarkeit aus einem Horizont, in dem von Natur aus LaWa enthalten ist, ist absurd und letzlich nichts weiter als Panikmache!

Ebenso absurd ist eine Aussage von Herrn Vogels Mitstreiter Andreas Noltemeyer:

„Die Reinigung von Lagerstättenwasser ist möglich. Aber sie kostet Geld und schmälert den Konzerngewinn“, sagt Andreas Noltemeyer, Ortsbürgermeister der Gemeinde Völkersen.

Sicherlich ist die Reinigung des LaWa technisch möglich. Das Problem dabei ist: Sie kostet nicht nur Geld, sondern sie verbraucht nicht unbedeutende Energiemengen. So müsste z.B. das Wasser zunächst verdampft werden, um die Salze abzuscheiden. Aber auch die Abscheidung der gering konzentrierten Giftstoffe. Und all diese nun in Reinform, also nicht mehr verdünnt vorliegenden Stoffe, müssten nun auch irgendwohin verbracht werden.

Doch darauf haben die BI keine Antwort und versteigen sich in die Behauptung, die von ihnen erträumte Aufbereitung würde lediglich den „Konzerngewinn“ schmälern. Nein, sie würde die Erdgasförderung als Geschäftsfeld der vermeintlichen „Konzerne“ unrentabel machen. Und niemand betreibt ein unrentables Geschäftsfeld, mögen die übrigen noch soviel in die Kasse spülen. Schließlich geht es den „Konzernen“ doch „nur“ um Profit und dessen Maximierung. Dass behaupten die BI und in der Sache Verbündete jedenfalls regelmäßig.

Insofern ist es logisch, dass unrentable Aufbereitungs- und Entsorgungsmethoden, die zudem unter Wasser- und Umweltschutzaspekten unnötig sind, ihnen durch hohen Energieverbrauch und in Reinform vorliegenden Stoffensogar entgegenstehen, nicht in Betracht gezogen werden. Das wird durch die BI kritisiert und dabei als Beispiel die von ihnen gewünschte dezentrale Aufbereitung des LaWa, also an jedem Förderplatz, angeführt. Dabei bedeutet Dezentralität regelmäßig höheren Energiebedarf und vor allem höheren Landschaftsverbrauch.

Zusammenfassend lässt sich feststellen: Aufgrund von aus Sicht des Verfassers unbegründeten Befürchtungen im Zusammenhang mit der Versenkung von LaWa hat sich die Industrie, hier konkret DEA bzw. der Vorgänger RWE-DEA auf die Bedenkenträger zubewegt. Ohne technisch und geologisch bedingte Notwendigkeit wurde die Versenkung mittels einer Bohrung eingestellt.

Darüber hinaus wurden seitens der Industrie bzw. durch sie beauftragte Gutachter Alternativen zur bislang bewährten (!) Praxis erörtert. Dabei kamen sie zum Ergebnis, dass es am sinnvollsten sei, LaWa dorthin zu verbringen, wo es von Natur aus vorkommt, nämlich in (ausgeförderte) Erdgaslagerstätten. Im Grunde der „Stein der Weisen“, jedoch nicht nach Ansicht der opponierenden Bürgerinitiativen.

Sie wünschen sich eine Umsetzung ihrer ökonomisch und ökologisch unsinnigen Umsetzung einer dezentralen Aufbereitung des mit Schadstoffen schwach belasteten Lagerstättenwassers.

Wer Interesse an der Studie „Nachhaltiger Umgang mit Lagerstättenwasser aus der Erdgasförderung der RWE Dea AG in Niedersachsen“ hat, sende bitte eine E-Mail an die im Impressum hinterlegte E-Mail-Adresse. Ich schicke dann die Bezugsquelle zurück.

Keine Beeinträchtigung von Hausbrunnen durch Erdgasbohrung Weißenmoor Z2

Eine der größten von Kritikern unterstellten Risiken der Förderung von Erdöl und Erdgas ist die Kontaminierung von Grundwasser. Obwohl gegenwärtig in Deutschland ca. 1.000 Erdölförderbohrungen sowie ca. 500 Erdgasförderbohrungen in Betrieb sind, sind keine Fälle einer Beeinträchtigung des Grundwassers durch diese bekannt.

Erdgasbohrung "Weißenmoor Z2" O. Czuprat

Erdgasbohrung „Weißenmoor Z2“ ©O. Czuprat

Dass dem so ist, ist relativ einfach schlüssig zu erklären. Bevor eine Tiefbohrung überhaupt beginnt, wird zunächst ein Stahlrohr, das sogenannte Standrohr, in die Lockersedimentgesteine gerammt. Das ist notwendig, da in Lockersedimente nicht einfach hineingebohrt werden kann. Spätestens bei Erreichen wassergesättigter Bereiche würde die Bohrung in sich zusammenfallen. Das wird durch das Standrohr verhindert. Gleichzeitig stellt es die erste von mehreren Barrieren des Bohrlochs gegenüber dem Grundwasser dar.

Nachdem das Innere des Standrohres beräumt und die Bohranlage aufgebaut ist, kann mit den eigentlichen Bohrarbeiten begonnen werden. Der Bohrmeißel wird auf die Bohrlochsohle gefahren und das Standroht mit Bohrspülung gefüllt. Da sich der Bohrabschnitt im Bereich von süßwasserführendem Grundwasser befindet, werden grundsätzlich keine wassergefährdenden Stoffe der Bohrspülung beigemengt. Das Standrohr ermöglicht einen Spülungskreislauf, so dass das erbohrte Gesteinsmaterial während des Bohrprozesses aus dem Bohrloch herauszirkuliert werden kann.

Nachdem die erste massive tragfähige Festgesteinsschicht erreicht ist, ist der erste Bohrungsabschnit abgeschlossen und die sogenannte Ankerrohrtour kann gesetzt werden. Diese befindet sich innerhalb des Standrohres. Der Zwischenraum zwischen dem Gebirge, also dem Gestein, und der Ankerrohrtour sowie im Bereich des Standrohres zwischen diesem und der Ankerrohrtour wird Spezialzement eingepumpt. Somit werden im Bereich des Grundwassers die Schutzbarrieren 2 und 3 geschaffen.

Tieferliegende Gesteinsschichten sind zwar fest, können aber Eigenschaften besitzen, die während des Bohrprozesses zu Problemen führen können. So sind Salze plastisch und können das Bohrloch zusammendrücken, Tone können aufquellen und das Bohrloch verschließen oder aber die Gesteine enthalten Klüfte, in die die Bohrspülung eindringt und verloren geht. Um diese probleme zu vermeiden, werden technische Rohrtouren innerhalb der Ankerrohrtour eingebaut und die Übergangsbereiche zementiert. Damit werden weitere Barrieren gegenüber dem Grundwasser geschaffen.

Schließlich wird bei Fündigkeit ein Produktionsrohrstrang eingebaut, also eine weitere Barriere. Damit ist es quasi ausgeschlossen, dass Erdöl, Erdgas oder mitgeförderte Tiefenwässer, das sogenannte Lagerstättenwasser (LaWa) aus der Bohrung in Grundwasserleiter übertertreten. Voraussetzung ist, dass die Bohrlochkonstruktion nach anerkannten und bewährten technischen Regularien erstellt wird. Dass dem in Deutschland so ist belegen die erwähnten 1.500 aktiven Erdöl- und Erdgasbohrungen sowie eine dem Verfasser unbekannte Anzahl von LaWa-Reinjektionsbohrungen (zur Druckrestauration in Erdöllagerstätten häufig notwendig) bzw. reinen LaWa-Entsorgungsbohrungen, die genauso konstruiert sind. Oftmals handelt es sich dabei um ehemalige Erdöl- oder Erdgasbohrungen.

Dennoch wird fortlaufend von den Gegnern und Kritikern behauptet, dass durch Erdöl-, Erdgas und insbesondere LaWa-Versenkbohrungen unkalkulierbare und unbeherrschbare Risiken ausgingen.

Um diesen unbegründeten Befürchtungen zu begegnen, haben die Unternehmen damit begonnen, freiwillig Grundwassermonitoring durchzuführen. So wurden z.B. im Umfeld der Bohrung „Bötersen Z11“ der ExxonMobil Production Deutschland GmbH (EMPG) Grundwassermessstellen im Anstrom- und Abstrombereich der Bohrung eingerichtet. Hintergrund dafür ist, dass in der Bohrung Fracarbeiten durchgeführt werden müssen, um eine wirtschaftliche Produktion zu ermöglichen (Information zum Grundwassergüte-Monitoring Bötersen Z11).

Und dem Hydraulic Fracturing-Verfahren, kurz „Fracking“, wird von Kritikern ein hohes Risikopotenzial unterstellt, Grundwasser zu „verseuchen“. Belege dafür, dass das Verfahren enorme Risiken in sich birgt, können die Kritiker und Gegner jedoch nicht liefern. Den Kritikern den Wind durch Monitoring aus den Segeln zu nehmen ist der Hintergrund der Einrichtung der Messstellen.

Ähnlich handelte die RWE-DEA, inzwischen in DEA Deutsche Erdoel AG (DEA) umfirmiert, die freiwillig das unabhängige Institut für Geologie und Umwelt (IGU) mit der Untersuchung privater Brunnen im Umfeld der Erdgasförderbohrung „Weißenmoor Z2“ beauftragte. Denn wie bereits oben erwähnt unterstellen Kritiker der Erdgasgewinnung Gefährdungen des Grundwassers durch Erdgasbohrungen. Das IGU hat nun Ergebnisse des Brunnenmonitorings vorgelegt, wie DEA im Beitrag „Brunnen in Odeweg sind sauber – nutzbares Grundwasser wird durch DEA-Bohrung nicht beeinträchtigt“ mitteilt.

Die IGU hatte bereits im August 2013 vor Beginn der Bohrarbeiten private Hausbrunnen in der Umgebung der Bohrung beprobt. Damit liegen sogenannte Blindproben vor. Diese sind notwendig, um bei späteren Beprobungen feststellen zu können, ob das Grundwasser durch Bohr- und anschließende Förderaktivitäten beeinträchtigt wurde.

Das ist offenbar nicht der Fall. Denn eine zweite im März 2015 und somit 11 Monate nach Fertigstellung durchgeführte Beprobung ergab, dass weder die Bohrarbeiten noch die seit einigen Monaten laufende Förderung zu Kontaminationen der Brunnen geführt haben. Die Integrität der Bohrung ist somit bis dato belegt:

„In allen Wasserproben wurden durch ein Speziallabor in Ottersberg der Quecksilbergehalt und der Gehalt an BTEX-Aromaten (Benzol, Toluol, Xylol und Ethylbenzol) bestimmt“, so Dr. Hanno Paetsch, Geschäftsführer des IGU. „Insbesondere BTEX-Aromate sind Indikatoren für Lagerstättenwasser und erhöhte Gehalte dieser Stoffe im Grundwasser wären ein Indiz dafür, dass die Gasförderung Einfluss auf dieses Wasser hat. Sämtliche Werte liegen aber unter den so genannten Nachweisgrenzen.“

Fraglich ist, ob sich die Kritiker von solchen Fakten beeindrucken lassen. Erfahrungen zeigen, dass es genügt, dass die Untersuchungen vom Produzenten beauftragt worden sind, um die Ergebnisse anzuzweifeln. Denn schließlich wurde die Beprobung vom Unternehmen bezahlt.  Deshalb können nach Ansicht der Kritiker die Ergebnisse nicht unabhängig und somit neutral sein.

Anmerkung: Die Abschnitte 1 bis 4 basieren im Wesentlichen auf dem Kapitel 6 „Wie entsteht eine Tiefbohrung“ aus dem empfehlenswerten, aber leider ausverkauften Buch „Auf Jagd im Untergrund“ von Professor Dr. Matthias Reich (TU Bergakademie Freiberg).

Vielen Dank an O. Czuprat für das Foto.

Keine neue Erdgasbohrung sondern Verfüllung der Stapel Z1

Vor etwas mehr als einem Jahr wurde bei der „Kreiszeitung Rotenburg“ ein Artikel veröffentlicht, in welchem darüber spekuliert wurde, ob neben der bestehenden, nicht fündigen Bohrung „Stapel Z1“ eine neue Bohrung angesetzt werden soll. In dem Artikel mit der Überschrift „Stochern im Dunkeln“ wurde aber auch erwähnt, dass der Betreiber, die ExxonMobil Production Deutschland GmbH (EMPG) plane, die Bohrung zu verfüllen.

