Reaktionen in Lokal- und Regionalmedien zum angekündigten „Fracking“-Erlass

Als Reaktion auf den Erlassentwurf „Zulassung von Vorhaben zur Aufsuchung und Gewinnung von Erdgas aus konventionellen Lagerstätten mittels hydraulischer Bohrlochbehandlung zur Risserzeugung in einem Verfahren mit Umweltverträglichkeitsprüfung“ (UVP-Frac-Behandlung-Erlass) erschienen beim NDR, aber auch bei der Kreiszeitung sowie der Rotenburger Rundschau Artikel, die sich mit dem Entwurf befassten bzw. Reaktionen darauf thematisierten.  Diese Beiträge sollen einer kritischen Nachbetrachtung unterzogen werden.

Bötersen Z11, März 2012 ©chef79

Bötersen Z11, März 2012 ©chef79

Zunächst zum NDR, der immer wieder durch inhaltliche Fehler sowie einer recht deutlichen Voreingenommenheit in der Berichterstattung auffällt. Dieser betitelt einen Online-Artikel vom 03.03.2014:

Wenzel will Fracking unter Auflagen zulassen

Und hier tritt bereits die erste Ungereimtheit auf. Schließlich hat Stefan Wenzel (B’90/Die Grünen) als niedersächsischeer Umweltminister nicht über Bergbauangelegenheiten zu entscheiden, schon gar nicht allein. Schließlich ist in Niedersachsen Bergbau eine Angelegenheit des Wirtschaftsministerium. Die entsprechende Genehmigungsbehörde, das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) ist diesem Ressort unterstellt.

Hinzu kommt, dass der Entwurf auch nicht dem Umweltministerium entstammt, sondern vielmehr das Ergebnis einer Zusammenarbeit zwischen dem Wirtschaftsministerium und dem Umweltministerium darstellt. Letzteres ist wahrscheinlich mit dabei, weil sich der Runderlass neben dem LBEG auch an die Unteren Wasserbehörden richtet. Und deren Aufsichtsbehörde stellt das Umweltbundesamt dar.

Natürlich darf nicht fehlen, dass das Verfahren, um das es sich dreht, „umstritten“ ist. Doch das ist es erst, seitdem seit etwas mehr als drei Jahren darüber negativ bis reißerisch mit Berufung auf „Berichte“ aus den USA sowie des Filmes „Gasland“, wo es angeblich infolge von Fracarbeiten zu Grundwasserverschmutzungen kam. Obwohl diese „Berichte“ nie verifiziert werden konnten und „Gasland“ in nahezu fast allen Belangen darüber hinaus sogar als falsch entlarvt wurde, hatte sich die Berichterstattung fest in die Köpfe vieler Mitbürger eingebrannt. Aber immerhin wird inzwischen häufiger erwähnt, dass Hydraulic Fracturing kein neues Verfahren ist:

Umweltminister Stefan Wenzel (Grüne) will der Industrie wieder das erlauben, was in Niedersachsen zurzeit gestoppt ist, aber davor jahrzehntelang gemacht wurde: Erdgas aus bestimmten Schichten soll mithilfe einer Mischung aus Wasser, Sand und Chemikalien aus dem Boden geholt werden dürfen.

Zur Erlaubniskompetenz von Wenzel wurde bereits alles gesagt und die beschreibung des Fracverfahrens lässt sehr zu wünschen übrig. Das ist allerdings (leider) kein Alleinstellungsmerkmal des NDR. Eine professionelle, industrieunabhängige Sarstellung, gibt es bei frafocus.org. Aber absoulut unhaltbar ist die nachfolgende Behauptung:

Das aus den USA bekannte sogenannte unkonventionelle Fracking, das als gefährlicher gilt, soll in Niedersachsen aber nicht möglich sein.

Zunächst gibt es kein „sogenanntes unkonventionelles Fracking“, sondern mehrere verschiedene Formen des hydraulic Fracturing, deren Einsatz von der Beschaffenheit bzw. des Typs der jeweiligen Lagerstätte abhängig ist. Für die Stimulierung von Schiefergaslagerstätten ist das „Slickwaterfracturing“ typisch, welches durch den Einsatz einer geringeren Anzahl der Chemikalien gekennzeichnet ist, die wiederum um eine Größenordnung geringer konzentriert sind als bei gelierter Fracflüssigkeit (hier Konzentration ca- 2 bis 5 Prozent, Fracmaßnahme „Buchhorst T12“, 2011). Warum das Fracen mit Slickwater als „gefährlicher“ gilt, ist eine in den Raum geworfene Behauptung. Mehr nicht.