Lokation der Erdgasbohrung „Stapel Z1“, Bildquelle: NIBIS Kartenserver des LBEG

Die einstige Teilfeldsuchbohrung “Stapel Z1″ wurde 1989/1990 am Nordwestrand des Erdgasfeldes Rotenburg/Taaken abgeteuft, konnte jedoch kein Erdgas nachweisen. Sie wurde im Anschluss lediglich teilverfüllt und als Versenkbohrung zur Lagerstättenwasserentsorgung getestet. Insgesamt wurden 43,5 m³ (entspricht zwei Tankwagen) versenkt. Quelle dieser Angaben ist die Seite der Bügerinitiative (BI) “Frack-loses Gasbohren im LK Rotenburg/Wümme”, die allerdings diese Menge unüblicherweise in Liter angibt, also mit einem 1.000-fach höheren Betrag.

Aufgrund der Tendenziösität des damaligen Artikels erschien dazu hier auf dem Blog der Beitrag „Kreiszeitung spekuliert über angeblich neue Erdgasbohrung“, in dem vor allem kritisiert wurde, dass der Autor Partei für die Gegner der Erdgasförderung ergreift. Das Auf-die-Seite-der Erdgasförderungsgegner-schlagen wurde vor allem im letzten Satz des Artikels deutlich:

Den Menschen in Stapel und Horstedt bleibt nur die bange Hoffnung, von weiteren Gasbohrungen (vorerst) verschont zu bleiben.

Seltsam, dass fast über 30 Jahre hinweg – bevor die Angstschürerei 2011 begann – die Menschen keinen Anstoß an der Erdgaserkundung sowie -förderung vor ihrer Haustür genommen haben. Doch plötzlich sollen Bohrungen auf Erdgas eine nichthinnehmbare Belastung darstellen? Sicherlich gab es an einigen Stellen im Zusammenhang mit der Erdgasgewinnung räumlich begrenzte Kontaminationen mit Schadstoffen, doch eine großflächige oder gar permanente Belastung konnten weder der Naturschutzbund Deutschland noch das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) nachweisen.

Doch jetzt nach etwa einem Jahr kommt Licht ins vermeintliche Dunkel und es wird klar, dass Redakteure besser beraten sind, sich auf offizielle Bekanntgaben zu stützen als auf Gerüchte, die sie aus der Bevölkerung aufschnappen und sich dabei schlimmstenfalls auf Aussagen von Anti-Erdgasförderungsaktivisten zu verlassen.

Denn inzwischen ist klar geworden, dass im damaligen Artikel einiges durcheinandergebracht wurde. So wurde seinerzeit der Bürgermeister Heinz Dieter Gebers des Ortes Horstedt folgendermaßen zitiert:

„Ich habe von Exxon die Information bekommen, dass die alte Bohrstelle aufgegeben wird, weil sie nicht ergiebig ist. Und dass daneben eine neue Bohrstelle geplant ist.“

Ins gleiche Horn stieß Klaus Dieter Szczesny, der für die Grünen im Horstedter Gemeinderat sitzt und offenbar als Sprecher der Bürgerinitiative Frackloses Gasbohren seit Jahren gegen die Erdgasgewinnung in der Region agiert:

„Im Gemeinderat wurde bekanntgegeben, dass Exxon das Gasfeld durch eine zweite Bohrung erweitern will. Das ist nicht zu vermeiden. Die Industrie kann machen was sie will.“

Dem widersprach die EMPG. Es sei geplant, die Bohrung aufzugeben, weil diese nicht fündig war, so deren Sprecher Klaus Torp im März 2014. Aber auch das LBEG hatte keine Kenntnis über eine geplante neue Bohrung. Es ist zudem fraglich, wie ein nichtexistentes Erdgasfeld um eine zweite Bohrung erweitert werden kann, wie von Herrn Szczesny behauptet.  Dessen Behauptung, dass die Industrie machen könne, wass sie wolle, ist schlichtweg unwahr und allein schon dadurch widerlegt, dass z.B. Anträge auf Fracmaßnahmen trotz unverändeter Gesetzeslage seit Jahren nicht genehmigt werden.

Sieben Monate nach dem Artikel bei der Rotenburger Kreiszeitung erschien ein weiterer, der sich dem Thema Erdgasförderung im Gebiet nordwestlich von Rotenburg/Wümme befasste. Dieser bekam die Überschrift „Wir wollen hier in Frieden leben“. Thematisiert wurde die anberaumte Aufgabe der Förderbohrung „Taaken Z1“, die ebenfalls von der EMPG betrieben wurde sowie eine eventuelle Neubohrung mit der Bezeichnung „Taaken Z3“ unmittelbar daneben.

Hier werden Parallelen zur Aussage des Bürgermeisters Gebers und von Herrn Szczesny deutlich. Doch beziehen sich diese auf eine vollkommen andere Lokation. Die Bohrung „Taaken Z1“ befindet sich zwar auch auf dem Gemeindegebiet von Horstedt, jedoch fast drei Kilometer südsüdöstlich der nichtfündigen Bohrung „Stapel Z1“. Wer letztenendes was durcheinandergebracht hat, ist unklar.

Damit bestätigt sich die zuvor getroffene Empfehlung, dass Redakteure besser beraten sind, sich auf offizielle Bekanntgaben zu stützen als auf Gerüchte, die sie aus der Bevölkerung aufschnappen und sich schlimmstenfalls dabei auf Aussagen von Aktivisten zu verlassen.

Denn als die Verfüllung der Bohrung „Taaken Z1“ anstand informierte die EMPG darüber (Verfüllung der Bohrung Taaken Z1), genauso wie über den Abschluss der Arbeiten (Bohrung Taaken Z1: Verfüllungsarbeiten abgeschlossen). Ebenso wurde über die inzwischen wohl abgeschlossene Verfüllung der Bohrung „Stapel Z1“ informiert (Verfüllung der Bohrung Stapel Z1).

Letzten Endes bestätigt sich wieder einmal, dass gegenwärtig Artikel/Beiträge in offiziellen Medien, die sich mit der Kohlenwasserstoffgewinnung, insbesondere Erdgas, befassen, mit äußerster Vorsicht zu genießen sind. Viel zu häufig wird spekuliert, anstatt sich an Fakten zu halten. Viel zu oft wird dabei die Meinung von Aktivisten für bare Münze genommen. Und quasi permanent werden vermeintliche „Experten“ konsultiert anstatt  die Expertise von Fachleuten einzuholen.

 

Journalistische Tiefpunkte in der #Fracking Debatte Teil II

Am 1. April 2015 gab die Bundesregierung bekannt, die geplanten Gesetzesverschärfungen hinsichtlich inländischer Erdgasgewinnung im Allgemeinen und des Einsatzes von Hydraulic Fracturing („Fracking“) umsetzen zu wollen. Es fühlten sich mehrere Journalisten dazu berufen, in Kommentaren das Vorhaben zu kritisieren. Ihrer Fakten entbehrenden Meinung nach hätte das Standardverfahren komplett verboten werden müssen.

Fracarbeiten auf der Tightgasbohrung "Söhlingen Z15" Quelle: WEG Wirtschaftsverband Erdöl- und Erdgasgewinnung e.V.

Fracarbeiten auf der Tightgasbohrung „Söhlingen Z15“
Quelle: WEG Wirtschaftsverband Erdöl- und Erdgasgewinnung e.V.

 Zu den Journalisten gehörten Silvia Liebrich von der Süddeutschen Zeitung sowie der WDR/ARD-“Energieexperte” Jürgen Döschner. Ihre Kommentare wurden bereits in Teil I kritisch diskutiert. Es wurde dargelegt, dass ihre Meinungen argumentativ nicht belegt werden konnten, was einen gelungenen Kommentar auszeichnet. Es war kaum zu erwarten, dass dieses Niveau unterboten werden könnte. Doch dass das möglich ist, beweist ein ebenfalls am 1. April 2015 erschienener Kommentar von Anna-Beeke Gretemeier vom Magazin „Stern“.

Die Richtung wird bereits mit der Schlagzeile „Verbietet Fracking in Deutschland!“ vorgegeben. Angeblich wolle das sowieso keiner und angeblich gäbe es gute Gründe, warum dem so sei.

Eine solch absolute Bewertung, wie sie Gretemeier trifft, hat in einem guten journalistischen Kommentar nichts zu suchen. Denn ein Charakteristikum eines gelungenen Kommentars ist, dass darin getroffene Aussagen argumentativ belegt werden, was nicht der Fall ist und zudem nicht möglich. Denn es gibt hierzulande zahlreiche Mitbürger, die zumindest kein Problem damit haben, dass das Fracverfahren weiterhin zur Erschließung von Erdöl- und Erdgaslagerstätten sowie auf anderen Einsatzgebieten zur Anwendung kommt. Frau Gretemeier wird es kaum für möglich halten, aber es gibt sogar Befürworter, die nicht auf der Gehaltsliste von Explorations- und Produktionsunternehmen stehen. Ich verweise an dieser Stelle auf den geschätzten Blogger-Kollegen Quentin Quencher und seinen Artikel „Warum in Deutschland gefrackt werden sollte“.

Im Kommentar Gretemeiers wird deutlich, dass sie sich mit der Technologie, die sie verboten sehen will, weder sachlich noch fachlich auseinandergesetzt hat. Sie schreibt:

Bei dieser Gasförderungsmethode wird ein Gemisch aus Wasser, Sand und Chemikalien unter großem Druck in tiefe Erdschichten gepresst. Das Gestein bricht auf und setzt Erdgas frei, das mit herkömmlichen Bohrungen nicht gefördert werden könnte.

Zunächst einmal ist Hydraulic Fracturing keine „Gasförderungsmethode“. Vielmehr ist es eine Methode, bei der durch Druckübertragung mittels einer Flüssigkeit (Hydraulik) Risse (englisch: fractures) in Festgestein erzeugt werden. Das Bohrlochdesign unterscheidet sich dabei nicht von anderen Tiefbohrungen zur Gewinnung von Erdöl, Erdgas oder Thermalwässern. Hier offenbart sich ein weiteres Missverständnis: Hydraulic Fracturing ist kein Bohrverfahren! Es kann erst nach fertiggestellter Bohrung durchgeführt werden.

Sie schreibt weiter, dass das Verfahren ein „Megageschäft für Energiekonzerne“ wäre. Das ist interessant, ist doch in seit mehreren Monaten in deutschen Medien immer wieder zu lesen, dass „Fracking“ sich nicht lohne. In dieser Uneinigkeit sind sich viele Journalisten und „Fracking“-Gegner offenbar einig. Einerseits ist von Profitgier die Rede, andererseits soll sich die Anwendung des Verfahrens ökonomisch nicht lohnen. Ökologisch sei es sowieso ein Desaster:

Und ein Riesenproblem für die Umwelt: Die Chemikalien belasten das Grundwasser nachhaltig. Eine erhöhte Erdbeben-Gefahr kann auch nicht ausgeschlossen werden.

Via Twitter fragte ich Frau Gretemeier, ob sie einen konkreten Fall benennen könne, wo Grundwasser (nachhaltig) durch die dem Fracfluid in geringer Konzentration beigemengten Chemikalien belastet wurde. Eine Antwort blieb aus. Vorsichtshalber verwies ich auf eine Einschätzung des Berufsverbandes Deutscher Geowissenschaftler (BDG). Dem BDG-Artikel „Fracking nicht verteufeln!“ ist u.a. zu entnehmen:

Die Hauptargumente der Fracking-Kritiker, die Verunreinigung des Trinkwassers und die Auffassung, Fracking könne Erdbeben auslösen, haben nach Auffassung des BDG wenig Bestand: Seit diese Technik in Deutschland eingesetzt wird, ist kein einziger Fall einer Grundwasserverunreinigung durch Fracking aufgetreten und die Auswirkungen des Frackings können zwar seismisch gemessen werden, sind aber in der Regel weit unter der Spürbarkeitsgrenze. In Deutschland ist es bei keiner der bisher durchgeführten Frackingmaßnahmen zu einem spürbaren Beben gekommen.