Recht interessant und in ihrem zweiten Teil unwahr ist die nächste Behauptung:

Das aufwendigere unkonventionelle Fracking, bei dem deutlich mehr Chemikalien in den Boden gepresst werden, will Niedersachsen dagegen verbieten. Diese Methode wurde in Deutschland bisher noch nie angewendet.

Aufwendiger ist das Slickwaterfracen wohl eher nicht, da es technisch anderen Fracverfahren ähnelt. Lediglich das je Maßnahme verpumpte Volumen ist größer. Eine eindeutige offizielle Formulierung, dass dieses verfahren verboten werden soll, ist auch nirgendwo zu finden. es wäre auch interessant zu wissen auf welcher wissenschaftlichen Grundlage ein solches Verbot formuliert werden soll. Dass mit Slickwater noch nie in Deutschland gefract wurde, ist hingegen falsch. Bereits 2008 wurden in der Bohrung „Damme 3“ drei Fracs in unterschiedlichen Tiefenniveaus durchgeführt.

Dem NDR-Beitrag ist noch ein Viedeobeitrag u.a. mit einem Interview des BUND-Mitgliedes Stefan Ott. Dieser gibt zwar korrekt wieder, dass es Hydraulic Fracturing bereits seit den 1960er Jahren gibt, kann aber mit seinen Äußerungen die Befürchtungen nicht begründen. Im Gegenteil: Er gesteht ein, dass auch der BUND keine Erkenntnisse über Umweltschäden durch Fracarbeiten habe. Ott wortwörtlich:

 Aber es liegen auch bei den offiziellen Behörden (Anm. SAR:gibt es auch inoffizielle?) diese Erkenntisse nicht vor, und deshalb halten wir das auch weiterhin für zu riskant.

Es liegen also weder dem BUND noch den Behörden Umweltschäden durch Fracmaßnahmen vor. Und deshalb hält der BUND das Fracen also für zu riskant. Ohne Worte!

Die Worte fehlen einem auch bei der Lektüre  eines Artikels vom 04.03.2014 bei der Rotenburger Rundschau. Dieser ist mit dem Zitat der örtlichen CDU-Politiker Mechthild Ross-Luttmann und Reinhard Grindel überschrieben:

„Ein Schlag ins Gesicht der Bürgerinitiativen“

Es ist sicherlich davon auszugehen, dass die Bürgerinitiativen (BI), die gegen Erdgasgewinnung vor der Haustür agieren, alles andere als angetan vom Erlass sind. Sie sind aber weder das Maß aller Dinge und stellen zudem nur einen kleinen Teil der Bevölkerung dar. Nur eine Woche zuvor kamen 16 von ihnen in der Gemeinde Sothel zusammen, um sich auszutauschen. Anschließend fand eine Demonstration mit gerade einmal 200 Teilnehmern zusammen. Das entspricht gerade einmal 1,3 prozent der Einwohnerzahl der Gemeinde Sothel.

Wortgewaltig wird der Erlass kritisiert und von Wahlbetrug gesprochen. Dabei war weder bei der SPD noch bei den Grünen insgesamt von einem Verbot des Fracverfahrens die Rede, sondern höchstens von der Anwendung in potenziellen Schiefergaslagerstätten, wobei auch hier die fachliche Begründung für ein Verbot fehlte. Nun will sich die CDU mit den BI solidarisieren:

„Das ist ein dreister Wahlbetrug von Rot-Grün. Die CDU wird gemeinsam mit den Bürgerinitiativen alles mobilisieren, was politisch möglich ist, um diese Richtlinie noch zu verhindern.“

Schwarz ist jetzt also offenbar das neue Grün. Zumindest auf lokaler Ebene im Landkreis Rotenburg/Wümme. Laut Rotenburger Rundschau bleibt die angedachte Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) nach Ansicht der Politiker „weit hinter dem zurück, was fachlich notwendig wäre.“