International betrachtet verhält es sich kaum anders. So kann Prof. Dr. Brian Horsfield vom GeoForschungsZentrum Potsdam in einem Interview von April 2013 lediglich bestätigen, dass bei über 2,5 Millionen Fracmaßnahmen weltweit nur ein einziger Fall dokumentiert ist, bei dem Fracfluid ins Grundwasser aufstieg.

Aus einer Zusammenfassung von Forschungsergebnissen hinsichtlich des Erbebenrisikos im Zusammenhang mit Fracaktivitäten der Durham University geht hervor,  dass die Wahrscheinlichkeit von spürbaren Beben sehr gering ist und das speziell auf gasführende Tonsteine (Schiefergaslagerstätten) bezogen ein besseres geologisches Verständnis dieser die Risiken minimiert werden können („What size of earthquakes can be caused by fracking?“). Bis 2013 konnten lediglich vier spürbare Beben dokumentiert werden. Kein einziges davon war ein Schadensbeben. Allem Anschein nach ist es für viele Journalisten zu kompliziert, wisenschaftliche Erkenntnisse zum Thema zu recherchieren. Dementsprechend ist es wenig verwunderlich, welchen, mit Verlaub, weiteren Unfug sich Frau Gretemeier aus den Fingern saugt.

Sie fährt fort, dass die Gesetzesänderungen „ein völlig verunglückter Mix aus den Interessen der Energiekonzerne und den Erfordernissen des Umweltschutzes“ wären. Kurioserweise sind aber keine Freudengesänge der „Konzerne“ zu vernehmen. Im Gegenteil: Aufgrund der verschärften Regularien halten sie es nicht für ausgeschlossen, dass die inländische Gewinnung von Erdöl und Erdgas zum Erliegen kommt. In einer Pressemitteilung vom 01. April 2015 äußert sich der Vorsitzende des Wirtschaftsverbandes Erdöl- und Erdgasgewinnung e.V. (WEG), Dr. Gernot Kalkoffen, wie folgt:

Die vorgeschlagenen Regelungen sind zum Teil überzogen, sodass sie zur Stilllegung der deutschen Erdöl- und Erdgasproduktion führen können.

Weiterhin beklagt die Kommentatorin, dass außerhalb der anberaumten Ausschlussgebiete Probebohrungen möglich seien und in Ausnahmefällen kommerzielles Fracking (sie meint wohl kommerzielle Förderung von Schiefergas) möglich wäre, worüber eine Kommission zu befinden hätte. Sie fragt, wer denn definiere, was eine Ausnahme sei und bezeichnet die Antwort des Gesetzgebers als „irre“:

Darüber soll – ab 2019 – eine von Bundeskanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) vorgeschlagene Expertenkommission entscheiden. Natürlich werden in dieser Kommission auch Vertreter der Energielobby sitzen, die alles dafür tun werden, dass ihnen das Fracking-Geschäft nicht entgeht.

Da irrt die Autorin aber gewaltig. Diese irre Antwort gibt es überhaupt nicht. Denn der Kommission, die von der Bundesregierung eingesetzt wird, gehört kein einziger Vertreter der „Energielobby“ an. Vielmehr sind vertreten:

  1. ein Vertreter der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR),
  2. ein Vertreter des Umweltbundesamtes (UBA),
  3. ein Vertreter eines Landesamtes für Geologie, das nicht für die Zulassung der Erprobungsmaßnahmen zuständig ist,
  4. ein Vertreter des Helmholtz-Zentrums Potsdam Deutsches GeoForschungsZentrums (Helmholtz-Gesellschaft),
  5. ein Vertreter des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung Leipzig sowie
  6. ein vom Bundesrat benannter Vertreter einer für Wasserwirtschaft zuständigen Landesbehörde, die nicht für die Zulassung der Erprobungsmaßnahmen zuständig ist.

Diese Auflistung ist der Seite „Fragen und Antworten zum Entwurf des Regelungspakets „Fracking““ des Bundesumweltministeriums zu entnehmen. Vielleicht hätte Frau Gretemeier (dort) recherchieren sollen, anstatt hanebüchenen Unsinn, der ihrer vorurteilsschwangeren Phantasie entsprungen zu sein scheint, zusammenzuschreiben.

Obwohl es quasi unmöglich ist, schafft es die Journalistin zum Ende ihres Kommentars dieser Desinformation noch die Krone aufzusetzen:

Auch wenn im Koalitionspapier steht, dass keine hochgiftigen Chemikalien in Deutschland eingesetzt werden sollen, sind sich viele Bürger laut Umfragen einig: Fracking gehört verboten.

Diverser im Internet abrufbarer Sicherheitsdatenblätter nach wurden bei den 100erten Fracjobs in Deutschland noch nie als „hochgiftig“ eingestufte Chemikalien in Rezepturen für Fracfluide verwendet. Um das herauszufinden muss man allerdings die Seiten der „Energielobby“ aurufen. Offenbar ein No-go nicht nur für Frau Gretemeier. Aber das ist an dieser Stelle nebensächlich.

Interessanter ist vielmehr die These, dass angeblich laut Umfragen „viele Bürger“ sich einig wären, dass „Fracking“ verboten gehöre. Das ist insofern seltsam, als dass Frau Gretemeier eingangs ihres Kommentars behauptete, dass keiner „Fracking“ wolle. Als Beleg ihrer These wird in ihrem Kommentar auf einen Artikel verlinkt, der die Ergebnisse einer Forsa-Umfrage widergibt. Mit keiner Silbe wird die These der Journalistin gestützt. Vielmehr ist zu lesen:

Fast jeder zweite der Befragten (48 Prozent) sehe Fracking als Option, um den Energiebedarf in Deutschland in Zukunft zu sichern – jedoch unter strengen Umwelt-Auflagen.

Frau Gretemeier ist es somit gelungen, vom Anfang des Kommentars bis zu dessen Ende Behauptungen und Thesen aufzustellen, die nicht nur unfundiert, sondern teilweise schlicht unwahr sind. Ersteres ist das Ergebnis des Ignorierens wissenschaftlicher Erkenntnisse und jahrzehntelanger praktischer Erfahrungen. Zweiteres, und das ist besonders bitter, dürfte einerseits das Ergebnis mangelhafter Recherche, andererseits auf die voreingenommene Meinung der Autorin zurückzuführen sein.

Artikelfoto: Fracarbeiten in der Erdgasbohrung Söhlingen Z15. Für die damals relativ neue Verknüpfung der Horizontalbohrtechnik mit mehrfacher Fracanwendung in einer einzigen Bohrung gewann das Projekt den Preis „Deutschland – Land der Ideen.“ im Jahr 2006. Im heutigen „Land der Bedenkenträger“ kaum vorstellbar.

Journalistische Tiefpunkte in der „Fracking“-Debatte dargestellt an zwei Beispielen

Kommentare stellen im Journalismus einen Meinungsbeitrag zu einem bestimmten Thema dar. Dabei sollte ein guter Kommentar dadurch gekennzeichnet sein, dass er nicht nur den Hintergrund erklärt und analysiert, sondern darüber hinaus dadurch, dass die Meinung des Autoren argumentativ belegt wird. Silvia Liebrich von der Süddeutschen Zeitung sowie der WDR/ARD-„Energieexperte“ Jürgen Döschner haben mit ihren Kommentaren zu den vom Bundeskabinett beschlossenen „Fracking-Gesetzen“ diese Anforderungen klar verfehlt.

Erdgasförderung und bohrlochnahe Verstromung auf der Lagerstätte "Langensalza" im Thüringer Becken

Erdgasförderung und bohrlochnahe Verstromung auf der Lagerstätte „Langensalza“ im Thüringer Becken ©chef79

Zunächst soll der Kommentar von Frau Liebig, der bereits den tendenziösen Titel Fracking-Gesetz Wie einer gefährlichen Technologie der Weg geebnet wird“ trägt, näher beleuchtet werden.

Bereits aus der Überschrift lässt sich erschließen, dass sich die Kommentatorin nicht im Ansatz auf wissenschaftlich fundierter Basis mit dem Thema befasst hat. Diese angeblich gefährliche Technologie des Hydraulic Fracturing ist bereits 1947 erstmalig angewendet worden und wurde 1949 patentiert. Seitdem ist sie mindestens 2,5 Millionen Mal weltweit in Erdöl- und Erdgaslagerstätten eingesetzt worden, um durch Druckübertragung mittels einer Flüssigkeit („Hydraulik“) Risse (englisch „fractures“) in Festgestein zu erzeugen. Dadurch können Erdöl und Erdgas optimaler zum Bohrloch strömen oder es werden überhaupt erst Fließwege geschaffen.

Frau Liebrich beklagt, dass vom eingeschlagenen Weg der Bundesregierung, die „umstrittene Fracking-Methode wegen ihrer unkalkulierbaren Risiken weitgehend zu verbieten“ nicht viel übrig geblieben ist. Den vorgelegten Gesetzesentwurf bezeichnet sie als faulen Kompromiss.

Sie beklagt weiterhin, dass „die gefährliche Technologie“ nicht aus Deutschland verbannt wird, sondern ihr sogar der Weg „durch die Hintertür“ geebnet wird. Zudem ist Frau Liebrich der Ansicht, dass „Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel und Kanzlerin Angela Merkel die Interessen der Industrie über die der Bürger gestellt“ haben.

Schließlich ist die Autorin der Ansicht, dass eine Regierung, die sich Klimaschutz Energiewende auf die Fahnen geschrieben hat, anders hätte handeln müssen. Denn es wäre bekannt, dass „die geringen deutschen Schiefergasvorkommen weder ökologisch noch ökonomisch sinnvoll nutzbar sind“ und somit ein „Fracking“-Verbot „kein wirtschaftlicher Verlust für Deutschland“ gewesen wäre.

Wie eingangs dargelegt stellt ein journalistischer Kommentar einen Meinungsbeitrag dar. Doch wie ist es um die Erklärung und Analyse bestellt, wie um die argumentative Belegung der Meinung? Um es vorwegzunehmen: Schlecht!

Denn „umstritten“, ein Lieblingswort des deutschen Qualitätsjournalismus, ist dieses Verfahren erst, nachdem es infolge des durch Falschbehauptungen geprägten Filmes „Gasland“ in das Bewusstsein der Öffentlichkeit gelangte. Zuvor hatte über 50 Jahre hinweg kaum jemand Notiz davon genommen, dass dieses Verfahren allein in niedersächsischen Erdgaslagerstätten über 300 Mal durchgeführt wurde. Dabei ist kein einziger Fall einer Umweltbeeinträchtigung dokumentiert worden. Diese Tatsache widerspricht eklatant der Beurteilung Liebrichs, dass es sich um ein Verfahren mit unkalkulierbaren Risiken handele.

Von der aktuellen sowie von der vorangegangenen Bundesregierung in Auftrag gegebene Studien sind ebenfalls nicht der Ansicht der SZ-Journalistin. Die von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) selbst verfasste Studie „Abschätzung des Erdgaspotenzials aus dichten Tongesteinen (Schiefergas) in Deutschland“ betrachtet auch Umweltaspekte des für die Lagerstättenerschließung notwendigen Hydraulic Fracturing und kommt zu dem Schluss, dass das Verfahren unter Beachtung der bereits geltenden Regularien umweltverträglich durchführbar ist.

Außerdem beauftragte das dem Bundesumweltministerium unterstellte Umweltbundesamt (UBA) externe Gutachter mit einer zweiteiligen Risikostudie. In keinem der beiden Teile kamen die Autoren im Ergebnis zu dem Schluss, dass ein Verbot von Hydraulic Fracturing, insbesondere in Schiefergaslagerstätten, gerechtfertigt sei. Im Gegenteil: Der Chefautor des zweiten Gutachtens, Uwe Dannwolf, widersprach sogar öffentlich der Interpretation der UBA-Präsidentin Krautzberger, dass es sich beim „Fracking“ um eine „Risikotechnologie“ handele. Dem Gutachten wären solche Worte nicht zu entnehmen, sagte Dannwolf gegenüber dem NDR („Das schlechte Image von Fracking“).

Dass die Bundesregierung die Interessen der Industrie über die der Bürger stellt, wie von Frau Liebrich behauptet, muss in zweierlei Hinsicht in aller Deutlichkeit widersprochen werden!

Denn nachdem, was von seiten der Industrie zu vernehmen ist, zeigt diese sich alles andere als begeistert von den Gesetzesverschärfungen. Als Beleg folgendes Zitat aus einer Pressemitteilung des Wirtschaftsverbandes Erdöl- und Erdgasgewinnung e.V. (WEG) vom 9. März 2015:

„Die Gesetzesvorlagen sind ein guter Ansatz, können aber zu unverhältnismäßig hohen Belastungen führen“, so Kalkoffen (Anm. des Verfassers: Vorsitzender des WEG). Die geplanten Auflagen werden die Produktionskosten für deutsches Erdgas erhöhen. Noch gravierender ist der Verlust von mehr als 20 Prozent der Reserven durch großflächige Ausschlussgebiete. Zusätzlich werden Umweltverträglichkeitsprüfungen und wasserrechtliche Erlaubnisse die Genehmigungsverfahren deutlich verlängern und Investitionsentscheidungen erschweren.

Außerdem ist es grundsätzlich falsch, von den Bürgern zu sprechen, die ihre Interessen denen der Industrie unterzuordnen haben. Als Einwohner dieses Landes sollte man aus mehreren Gründen daran interessiert sein, dass (Energie-)Rohstoffe im eigenen Land gewonnen werden. Dazu zählen z.B. fiskalische wie die Erhebung der Förderabgabe (Niedersachsen nimmt jährlich 100e Millionen Euro aus der Förderabgabe auf Erdgas ein). Dazu zählt weiterhin die Verringerung der Importabhängigkeit und somit eine Optimierung der Versorgungssicherheit. Immerhin heizen 50 Prozent der deutschen Haushalte, und das ist der zweite Punkt, warum Bürger an einer sicheren Versorgung Interesse haben sollten,  mit Erdgas. Und daran wird sich auf absehbare Zeit wenig ändern.

Zum ökonomischen und ökologischen Aspekt, den Frau Liebrich anspricht: Die inländischen technisch gewinnbaren Schiefergasvorkommen, die nur nach Anwendung des Fracverfahrens gewonnen werden können, werden von der BGR auf bis zu 2,3 Billionen Kubikmeter geschätzt. Das ist mehr als das doppelte Volumen, was in den letzten 50 Jahren in Deutschland an Erdgas insgesamt gewonnen wurde. Diese 2,3 Billionen Kubikmeter entsprächen theoretisch auf  den gegenwärtigen Erdgasverbrauch Deutschlands in Höhe von ca. 90 Milliarden Kubikmeter bezogen einer Eigenversorgung von etwas über 25 Jahren. Da eine solch intensive Abförderung auf stabilem Niveau technisch nicht machbar ist, wäre ein Eigenversorgungsanteil von 20 Prozent über 100 Jahre hinweg realistischer. Von ökonomischer Unsinnigkeit kann also keine Rede sein.

Was den ökologischen Aspekt betrifft: Importiertes Erdgas wird teilweise unter abenteuerlichen Bedingungen, was den Umweltschutz betrifft, in ökologisch sensiblen Regionen gewonnen. Hinzu kommen energetische Verluste durch die energieintensive Verdichtung des Erdgases beim Pipelinetransport bzw. durch die Verflüssigung zu Liquified Natural Gas (LNG), um einen Transport per Schiff zu ermöglichen.

Erdgasgewinnung vor der Haustür unterliegt hingegen bereits gegenwärtig strengen Umweltauflagen. Umweltbeeinträchtigungen können zwar nicht ausgeschlossen werden und sind räumlich eng begrenzt dokumentiert worden. Jedoch werden bei Schadensfällen umgehend Gegenmaßnahmen ergriffen. Dass energieintensive Transportwege zum Endverbraucher erheblich reduziert werden, versteht sich von selbst. In Thüringen z.B. wird das dort gewonnene Erdgas bohrlochsnah verstromt (siehe Artikelfoto). Nach Ansicht des Verfassers ein begrüßenswertes Konzept für die inländische Schiefergasgewinnung.

Wie vorweg genommen ist der Kommentar von Frau Liebrich von viel Meinung geprägt. Es werden jedoch weder Hintergründe erläutert noch analysiert noch ist die Meinung argumentativ belegt. Die wissenschaftliche Grundlage fehlt stattdessen, wie beschrieben, vollkommen.

Einer wissenschaftlichen Grundlage entbehrt auch der Kommentar „Kapitulation vor der Erdgas-Lobby“ von Jürgen Döschner bei WDR5 vom 1. April 2015. Döschner wird regelmäßig als „Energieexperte“ beim WDR und bei der ARD konsultiert, obwohl er als Journalist und Historiker kaum über Expertise in Energiefragen, insbesondere in technischer Hinsicht, verfügen dürfte. Und Nein! Das Lesen von Studien, vorwiegend aus dem Hause Greenpeace, der Energy Watch Group und ähnlicher grünpolitischer Gruppierungen genügt nicht, um sich Expertise auf dem genannten Gebiet anzueignen.

Döschner attestiert in seinem Kommentar der Bundesumweltministerin fehlenden Mut, da sie, im Widerspruch zu ihrer persönlichen Haltung, ein Gesetzespaket präsentiert, welches nach Döschners Ansicht „die Tür zum Fracking in Deutschland öffnet“.

Als Gegenbeispiel führt Döschner Angela Merkels „Mut und Entschlossenheit“ an, nach der „Katastrophe in Fukushima acht AKW sofort abschalten [zu] lassen, und den endgültigen Ausstieg aus der Atomkraft“ einzuleiten.

Nach Döschners Meinung hätte Hendricks die zahlreichen Paragrafen, eine umfangreiche Seitenanzahl von Gesetzesnovellen und Begründungen etc. „sich und uns ersparen können“. Sie hätte einfach das geltende Moratorium durch ein schlichtes Fracking-Verbot fortschreiben können.

Hendricks Argumentation, dass ein grundsätzliches Verbot unvereinbar mit der Verfassung wäre und den Verweis auf Gewerbefreiheit und Freiheit der Forschung und Wissenschaft ist für Döschner „schlicht Unfug“. Dabei zieht er erneut Parallelen zum „Atomausstieg“. Denn „denselben Argumenten  Atommoratorium und der Ausstiegsbeschluss seinerzeit auch keinen Bestand gehabt“.

Stattdessen sieht Döschner die geplanten Gesetzesänderungen als Kapitulation vor den Interessen mächtiger Gruppen, im konkreten Fall der Erdöl- und Erdgasindustrie (das ist doch eigentlich nur eine Gruppe?). Er behauptet:

Exxon, Wintershall und Co. reiben sich die Hände. Denn wenn dieses Gesetzespaket so verabschiedet wird, dann haben sie ihre wesentlichen Ziele erreicht: Sie haben ein generelles Fracking-Verbot in Deutschland verhindert. Sie haben unter dem Deckmantel von wissenschaftlichen Probebohrungen die Tür zum Fracking in Deutschland geöffnet.

Ähnlich wie Frau Liebrich ist Döschner der Ansicht, dass die Interessen der Industrie bedient worden sind. Doch er sieht einen Silberstreifen am Horizont:

Bundestag und Bundesrat haben durchaus noch die Möglichkeit, mutig und entschlossen – wie einst beim Ausstieg aus der Risikotechnologie Atomkraft – nun den Einstieg in die Risikotechnologie Fracking zu verhindern.

Was an Döschners Kommentar zunächst auffällt, ist, dass er auf die Person der Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) fixiert ist. Dabei sind die geplanten Gesetzesänderungen ein Gemeinschaftswerk des Bundesumweltministeriums sowie des Bundeswirtschaftsministeriums unter Leitung von Sigmar Gabriel (SPD). Die Rolle Gabriels zu unterschlagen, ist ein ziemlich peinlicher Fauxpas für einen als Energieexperten gehandelten Journalisten.

Bundeskanzlerin Merkel „Mut und Entschlossenheit“ bezüglich des Hals über Kopf beschlossenen „Atommoratoriums“ und der Abschaltung von acht Kernkraftwerken zu attestieren, ist kaum weniger peinlich. Denn mit Mut und Entschlossenheit hatte Merkels Entscheidung, die vor dem Hintergrund der durch eine folgenschwere Naturkatastrophe eingetretenen Havarie mehrerer Blöcke des Kernkraftwerkes Fukushima-Daichii getroffen wurde, nichts zu tun. Sie zielte einzig und allein darauf ab, dass die CDU die Landtagswahl in Baden-Württemberg gewinnt. Genutzt hatte der panische Aktionismus Merkels, wie wir heute wissen, nichts.

Döschners Meinung, Hendricks hätte das „geltende Moratorium“ in ein „Fracking“-Verbot münden lassen können, ist nicht haltbar. Zunächst gibt es kein „geltendes“ Moratorium. Nirgendwo ist eine Quelle zu finden aus der hervorgeht, dass die jetzige oder die vorangegangene Bundesregierung ein solches Moratorium verhängt hätte. Es verhält sich stattdessen so, dass die Industrie auf Klage zur Bearbeitung ihrer Anträge verzichtet. Darauf hätte sie Anspruch, denn an der Gesetzeslage hat sich bislang nichts geändert.

Lediglich Nordrhein-Westfalen hat ein Moratorium offiziell verhängt. Doch Walter Frenz, Professor für Bergrecht an der RWTH Aachen, äußerte gegenüber der Wirtschaftswoche in einem Artikel vom 28. Juni 2014: „Die Moratorien der Bundesländer gegen Fracking sind eindeutig rechtswidrig“.

Hinzu kommt, dass die wissenschaftliche Grundlage als Begründung für ein Verbot einfach nicht vorhanden ist. Es ist schon ein starkes Stück, dass die Bundesregierung Studien in Auftrag gibt, die das Risiko des Hydraulic Fracturing bewerten sollen, letzten Endes den Darstellungen und Handlungsempfehlungen nicht Folge leistet, sondern Gesetzesänderungen auf den Weg bringt, die sich an den wesentlich weniger restriktiven Empfehlungen nicht orientieren. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, warum überhaupt Studien in Auftrag gegeben werden, wenn die Ergebnisse schlichtweg ignoriert werden.

Dementsprechend ist es nicht nachvollziehbar, wie Herr Döschner zu der Erkenntnis gelangt, dass Hendricks bzw. die Bundesregierung insgesamt vor den Interessen der Industrie kapituliert hat. Dass die „Erdgaslobby“ sich die Hände reibt, wie Döschner behauptet, ist nicht zu erkennen. In einer ebenfalls am 1. April 2015 erschienenen Pressemitteilung des „Lobbyverbandes“ WEG wird dessen Vorsitzender Dr. Kalkoffen folgendermaßen zitiert:

„Die vorgeschlagenen Regelungen sind zum Teil überzogen, sodass sie zur Stilllegung der deutschen Erdöl- und Erdgasproduktion führen können“

Nach Jubelgesang klingt dieses Zitat nicht und dem „Fracking“ wird durch die Gesetzesverschärfungen die Tür ebenfalls nicht geöffnet, sondern höchstens ein schmaler Spalt offen gelassen. Denn bislang wurden Fracmaßnahmen als bewährte Stimulationsmethode über Jahrzehnte hinweg genehmigt und in Deutschland ohne nachgewiesene Beeinträchtigung der Umwelt durchgeführt. Testweise bereits 2008 in einer Schiefergasbohrung in Niedersachsen.

Eine „Risikotechnologie“ stellt das Verfahren somit nach übereinstimmender Meinung von Fachleuten nicht dar. Lediglich Journalisten und grüne Lobbygruppierungen kommen zu dieser inevidenten Einschätzung, oftmals in engem Schulterschluss.

Was bereits bezüglich des Kommentars von Frau Liebrich festgestellt wurde, gilt auch für den Kommentar von Jürgen Döschner: Es werden weder Hintergründe erläutert noch analysiert noch ist die Meinung argumentativ belegt. Die wissenschaftliche Grundlage fehlt stattdessen, wie beschrieben, vollkommen.

Kleine Anekdote zum Abschluss: Via Twitter teilte ich Frau Liebrich mit, dass ihre Einschätzung, „Fracking“ sei „gefährlich“ und „unbeherrschbar“ jeglicher Grundlage entbehre. Darauf hin kam eine beleidigte Replik:

@St_Arndt Ich empfehl die Lektüre diverser Artikel, nicht nur von mir. Zu behaupten, die Grundlage fehle, ist schon ziemlich dreist.

Quentin Quencher, Betreiber des  Blogs Glitzerwasser und so wie ich ebenfalls Autor beim ScienceSkeptical Blog, sprang mir bei:

@SilviaLiebrich @St_Arndt kennt die »diversen Artikel« Ich auch. Aber Tatsachen interessieren weder Sie noch UBA.
http://glitzerwasser.blogspot.de/2013/02/warum-in-deutschland-gefrackt-werden.html

Schließlich präzisierte Peter Heller, ebenfalls von ScienceSkeptical:

@St_Arndt @SilviaLiebrich Frau Liebrich, es fehlt die fachwissenschaftliche Grundlage. Valide sind Sekundärquellen oft nicht.

Genauso ist es. Journalisten schreiben gerne voneinander ab, so dass nach dem „Stille-Post-Prinzip“ Aussagen von Primärquellen (Studien) bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt werden. Deshalb empfehle ich Silvia Liebrich: Lesen Sie Primärquellen. Bei Verständnisproblemen stelle ich mich gerne zur Verfügung!

Ölpreisverfall, unsichere Rechtslage im Inland und Russland-Sanktionen lassen Celler Förderindustrie leiden

Seit Sommer 2014 haben sich die Erdölpreise halbiert. Seit inzwischen vier Jahren wird ohne Ergebnis über das zuvor 50 Jahre angewandte Hydraulic Fracturing („Fracking“)debattiert. Eine drastisch erschwerende Genehmigungspraxis für dieses Standardverfahren, aber auch für Tiefbohrungen insgesamt, ist zu erwarten. Hinzu kommen noch Wirtschaftssanktionen gegenüber Russland. Keine guten Bedingungen für den Standort mehrerer Unternehmen, dem niedersächsischen Celle.

ITAG-Rig 27 auf Tightgas-Bohrung "Düste Z10" im Landkreis Diepholz ©chef79

ITAG-Rig 27 auf Tightgas-Bohrung „Düste Z10“ im Landkreis Diepholz ©chef79

Bereits im vergangenen Sommer meldete das in Celle beheimatete Unternehmen ITAG Kurzarbeit für seine gesamte Tiefbohrabteilung an. Betroffen sind ca. 250 Mitarbeiter, von denen teilweise die Hälfte gleichzeitig in Kurzarbeit sind. Laut des Artikels „Förderpläne auf Eis gelegt“ des „Weserkuriers“ vom 30. Januar 2015 sähe es nach Ansicht des ITAG-Personalleiters Detlev Doering bitter aus für die Branche, wenn bezüglich „Fracking“ nicht zügig ein verlässlicher Rechtsrahmen geschaffen würde. Der „Weserkurier“ spricht fälschlicherweie von einer Legalisierung des längst etablierten und somit erlaubten Verfahrens.

Doch die ITAG ist inzwischen nicht mehr das alleinige betroffene Unternehmen im „Klein-Houston“ Deutschlands am Südrand der Lüneburger Heide. Das geht aus einer Pressemitteilung der  Industrie- und Handelskammer (IHK) Lüneburg-Wolfsburg hervor. Die IHK befragte 20 Unternehmen der mit 8.000 Beschäftigten für Celle bedeutenden Erdöl- und Erdgasindustrie zu ihrer wirtschaftlichen Situation.

Durch den internationalen Preisverfall für Erdöl sehen sich 15 Prozent der Unternehmen stark und weitere 50 Prozent sogar sehr stark betroffen. Bislang konnten die Unternehmen noch von Altaufträgen zwhren, doch gehen bei zwei von drei Unternehmen die Auftragseingänge erheblich zurück und bei der Hälfte gab es Auftragsstornierungen. Sieben Unternehmen mussten bisher Mitarbeiter entlassen und weitere vier meldeten Kurzarbeit an. Drei Unternehmen sehen sogar ihren Fortbestand im Inland gefährdet.

Erschwerend zum Ölpreisverfall kommt die gesellschaftspolitische Situation rund um die Erdgas- und Erdölförderung und hierbei insbesondere die Diskussion um Haydraulic Fracturing hinzu. Denn mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen erwirtschaftet den größten Teil ihres Umsatzes am nationalen Markt. Dementsprechend sehen sich 28 Prozent und genausoviele sogar sehr stark vom faktischen (auf keiner Gesetzesgrundlage beruhenden) „Fracking“-Moratorium betroffen:

Den Unternehmen fehlt Rechtssicherheit, denn seit knapp zwei Jahren werden in Erwartung einer verschärften Gesetzgebung keine Genehmigungen mehr erteilt.

Das ist so nicht ganz richtig, denn mittlerweile sind vier Jahre ins Land gezogen, seidem in Niedersachsen keine Fracmaßnahme mehr genehmigt worden ist. Dabei hat sich an der Gesetzeslage nichts geändert, unter der zuvor Fracmaßnahmen genehmigt worden sind.

Eine weitere Belastung stellen die Wirtschaftssanktionen gegenüber und seitens Russlands dar. Betroffen sind insbesondere Unternehmen, die zu mehr als drei Vierteln (23 Prozent der Befragten) oder sogar vollständig (15 Prozent) ihren Umsatz im Ausland erwirtschaften. Von den Sanktionen sind 30 Prozent der Unternehmen stark und weitere 10 Prozent sehr stark betroffen.

Das Zusammentreffen der drei Faktoren würde im Falle eines Andauerns bedeuten, dass über die nächsten 12 Monate 70 Prozent der Befragten einen Rückgang der Investitionen, 60 Prozent Umsatzverluste und 40 Prozent weiteren Personalabbau voraussehen.

Gegen den Ölpreisverfall ist von bundespolitischer Ebene aus wenig bis gar nichts auszurichten. Bezüglich des Verhältnisses zu Russland dürfte ähnliches gelten, wobei die Chancen besser stehen. Doch was die Verhältnisse im Inland betrifft, hat die Politik die notwendigen Werkzeuge in der Hand, um für die Industrie und insbesondere deren Mitarbeitern einen Rechtsrahmen mit Investitionsperspektive zu schaffen. Dazu wäre es aber unabdingbar, endlich Fachleuten Folge zu leisten und nicht den Bedenkenträgern. So sieht der Vorstandsvorsitzender des GeoEnergy Celle e.V., Thor Noevig, die Politik in der Verantwortung:

Bohrprojekte wären auch heute noch genug vorhanden, werden aber nicht umgesetzt. Denn in den letzten Jahren haben sich die rechtlichen Rahmenbedingungen für Tiefbohrungen wesentlich verschlechtert. Das gefährdet nun Hunderte von Arbeitsplätzen.

Doch es sind nicht nur Arbeitsplätze gefährdet, sondern perspektivisch auch eine anteilige Versorgung mit durch im Inland gefördertes Erdgas.

Neben Celle dürften auch weitere Kommunen und Regionen von der teilweise hausgemachten Krise betroffen sein, die Unternehmen der Serviceindustrie beheimaten, wie z.B. Vechta und Umgebeung oder auch die sachsen-anhaltinische Kreisstadt Salzwedel.

Der Fracking-Treppenwitz und noch ein wenig mehr

Unter einem Treppenwitz verstand man ursprünglich einen geistreichen Gedanken, der einem nach einer Diskussionsrunde, quasi nach Verlassen des Raumes auf der Treppe einfällt und dementsprechend nicht mehr in die Diskussion eingebracht werden kann. Heutzutage versteht man darunter auch „Ironie des Schicksals“, „alberner Witz“ oder „unangemessenes, lächerliches Verhalten“ (Wikipedia).

Erdgasbohrung wird einer Fracmaßnahme unterzogen ("Goldenstedt Z23") Quelle: WEG Wirtschaftsverband Erdöl- und Erdgasgewinnung e.V.

Erdgasbohrung wird einer Fracmaßnahme unterzogen („Goldenstedt Z23“)
Quelle: WEG Wirtschaftsverband Erdöl- und Erdgasgewinnung e.V.

In gewissem Sinne ließe sich eine Information, die dem Artikel Kampf um sauberes Grundwasser : Schwansener WBV protestiert in Berlin“ der SHZ zu entnehmen ist, als Treppenwitz bezeichnen. In dem Artikel ist zu lesen (Rechtschreibfehler übernommen):

Ein eindeutiges Fracking-Verbot sei zurzeit in Deutschland nicht möglich, da die Methode beispielsweise bei der Förderung von Heilwasser und bei privaten Bierbrunnen seit Jahren (so in Niedersachsen) zu gelassen sei.

Moment, da war doch was: Eine der Kernforderungen von „Fracking“-Gegnern ist es, die Anwendung von hydraulischen Fracmaßnahmen in der näheren Umgebung von Heilwasserquellen zu verbieten, sofern sich das geforderte Totalverbot dieser bewährten minimalinvasiven Bergbautechnologie nicht durchsetzen ließe.

Selbst die von ExxonMobil beauftragten Wissenschaftler zur Erstellung einer „Fracking“-Risikostudie um deren Leiter Prof. Dr. Dietrich Borchardt empfahlen, zunächst keine Fracmaßnahmen in der näheren Umgebung von Heilwasserquellen durchzuführen. Da ExxonMobil zugesagt hatte, den Empfehlungen des Wissenschaftlerkreises Folge zu leisten, wurden die Kohleflözgaserkundungsbohrungen „Holte Z2“ sowie „Bad Laer Z2“ aufgegeben und verfüllt, da sie sich zu nahe an Heilwasserquellen befanden.

Eine weitere Kernforderung ist, dass in der Nähe von Brunnen, die der Wasserversorgung von Brauereien zur Bierherstellung dienen, Fracmaßnahmen nicht mehr erlaubt sein sollen. Mehr als einmal ging durch die Medien (z.B. hier: „Fracking gefährdet Reinheitsgebot des deutschen Biers“), dass die deutschen Bierbrauer „Fracking“ wegen befürchteter „Verseuchung“ durch die dem Fracfluid beigefügten Zusätze ihrer Brunnen ablehnen. Bier Pilsener Brauart enthält 5 % Ethanol. Ethanol ist ein gängiges Additiv von Fracfluiden. Dort wird es, wenn es benötigt wird, allerdings in erheblich geringeren Konzentrationen eingesetzt (Frac Focus.org -What Chemicals Are Used). Denn die Gesamtkonzentration aller Additive bei Gelfracs liegt bei ca. 5 % während für Fracmaßnahmen in Tongesteinen („Schiefergas“) die Konzentration lediglich ca. 0,2 Prozent beträgt.

Es wäre somit schon eine Ironie des Schicksals, um auf das Thema „Treppenwitz“ zurückzukommen, wenn durch ein ausnahmsloses „Fracking“-Verbot, wie von Heilwasserquellen- sowie Brauereien gefordert, keine neuen Heilwasserquellen oder Brauereibrunnen in Betrieb genommen werden könnten. Man könnte das Verhalten auch als „unangemessen und lächerlich“ bezeichnen, da es sich bei der Kontamination von Wässern im Untergrund durch Fracarbeiten um eine bis heute nicht verifizierte Befürchtung handelt.

Fragt man „Fracking“-Gegner nach einem konkreten Beispiel für die „Verseuchung“ von Grund- oder sogar Trinkwasser (da besteht ein Unterschied!) durch hydraulische Rissbildung in Festgesteinen, herrscht entweder betretenes Schweigen oder aber man will unter „Fracking“ den Gesamtprozess der Schiefergasgewinnung von der Exploration über die Förderung bishin zur Beseitigung von Abwässern verstehen.

Da davon auszugehen ist, dass beim Fracen von Brunnen keine chemischen Additive eingesetzt werden, bleibt noch das gerne kolportierte Risiko von Erdbeben durch „Fracking“. Tatsächlich hat es bei den inzwischen millionenfach durchgeführten Fracjobs allein in Erdgas- und Erdöllagerstätten seismische Ereignisse gegeben, die an der Oberfläche spürbar waren. Diese lassen sich an ein oder zwei Händen abzählen, was verdeutlicht, dass das Erdbebenrisiko durch Fracen gering ist („What size of earthquakes can be caused by fracking?“, Studie der Durham University).

Damit wäre der Treppenwitz im Artikel abgearbeitet, aber der Artikel bietet Stoff für mehr, da er wieder einmal verdeutlicht, dass Journalisten sich etwas aus den Fingern saugen, aber nicht ordentlich recherchieren. Dafür dürfte einerseits Zeitmangel, andererseits mangelndes Fachwissen verantwortlich sein oder schlimmstenfalls beides zusammen.

Es beginnt bereits damit, dass folgendes geschrieben wird:

Wasser ist ein lebensnotwendiges Elixier […] Dieses ist nach Ansicht des WBV bedroht, da ein Konsortium im Erlaubnisfeld Waabs eine Aufsuchungserlaubnis für eine Förderung von Erdöl und -gas angemeldet hat.

Bei dem angeblichen „Konsortium“ handelt es sich um das Unternehmen „Central Anglia A/S“ mit Sitz in Norwegen. Gesellschafter sind Privatpersonen, die bislang skandinavischen und deutschen Explorationsgeschäft tätig waren. Ein Konsortium stellt aber eine Zusammenarbeit von  mindestens zwei Unternehmen dar.

Es gibt zudem keine „Aufsuchungserlaubnis für eine Förderung von Erdöl und -gas „. Unterschieden wird nach Bundesberggesetz zwischen einer Aufsuchungserlabnis, die, wie die Bezeichnung schon sagt, Aufsuchungsaktivitäten dienen soll und einer Förderbewilligung nach erfolgreicher Aufsuchung. Das ist eigentlich auch logisch, da erst nach Fund infolge Suchens eine Förderung möglich ist. Das dürfte hiermit idiotensicher dargestellt sein.

Die reiselustigen Kritiker der geplanten Erkundungsmaßnahmen, die im Informationsschreiben „Explorationsprojekt Sterup“ dargestellt werden, befürchten eine Verschmutzung des Grundwassers durch Tiefbohrungen oder durch Fracarbeiten:

Die Delegation, […] trug ihre Sorgen um die Trinkwasserversorgung in Mittelschwansen vor. Das Grundwasser ist durch zwei unterhalb der Ostsee liegende Tonschichten geschützt – diese Schutzschichten könnten durch die Fracking-Methode zerstört werden.

Nein, diese Tonschichten unter der Ostsee, die angeblich das landseitige Grundwasser schützen sollen (kann mir anhand der Darstellung kein geologisches Abbild der Untergrundverhältnisse gedanklich vorstellen), können nicht zerstört werden. Einerseits lässt sich Ton nicht fracen, andererseits liegen diese Schutzschichten vertikal zu weit entfernt, um von Hydraulic Fracturing beeinträchtigt zu werden.

Dabei gibt es weder konkrete Pläne für Tiefbohrungen und schon gar keine zur Anwendung des standardmäßigen Hydraulic „Fracking“ Fracturing. Fracarbeiten werden aufgrund der Beschaffenheit der potenziellen Speichergesteine sogar von Central Anglis von vornherein ausgeschlossen. Zu gern verweise ich im Zusammenhang „Hydraulic Fracturing“ mit der „Fracking“-Angst in Schleswig-Holstein auf folgende Stellungnahme des durch den grünen Ministers Habeck geführten Umweltministerium (MELUR) von Schleswig-Holstein (SH):

4. Gab es in der Vergangenheit Fracking-Maßnahmen in Schleswig-Holstein ?

Ja, es gab mehrere Bohrungen mit dem Einsatz der Fracking-Methode. Diese Bohrungen fanden zwischen 1955 und 1994 überwiegend im Kreis Plön statt. Es gibt keine Hinweise, dass die Maßnahmen in dem betroffenen Gebiet zu schädlichen Umweltauswirkungen geführt haben.

Trotz dieser positiven Erkenntnis versucht Habeck alles in seiner Macht stehende, um Fracarbeiten zu verhindern, sofern auch nur der geringste Anlass bestehen könnte, solche durchzuführen.

Dazu wurde sogar in SH der Förderzins für Erdöl auf den Maximalwert von 40 % erhöht. Diese Anhebung, die durch Habecks MELUR fadenscheinig mit „Ressourcenschonung“ begründet wurde, veranlasste mehrere Unternehmen bezüglich Erkundungsarbeiten, die Segel zu streichen. Konsequenz: Keine weitere Erkundung, keine Bohrungen und somit auch keine Fracarbeiten, sofern sie überhaupt notwendig wären. Somit hat sich Habeck durch eine ideologische geprägte Entscheidung (Verhinderung von Lagerstättenerkundung auf Erdöl und damit Ausschluss des unwahrscheinlichen Einsatzes von Hydraulic Fracturing durch hohe Förderabgaben) eines vermeintlich leidigen Themas trotz besseren Wissens entledigt.

Die Delegation, u.a. bestehend aus Horst Böttcher, Hartmut Keinberger (Bürgermeister in Kosel), Fritz-Wilhelm Blaas (Bürgermeister in Barkelsby), Jens Kolls (Bürgermeister in Rieseby), Ulrike van Bargen (Bürgermeisterin in Thumby), Günther Wöhlk (Bürgermeister in Dörphof), Udo Steinacker (Bürgermeister in Waabs) und Sönke Greve (WBV-Verbandsmitglied) trug ihre Ängste und Befürchtungen vor Grundwasserverschmutzung durch Tiefbohrungen, die jeglicher Grundlage sowohl theoretisch als auch praxisbezogen entbehren, gegenüber Umweltministeriums-Staatssekretär Florian Pronold als auch den Bundestagsabgeordneten Dr. Johann Wadephul (CDU) und Sönke Rix (SPD) vor.

Der Staatssekretär aäußerte sich u.a. folgendermaßen:

Nach meinem Verständnis ist das Gebiet, von dem Sie berichten, eindeutig Wasserschutzgebiet.

Um zu befinden, was ein Wasserschutzgebiet ist oder nicht bedarf es nicht des Verständnisses irgendeines Staatssekretärs, der sich ein Urteil aufgrund von Beschreibungen erlaubt. Wasserschutzgebiete sind eindeutig definiert. Ihre äußere Grenze stellt gleichzeitig die äußere Grenze des Einzugsgebietes von Trinkwassergewinnungsbrunnen dar. Glaubt man einem als Zitat gekennzeichneten Satzes im Artikel, dann wollen die beiden Abgeordneten „alle Werkzeuge in Gang  setzen, um Probebohrungen gesetzlich zu verhindern.“

Wider einmal wird deutlich, dass sich Politiker nicht an Fakten orientieren, sondern an unbegründeten Ängsten und Befürchtungen. Den genannten Herren sei gesagt, dass in Deutschland Erdöl benötigt wird und das noch auf einen unübersehbaren Zeitraum, also mehr als zwei Generationen, benötigt wird. Unter nüchterner Betrachtung ist deshalb die Nutzung heimischer Vorkommen erstrebenswert. Nicht allein aus ökonomischen Gründen, sondern auch aus ökologischen.

Denn jedes Barrel im Inland geförderte Erdöl muss nicht unter hohen energetischen Aufwendungen importiert werden. Diese Aufwendungen bedeuten letztendlich stofflichen wie finanziellen Verlust und zusätzlich Beeinträchtigung der Umwelt. Warum das die Bedenkenträger nicht erkennen (wollen), die gerne Umweltschutz als Begründung vortragen, ist nicht nachvollziehbar.

Im Übrigen befand sich in Waabs, der Ortschaft von der u.a. der Protest ausgeht, einst die Landstation des Erdölfeldes Schwedeneck-See vor der Ostseeküste in der Eckernförder Bucht. Die Förderung von zwei Plattformen aus verlief zwischen 1984 und  dem Jahr 2000 ohne Umweltbeeinträchtigung. Insgesamt konnten dort über 3,4 Millionen Tonnen Erdöl und über 31 Millionen Kubikmeter Erdölbegleitgas gewonnen werden (Erdöl und Erdgas in der Bundesrepublik Deutschland 2000).

CEP zum aktuellen Stand der Aufsuchungsaktivitäten in Mecklenburg-Vorpommern

Anfang März war aus der regionalen „Ostsee-Zeitung“ zu erfahren, dass das Unternehmen CEP Central European Petroleum GmbH, kurz CEP, seine Aktivitäten zur Erdölsuche in Vorpommern auf Eis legen wolle. Als Gründe wurden mit Berufung auf den CEP-Sprecher Jens D. Müller u.a. die unklaren Rahmenbedingungen, die sich aus dem geplanten „Fracking“-Gesetz der Bundesregierung ergeben. Nun nimmt CEP Stellung, die hier zusammengfasst wiedergegeben und kommentiert werden soll.

Erdölerkundungsbohrung "Pudagla 2" auf Usedom Oktober 2011 ©chef79

Erdölerkundungsbohrung „Pudagla 2“ auf Usedom Oktober 2011 ©chef79

CEP verweist im „Hintergrundpapier aktueller Stand der CEP-Aufsuchungsaktivitäten in Mecklenburg-Vorpommern“ darauf, dass das Unternehmen Planungs- und Rechtssicherheit benötigt. Da aber das Eckpunktepapier zu den anberaumten „Fracking“-Gesetzen auch einschneidende Veränderungen für jahrzehntelang bewährte Verfahren erwarten ließ, entschloss sich CEP dazu, eine geplante Testförderung der Bohrung Barth 11 auszusetzen.

Als Kritikpunkt führt CEP zunächst „nahezu unüberwindbare Hürden“ im Gesetzentwurf an. Zwar gestatten und bestätigen die Entwürfe Hydraulic Fracturing als bewährte Methode, jedoch stellen sie teilweise ein mittelständisches Unternehmen wie CEP vor enorme Probleme.

CEP verweist darauf, dass bereits heute geltende Vorschriften zu Genehmigungsverfahren umfassend die Beteiligung von Gemeinden, Umwelt-, Wasser- und weiteren Behörden sichern. Auch wird die geplante uneingeschränkte UVP-Pflicht für eine Tiefbohrung inklusive hydraulischer Stimulierung den bestehenden und praktizierten Rahmen von Umweltuntersuchungen und Monitoring-Programmen des Unternehmens nicht wesentlich verändern.

Aber da im Rahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung Umweltverbände sehr wahrscheinlich von ihrem Verbandsklagerecht Gebrauch werden machen, wie es aus anderen Bereichen bereits bekannt ist (z.B. Autobahnbau oder andere Infrastrukturmaßnahmen), wird sich das Genehmigungsverfahren für eine Tiefbohrung statt von bisher wenigen Monaten auf bis zu 3 Jahre ausdehnen. Und dabei nimmt die Durchführung einer Tiefbohrung nur wenige Wochen bis wenige Monate in Anspruch. Aufsuchung und damit auch die spätere Erschließung wären für Investoren nicht mehr planbar.

Aus Sicht des Verfassers erschloss sich seit Beginn der Debatte um „Fracking“ im Jahr 2011 nicht, warum ein zeitlich so eng begrenzter Vorgang wie das Niederbringen einer Tiefbohrung mit minimalem Impact auf die Umwelt einer UVP unterzogen werden soll. Gegen eine UVP für eine geplante mehrjährige Förderphase nach Feststellen einer entsprechenden Fündigkeit spräche aus Sicht des Verfassers jedoch nicht viel.

CEP kritisiert weiterhin, dass mit der Novellierung des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) Tiefbohrungen in der Zone III von Wasserschutzgebieten pauschal verboten werden sollen. Bislang war es möglich, diese nach standortbezogener Prüfung und in Abstimmung mit der zuständigen Wasserbehörde zu genehmigen. Aufgrund des sehr geringen Gefährdungspotenzials, dass von Tiefbohrungen für Grundwasser ausgeht, ist das Pauschalverbot nicht nachzuvollziehen. Schließlich werden die Grundwasserleiter durch Einrammen einer Barriere in Form eines Stahlrohres vor Bohrbeginn geschützt. Dadurch wird das im Folgenden dargestellte Schutzziel der Zone III voll erfüllt (Quelle):

Die Schutzzone soll vor langfristigen Verunreinigungen oder schwer abbaubaren
Verschmutzungen, besonders vor radioaktiven und chemischen schützen.

Nicht umsonst ist es durch Tiefbohrungen in Deutschland noch nie zu Grundwasserbeeinträchtigungen gekommen. Im Zuge der fortschreitenden Bohrarbeiten werden zudem innerhalb des zunächst eingerammten Stahlrohres weitere Barrieren eingebaut, was den Schutz der zur Trinkwassergewinnung geeigneten Grundwasserschichten weiter erhöht.

In Bezug auf dieses Pauschalverbot verweist CEP darauf, dass 40 % der 160 km² umfassenden „Saal-Barth-Struktur“ für eine perspektivische Feldeserschließung entfallen würden und jegliche weitere Aufsuchungsaktivitäten dort hinfällig wären. Investoren gegenüber ließe es sich schwer begründen, weitere Mittel bereitzustellen, wenn die Gesetzgebung die Fortführung von Aufsuchungsaktivitäten sowie insbesondere eine eventuelle spätere Förderung wirtschaftlich verhindere.

Von diesem Pauchalverbot, was jeglicher Erfahrung widerspricht und damit jeglicher Grundlage entbehrt, ist selbstverständlich nicht nur CEP betroffen. Der Pressemitteilung „Moderne Erdgasförderung“ des Wirtschaftsverbandes Erdöl und Erdgasgewinnung e.V. (WEG) ist zu entnehmen, dass durch großflächige Ausschlussgebiete, womit größtenteils Wasserschutzzonen der Kategorie III gemeint sein dürften, 20 % der bekannten Erdgasreserven verloren gingen.

Abhilfe könnten nicht einmal außerhalb der Schutzzone angesetzte Bohrungen schaffen, da nach Kenntnisstand des Verfassers selbst das Unterbohren dieser Schutzgebiete selbst in mehreren Kilometern Tiefe verboten werden soll. Eine plausible Begründung für dieses anberaumte Verbot besteht ebenfalls nicht. Die zur Trinkwassergewinnung nutzbaren Grundwasserleiter in meist mehreren 10er Metern Tiefe bis maximal ca. 200 Metern sind durch mehrere 100 Meter bis Kilometer abdichtendes Gestein von den Erdgaslagerstätten getrennt. Eine Kommunikation zwischen den Lagerstätten und den entsprechenden Grundwasserleitern kann durch das Unterbohren nicht hergestellt werden!

Als weiteren Grund für die Unterbrechung der Aktivitäten führt CEP die Erhöhung der Förderabgabe auf Erdöl durch die Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern (MV) von 10 % auf 21 % an. CEP verweist dabei auf das traditionsreiche Erdölförderland Niedersachsen. Dort werden lediglich vier Lagerstätten, vermutlich sind es die produktionsstärksten, mit einer Förderabgabe von 18 % belastet, während die übrigen Lagerstätten komplett befreit sind. Dadurch wird die Fortführung der Förderung gesichert.

Einen anderen Kurs fährt dagegen Schleswig-Holstein (SH): Dort wurde für 2015 die Förderabgabe für Onshore-Erdöllagerstätten auf den Maximalwert von 40 % angehoben. Konsequenz: Nahezu alle Aufsuchungsaktivitäten verschiedener Unternehmen wurden beendet. Anzumerken ist dabei, dass in SH gegenwärtig onshore überhaupt kein Erdöl gefördert wird. Die Anhebung der Förderabgabe dient also nicht dazu, das Land an den Erlösen zu beteiligen, sondern möglichst die Gewinnung zu verhindern. Der grüne Umweltminister Habeck begründet den Schritt mit Ressourcenschonung, wofür die Förderabgabe aber kein Instrument ist. Vielmehr dürfte die Unterbindung von Aufsuchungsaktivitäten und eventueller späterer Förderung aus rein ideologischen Gründen verantwortlich sein.

In MV wird zwar gegenwärtig noch aus zwei Lagerstätten Erdöl gewonnen, jedoch können diese nicht mit der Förderabgabe belastet werden. Hintergrund ist der Einigungsvertrag, in dem die Belastung von Lagerstätten, die zu DDR-Zeiten erschlossen wurden, ausgeschlossen ist, da für diese das Bergrecht der DDR gilt, dass keine Förderabgabe vorsah.

Als dritten Punkt kritisiert CEP den Landesentwicklungsplan von MV. Dieser schließt Erdölförderung im Küstenmeer aus. CEP plane zwar keine Aktivitäten. Da das Unternehmen aber zwei Aufsuchungslizenzen hält, verweist es in diesem Zusammenhang auf den Wunsch seiner Investoren nach Rechtssicherheit. Darauf soll hier nicht weiter eingegangen werden.

Viel interessanter ist jedoch, dass nach Ansicht von CEP der Ausschluss von Ölförderung im Küstenmeer offensichtlich dem Raumordnungsgesetz (ROG) widerspricht. Denn gemäß des ROG sind Voraussetzungen für die Gewinnung von standortgebundenen Rohstoffen zu schaffen (und demnach nicht zu verhindern). CEP ergänzt:

Dieses schlichte Verbot steht auch im Widerspruch zum Bundesberggesetz, das zur Sicherung der Rohstoffversorgung das Gewinnen von Bodenschätzen unter Berücksichtigung ihrer Standortgebundenheit fordert und dabei explizit den Festlandsockel einbezieht.

Aus der Stellungnahme von CEP lässt sich Unmut des Unternehmens gegenüber erfolgten bzw. geplanten politischen Entscheidungen ableiten, die die Aufsuchung und Entwicklung von Erdöl- und Erdgaslagerstätten im Inland erheblich erschweren. Hinzu kommt der komplette Ausschluss dieser Aktivitäten für einen nicht unbedeutenden Flächenanteil potenzieller Lagerstätten. Dieser Ausschluss ist jedoch keine Folge von realen negativen Erfahrungen, sondern eine durch Bedenkenträger unterstellte Risiken. Diesen Bedenken folgt die Politik nahezu blind. Dabei werden Ergebnisse von durch politische Entscheidungsträger in Auftrag gegebene Studien ignoriert.

Lesetipps dazu:

Panorama (ARD): „Fracking: Die Angst der Politik vorm Bürger“

Prof. Dr. Horst Rüter: „Fracking – kann die Politik noch sachbezogen handeln?“

Warum aus Fehlern lernen? Der NDR setzt Angstschürerei gegenüber Erdöl- und Erdgasgewinnung fort

Seit Anbeginn der „Fracking“-Debatte Ende 2010/Anfang 2011 fiel der NDR immer wieder unrühmlich durch reißerische Beiträge auf, die die Gewinnung von Erdöl und insbesondere Erdgas in Norddeutschland in ein schlechtes Licht rückten. Anlass dafür waren im Wesentlichen eher kleinere Zwischenfälle, die zu „Umweltskandalen“ aufgebauscht worden sind.

Erdölförderbohrungen Reitbrook-West 9 und 11a Sukrams

Erdölförderbohrungen Reitbrook-West 9 und 11a ©Sukrams

Dazu zählte z.B. ein Beitrag des Magazins „Markt“, dass sich den Verbraucherschutz ganz groß auf die Fahnen geschrieben hat. Dieses machte eine Havarie an einer Lagerstättenwasserleitung zum Aufmacher, um einen „Umweltskandal“ vom Zaun zu brechen. Dem Betreiber der Lagerstätte „Söhlingen“, der ExxonMobil Production Deutschland GmbH (EMPG) wurde in dem Bericht durch die Journalistin Alexa Höber vorgeworfen, den Vorfall verschwiegen zu haben.

In der Folge, parallel zur aufkeimenden „Fracking“-Debatte, schien es so, als hätte sich der NDR auf die Erdgasproduzenten und hierbei insbesondere auf den „US-Konzern“ ExxonMobil eingeschossen. Neutralität und Sachlichkeit wurden in den Berichten über Erdgasexploration und -produktion vermisst.

Befürchtungen und Anschuldigungen von Anti-Gasbohr-Bürgerinitiativen wurde stattdessen das Wort geredet. Dabei nahm man es mit der Wahrheit nicht sonderlich genau, sei es aus purem Unwissen oder aus „dramaturgischen“ Gründen. So wurde beispielsweise die bis heute nicht durchgeführte Explorationsbohrung „Nöpke 2“ 25 km nordwestlich von Hannover „mitten“ in das Wasserschutzgebiet (WSG) Hagen verlegt, obwohl sich der Bohrplatz tatsächlich am unmittelbaren (inneren) Rand des WSG befindet. Nur einen Steinwurf entfernt auf der anderen Straßenseite läge der Bohrplatz außerhalb und somit nicht mehr im Einzugsgebiet des Wasserwerkes. Doch das ist vergleichsweise harmlos zu dem, was noch kommen sollte.

Als vor knapp einem Jahr Anfang April 2014 „Anwohner“ einer Erdgasbohrung im Feld „Söhlingen“ behaupteten, dass beim Abfackeln von Erdgas Säure ausgetreten sei, war der NDR sofort vor Ort. Die Plausibilität der als Beweis angeführten, angeblich von Säure durchlöcherten Blättern, wurde nicht hinterfragt. Dabei sind selbst stark konzentrierte Säuren nicht in der Lage, Löcher in Blätter zu ätzen. Den NDR machte es offenbar auch nicht stutzig, dass die „Anwohner“, die angaben, gesundheitliche Schäden davongetragen zu haben, es nicht für nötig hielten, Feuerwehr, Polizei und Rettungsdienste herbeizurufen.

Als das vom NDR produzierte Magazin „Panorama“ in verschiedenen Beiträgen im September 2014 die Furcht vor „Fracking“ (selbst-) kritisch hinterfragte, keimte die Hoffnung auf, dass der Sender den Weg zu sachlich-unvoreingenommener Berichterstattung gefunden hätte, wie es eigentlich Standard bei einem öffentlich-rechtlichen Sender sein sollte. Doch dem war mitnichten so!

Denn nach wenigen Monaten der Ruhe wartete der NDR mit einem Beitrag auf, der von der bereits erwähnten Alexa Höber produziert wurde. Thematisiert wurden historische Bohrschlammgruben und deren vermeintliches Gefährdungspotenzial für Mensch und Umwelt. Kurioserweise war einer der Schauplätze eine Grube aus den 60er Jahren, die kurz zuvor Diskussionsthema bei Anti-Gasbohr-Bürgerinitiativen (BI) war (mehr dazu: „Ungereimtheiten in der Berichterstattung von “Markt” (NDR) im Zusammenhang mit historischen Bohrschlammgruben“). Auch in diesem Beitrag wurde wieder das Schlagwort „Umweltskandal“ verwendet.

Und kurioserweise war wieder einmal der zuvor bereits in mehreren Sendungen  des NDR sowie bei Radio Bremen zum Thema „Erdgasförderung“ zu sehende Andreas Rathjens zu sehen. Dieser wurde erneut als „Anwohner“ bezeichnet, wie bereits in anderen Beiträgen, obwohl die jeweiligen Lokationen bis zu 30 Kilometer auseinander liegen. Auch im aktuellsten Beitrag ist wieder einmal Herr Rathjens mit von der Partie und „Anwohner“!

Dieses Mal ist in einem Beitrag von „Hallo Niedersachsen“ die Erdölerkundung des kanadischen Unternehmens PRD Energy im nördlichen Landkreis Rotenburg/Wümme das Thema. Der Titel des Beitrages

„Protestwelle gegen Erdölbohrungen“

erscheint bereits unsachlich und tendenziös. Doch die Kurzbeschreibung setzt dem noch eins drauf:

Das kanadische Unternehmen PRD Energy will in Rotenburg neue Erdölbohrungen durchführen. Die Anwohner sind entsetzt. Sie fürchten eine Beeinträchtigung des Grundwassers.

Dass tatsächlich alle Anwohner entsetzt sind, wie der bestimmende Artikel „die“ suggeriert, ist kaum anzunehmen. Schließlich wurde aus der Lagerstätte „Volkensen“ zwischen 1960 und 1994, die PRD bei positiver Beurteilung von Explorationsarbeiten wiederentwickeln will, ohne umweltrelevante Probleme Erdöl gefördert. Wie die übrigen entzetzten Anwohner auf die Idee kommen, dass durch Bohrungen auf Erdöl Grundwasser beeinträchtigt werden könne, wird nicht klar und ist auch nicht nachzuvollziehen. Schließlich wurden in Deutschland seit den 1870er Jahren teilweise intensiv Bohrungen auf Erdöl und Erdgas im fünfstelligen Bereich abgeteuft, ohne die Befürchtung bestätigt zu haben.

Die Erläuterungsversuche, die die Befürchtungen begründen sollen, sind nicht hilfreich. Es soll „Wahnsinn“ sein, unterhalb (!) der teilweise aufgrund ihrer guten Grundwasserleitfähigkeit als zur Trinkwassergewinnung genutzten Rotenburger Rinne einen Bohrpfad entlangzuführen. Dabei blendet der Kritiker aus, dass a) die Rotenburger Rinne nur teilweise zur Trinkwassergewinnung genutzt wird, b) die tieferen Wasserleiter der Rinne aufgrund Versalzung zur Trinkwasserversorgung nicht geeignet sind und c) Tiefbohrungen gegen süßwasserführende Grundwasserleiter mehrfach abgeschirmt sind. Grundwasserverschmutzungen durch Bohrungen auf Erdöl und Erdgas sind deshalb nicht eingetreten! Doch Faktenresistenz ist ein Markenzeichen von Bedenkenträgern jeglicher Couleur.

Anschließend kommt der bereits benannte und bekannte Andreas Rathjens zu Wort. Er behauptet bezüglich des möglichen Ansatzpunktes der Bohrung:

„Und hier mittendrin im, äh, Trinkwassergewinnungsgebiet, oder so, da hauen wir jetzt wieder ein neues Loch rein. Das kann’s doch wohl nicht sein.“

Welches Problem Rathjens damit hat, ein Loch in die Erde zu treiben, ist nicht nachvollziehbar. Schließlich werden für Trinkwasserbrunnen ebenfalls Löcher gebohrt, was sich technisch nicht von Tiefbohrungen innnerhalb dieser Teufen unterscheidet. Außerdem befindet sich der Ansatzpunkt der möglichen Bohrung weit außerhalb von Wasserschutzzonen zur Trinkwassergewinnung.

Ein Vertreter des Wasserverbandes  erklärt anschließend, dass sich die möglichen Bohrungen 2,5 km außerhalb der nächstgelegenen Wasserschutzgebiete befinden. Das bedeutet also, dass sie 2,5 km außerhalb der Einzugsgebiete der jeweiligen Trinkwassergewinnungsbrunnen liegen. Damit ist ein unwahrscheinliches Kontaminierungsrisiko durch die eventuelle Bohrung mit Sicherheit ausgeschlossen. Das sollte ein Wasserverbandsvertreter, selbst wenn er kein Hydrogeologe ist, eigentlich wissen. Im Landesbergamt dürfte hoffentlich genügend Expertise vorhanden sein, um die ungerechtfertigten Bedenken des Wasserversorgers auszuräumen.

Der Beitrag schwenkt dann über zu „weiteren Erkundungen“, für die u.a. Landwirte Flächen zur Verfügung stellen müssen. Gemeint sind sicherlich seismische Erkundungsmaßnahmen, die ein Abbild des Untergrundes liefern sollen und herangezogen werden, um möglichst günstig den Verlauf des Bohrpfades sowie den Aufschluss der Lagerstätte zu planen. Um das Einverständnis der Landwirte und sonstiger Grundstückseigentümer ist es schlecht bestellt.

Klageberechtigte Umweltschutzverbände, die regen Gebrauch von ihrem Verbandsklagerecht machen, haben anscheinend Teile der Bevölkerung aufgewiegelt. Dass dem so ist, lässt sich z.B. aus dem Artikel der „Kreiszeitung“

„Umweltverbände lassen Gespräch mit PRD platzen“

erahnen.

Ein interviewter Landwirt hat laut Beitrag Angst vor „Fracking“. Schließlich hätte man in den Medien darüber Negatives gehört:

„Da war ich schon ein bischen skeptisch, weil, man hat ja durch die Medien auch schon ein bischen was mitgekriegt, dass dieses „Fracking“ halt nicht so ohne sein sollte […]

Durch/über die Medien erfährt man so einiges. Viel zu oft stellt sich leider heraus, dass es Unsinn ist, was verbreitet wird. Selten gelangen diese Medien zur Selbstkritik. Eine löbliche Ausnahme stellt z.B. das vom NDR produzierte Magazin „Panorama“ dar. Die redaktion gab zu, vom Film „Gasland“ ins Bockshorn gejagt worden zu sein.

Bedenken vor der Erdölgewinnung vor der eigenen Haustür hat anscheinend auch die Lokalpolitik. Zu Wort kommt Bernd Wölbern, ein Vertreter der SPD des Kreistages Rotenburg:

„Wir haben ausreichend negative Erfahrungen mit der Erdgas- und Erdölförderung was Umweltbelastungen und auch die Belastung von Menschen angeht.“

Zur Umweltbelastung: Eine Langzeitmessung des Landesbergamtes stellte fest, dass es im Umfeld der Sammelstation „Söhlingen“ zu keiner Belastung der Luft gekommen ist. Während jeder noch so kleine Vorfall im Zusammenhang mit der Erdgasgewinnung vom NDR thematisiert wurde, verschwieg der Sender diese entwarnende Meldung gegenüber der Öffentlichkeit (Das Verschweigen der Entwarnung).

Tatsächlich gab es Quecksilberkontaminationen, die selbst Prüfwerte für Industrieflächen überschritten, an einem einzigen Betriebsplatz, auf dem ausgemusterte Anlagenteile gereinigt wurden (Söhlingen-Ost Z1). Auch wenn dieser Platz im Niemandsland, also fernab jeglicher Wohnbebauung liegt, hätte diese Kontamination nicht stattfinden dürfen. Bei allem Wohlwollen für die inländische Förderung von Erdgas: Hierfür ist Schlamperei verantwortlich die es zu vermeiden gilt!

Nachgewiesene Belastungen von Menschen, wie vom Politiker behauptet, gibt es jedoch nicht. Es gibt einzig und allein Unterstellungen von Teilen der ortsansässigen Bevölkerung, dass für nachgewiesene höhere Leukämiererkrankungen die Erdgasförderung verantwortlich sein soll. Dabei kommt der entsprechende Bericht des Epidemiologischen Krebsregisters Niedersachsen zu dem Schluss, dass die Ursache für die höhere Krebsrate ausschließlich bei Männern (!) unbekannt ist. Trotz unbekannter Ursache wird durch einige Medien wie dem NDR oder der TAZ ein Zusammenhang mit der Erdgasförderung suggeriert.

Es stellt sich die Frage, ob dieser von der Politik angelegte Maßstab auch bei anderen Varianten der Energiegewinnung angelegt wird. Havarien durch den Betrieb von Biogasanlagen haben im Landkreis Rotenburg bereits zu erheblichen Umweltbeeinträchtigungen geführt, bei denen z.B. die Fischfauna eines Fließgewässers komplett vernichtet wurde („Panne in Biogasanlage: Fischsterben im Landkreis Rotenburg“). Eine derartige Umweltbeeinträchtigung ist durch die jahrzehntelange Erdgas- und untergeordnet Erdölförderung, gegen die sich so vehement gewehrt wird, nicht bekannt.

Insofern ist die von einzelnen Personen, klagewütigen Umweltverbänden geschürte Angst vor der Gewinnung von Erdöl und Erdgas, beides begehrte Rohstoffe, die auch vom schärfsten Kritiker verwendet werden, nicht tolerierbar. Das gilt auch für Medienbeiträge wie dem hier diskutiertem.

Es kann nicht sein, dass ein zur Sachlichkeit und Neutralität verpflichtetes öffentlich-rechtliches Medium wie der NDR sich als Sprachrohr von Bürgerinitiativen und Umweltverbänden geriert. Spätestens die Erkenntnis,  auf „Gasland“ reingefallen zu sein, hätte dazu führen müssen, beim Thema Erdöl- und Erdgasgewinnungdifferenziert zu recherchieren und dementsprechend ausgewogen zu berichten. Dazu hätte, um beim konkreten Thema zu bleiben, auch eine Stellungnahme des Unternehmens PRD Energy gehört.

 Der Beitrag des NDR ist übrigens eine Woche nach Veröffentlichung 18 Mal bewertet worden. Die Durchnittszensur ist 2,11 von 5, wobei 5 mit „Bestnote“ gleichzusetzen ist. Die schlechte Beurteilung sollte dem NDR zu denken geben. Im Übrigen war die Lagerstätte „Volkensen“ bis 1994 in Betrieb und nicht „bis in die 80er Jahre“ wie vom NDR behauptet.

Der NDR vermeidet es jedoch konsequent, aus gemachten Fehlern zu lernen. Thema der Sendung „Markt“ am 23.03.2015 ist „Erdölförderung: Mögliche Risiken mitten in der Stadt“. Gemeint ist die Lagerstätte Sinstorf am Rand und nicht „mitten“ von Hamburg. Siehe oben, dort wurde ein Bohrplatz am Rande eines Wassserschutzgebietes durch den NDR „mitten“ in dieses verlegt.

Zur Recherche hat Bürgerinitiative „Kein Fracking in der Heide!“ beigetragen, wie diese prahlend bekanntgibt. Der NDR geriert sich somit eindeutig zum wiederholten Male als Sprachrohr von Bedenkenträgern. Ob auch dieses Mal das angeprangerte Unternehmen (GDF-Suez) wie üblich nicht in den Beitrag einbezogen wird? Das bleibt abzuwarten!

Brand im Erdölwerk Barenburg (Landkreis Diepholz)

Am 16.03.2015 ereignete sich am frühen Abend auf dem Gelände des Erdölwerkes Barenburg der ExxonMobil Production Deutschland GmbH (EMPG) ein Brand. Das Feuer brach aus bislang ungeklärter Ursache „in einem Becken der Vorbehandlungsanlage “ aus, wie die „Kreiszeitung“ berichtet.

Erdölförderbohrungen Barenburg 69 und 70. chef79

Erdölförderbohrungen Barenburg 69 und 70. ©chef79

Ein Mitarbeiter des Betriebes hatte das Feuer bemerkt und zunächst versucht, den Brand zu löschen, entschloss sich dann aber doch, einen Notruf abzusetzen.  Neben der Ortsfeuerwehr Barenburg wurden weitere Wehren aus den umliegenden Ortschaften Groß Lessen, Kirchdorf, Sulingen und Wehrbleck alarmiert und zusätzlich laut Pressemitteilung von ExxonMobil die Werksfeuerwehr aus Voigtei.

Die Wehren starteten nach dem Eintreffen einen Schaumangriff aus zwei Rohren sowie einem Werfer. Dadurch konnten die Flammen zügig erstickt und deren Übergreifen auf den explosionsgefährdeten Bereich verhindert werden. Durch die schnelle Wirkung des Schaumangriffs, der durch die Wanne, aus der der Schaum nicht ablaufen konnte, unterstützt wurde musste der überwiegende Teil der angerückten Einsatzkräfte nicht eingreifen.

Der Ortsbrandmeister der Feuerwehr Barenburg unterstrich, dass die EMPG großen Wert auf Sicherheitsmaßnahmen lege. Dazu zählen Betriebsbegehungen, wie dem Artikel der „Kreiszeitung“ zu entnehmen ist, aber auch regelmäßige gemeinsame Übungen, wie ExxonMobil bekannt gibt. Zuletzt habe es im Herbst 2014 eine solche auf dem betroffenen Betriebsgelände gegeben. Darüber hinaus unterstützt die EMPG die Feuerwehren bei der Beschaffung von technischer Ausrüstung sowie Schulungen im Bereich der Industriebrandbekämpfung.

Dieses Engagement zum beiderseitigen Nutzen wird von Gegnern der inländischen Erdgasgewinnung, hierbei speziell des Hydraulic „Fracking“ Fracturing, äußerst kritisch gesehen. Das kann zum Beispiel im Blogartikel „Spenden offensichtlich doch erbeten“ nachgelesen werden. Aber auch in einem „Feuerwehr-Forum“  wurde das Thema diskutiert, wobei ein bekannter „Fracking“-Gegner aus Leese in Niedersachsen sich besonders hervortat (Fracking: ein Konzern, die Politik und eine Spende für die Feuerwehr). Dass Spenden und andere Unterstützung durch Erdöl- und Erdgasproduzenten zu Gunsten von Ortsfeuerwehren seit Jahrzehnten (!) gängige Praxis ist, wurde dabei sowohl vom Themenstarter als auch vom umtriebigen „Fracking“-Gegner aus Leese gekonnt ignoriert.

Wie wichtig die Kooperation jedoch ist, dürfte die zügige Löschung des Brandes bewiesen haben. Durch das schnelle kompetente Handeln ist Schlimmeres verhindert worden und es kamen, Glück im Unglück, keine Personen zu Schaden.

Das Erdölwerk Barenburg ist zentrale Sammel- und Aufbereitungsstation für die umliegenden durch die EMPG betriebenen Erdölfelder Barenburg, Groß Lessen, Siedenburg, Sulingen, Wehrbleck/-Ost sowie Wietingsmoor.