„Fracking darf nicht nur in Wasserschutzgebieten, sondern muss in allen Trinkwassergewinnungsgebieten verboten sein. Rot-Grün schützt die Rotenburger Rinne, aus der wir vor Ort unser Trinkwasser bekommen, nicht umfassend“

Tightgas-Bohrung Düste Z10 im Landkreis Diepholz ©chef79

Tightgas-Bohrung Düste Z10 im Landkreis Diepholz ©chef79

Hiebei beweisen sie ihre fachliche Inkompetenz. Wenn Hydraulic Fracturing im Bereich von Wasserschutzgebieten nicht gestattet ist, dann sind es automatisch sämtliche Trinkwassergewinnungsgebiete. Schließlich stellt die Außengrenze der höchsten Schutzgebietsstufe III gleichzeitig die Außengrenze des Einzugsgebietes von Trinkwassergewinnungsanlagen dar. Und nur wenn in einer geologischen Struktur wie der Rotenburger Rinne Trinkwasser gewonnen wird, bedeutet dies noch lange nicht, dass das Grundwasser aus der gesamten Struktur den Gewinnungsanlagen zuströmt.

Hinzu kommt, dass in der westlichen der beiden parallel verlaufenden Rinnen, in deren Bereich sich die diskutierte Bohrung „Bötersen Z11“ befindet, überwiegend Schluffe und Feinsande abgelagert wurden, die als ergiebige Grundwasserleiter ungeeignet sind [1]:

Sehr unterschiedlich gefüllt sind zwei über 40 km parallel verlaufende, nur etwa 5 km voneinander entfernte Rinnen. Während Teilstrecken der östlichen, der Rotenburger Rinne, die als Grundwasserlieferant besonders geschätzt wird, schon länger bekannt sind, blieb die westlich benachbarte, die lokal noch tiefer eingeschnitten ist, wegen ihrer vor wiegend sc„Wir haben im alten Gesetzentwurf des früheren Umweltministers Peter Altmaier ausdrücklich eine Pflicht zum Einvernehmen der Landkreise bei Fracking-Anträgen verankert. Das hat Rot-Grün im Bundesrat verhindert. Jetzt gehen sie weit dahinter zurück. Die ganze Richtlinie zur Ermöglichung von Fracking ist ein einziger Skandal.“hluffig/feinsandigen Füllung bis vor kurzem unentdeckt.
Und selbst im östlichen Abschnitt sind nur Teilstrecken zur Trinkwassergewinnung gut geeignet. Das ist auch auf einer Karte der BI Frackloses Gasbohren zu sehen, wo die glazialen Rinnen und die Trinkwasserschutzgebiete sowie Erdgasbohrungen in der Region eingetragen sind.
Zudem befinden sich die Speichergesteine mehrere Kilometer unterhalb der Basis der Rinnen und sind durch mehrere kilometerdicke Gesteinspakete von diesen abgeschirmt. Viel Lärm um nichts also. Und das ist die Folge, wenn man vermeintlich Informierten der BI mehr Gehör schenkt als tatsächlichen Fachleuten. Hinzu kommt noch, dass „Fracking“ mal als Abkürzung von Hydraulic Fracturing verstanden wird, mal mit der Schiefergasförderung, insbesondere in den Medien, gleichgesetzt wird, wie z.B. in einem Artikel der ZEIT. Hier war ein angedachtes Gesetz zur Regelung der Schiefergasförderung Thema. Wegen dieser Doppelbedeutung geht in der öffentlichen Debatte auch vieles drunter und drüber. Und auf den genannten Gesetzesentwurf berufen sich anscheinend auch die beiden CDU-Politiker:
„Wir haben im alten Gesetzentwurf des früheren Umweltministers Peter Altmaier ausdrücklich eine Pflicht zum Einvernehmen der Landkreise bei Fracking-Anträgen verankert. Das hat Rot-Grün im Bundesrat verhindert. Jetzt gehen sie weit dahinter zurück. Die ganze Richtlinie zur Ermöglichung von Fracking ist ein einziger Skandal.“
Nur gibt es im Landkreis Rotenburg keine Schiefergasvorkommen und somit kann sich auch nicht auf den Gesetzesentwurf der ehemaligen CDU/FDP-Bundesregierung berufen werden.
Aber auch gegen die die Industrie sowie die Gerwerkschaft IG BCI wird scharf geschossen. Diese sollen seit Monaten für „Fracking“ „Stimmung machen“ und Druck auf die Landesregierung ausüben, weshalb Ross-Luttmann und Reinhard Grindel meinen:
„Das hat mit Glaubwürdigkeit von Politik nichts mehr zu tun, sondern ist ein Schlag ins Gesicht jeder einzelnen Bürgerinitiative.“
Das kann auch so verstanden werden: Die BI haben das alleinige Recht,  Druck mit ihren z.T. fragwürdigen Methoden auf die Politik auszuüben. Aber die Kontrahenten haben die Füße stillzuhalten und dürfen sich gegen die teils diffamierenden Angriffe nicht zur Wehr setzen? Ein interessantes Demokratieverständnis haben die beiden CDU-Politiker. Denn schließlich gehören auch die Mitarbeiter der Unternehmen, die z.T. auch Mitglieder der IG BCI sind, zum Volk, deren Interessen zu vertreten sind.
Schließen möchte ich den Abschnitt zu Rotenburger Rundschau mit einem Zitat des ebenfalls attackierten SPD-Politikers Lars Klingbeil als Reaktion auf die Äußerungen von Ross-Luttmann und Grindel:
„Ich rufe die CDU-Abgeordneten auf, sich mit mir im Sinne unserer Region einzusetzen. Krawall-Rhetorik und Schuldzuweisungen helfen nicht weiter.“
Im Sinne der Region ist auch die Erdgasförderung mit ihrem volkswirtschaftlichen Nutzen in Form von bedeutenden Gewerbesteuereinnahmen.
Nur kurz soll auf einen Artikel bei der Kreiszeitung Rotenburg eingegangen werden, da er sich im Wesentlichen mit dem der Rotenburger Rundschau deckt. Hier wird auch die grüne Landtagsabgeordnete Elke Twesten zitiert:
„Damit gibt es faktisch ein Moratorium für alle Fracking-Vorhaben für unkonventionelles Erdgas.“
Frau Twesten meint sicherlich „unkonventionelle Lagerstätten“ und hierbei speziell Schiefergaslagerstätten. Aber es ist zu begrüßen, dass nicht mehr Hydraulic Fracturing als „unkonventionell“ bezeichnet wird. Auf diese Aussage hin entgegnet ein vertreter der BI Frackloses Gasbohren, Herr Ernst Harms-von Quintus-Icilius, der durch eine spezielle Form des Protestes schon vor zweieinhalb Jahren auffiel (siehe Rotenburger Rundschau vom 28.09.2011):
„Unkonventionelles Fracking ist in Niedersachsen gar nicht möglich“
Leider erfährt der Leser nicht, warum das seiner Ansicht nach nicht möglich sein soll. Schließlich wurde 2008 nicht aus reinem Spaß an der Freude mit der Erkundung von Schiefer- sowie Kohleflözgaslagerstätten begonnen. Zudem hat seiner Meinung nach der Erlass für seine Region keine Bedeutung, sondern zementiere nur den aktuellen Status. Schließlich müssen neue Regelungen „konventionelles Fracking und den Umgang mit Lagerstättenwasser mit einschließen“
Dabei zielt der Erlass aber genau darauf ab! Es geht ja um die Wiederaufnahme von Fracmaßnahmen in konventionellen Lagerstätten, was zwischen 1961 bis 2011 problemlos sowie ohne Umweltschäden möglich war. Diese sollen nun nach einer mehrjährigen Debatte unter weitestgehender Ignoranz der schadensfreien Anwendung eines komplizierteren Genehmigungsverfahrens wieder ermöglicht werden. Der Umgang mit Lagerstättenwasser ist tatsächlich nur marginal ein Thema des Erlasses. An eventuell Alternativen der bisher ohne Umweltschäden erfolgten Versenkung in aufnahmefähige Horizonte bzw. an der Rückführung in die Lagerstätten selbst wird derzeit geforscht.
Schließen möchte ich den Artikel mit einem Zitat des Kreiszeitungsartikel an dessen Ende:
Fakt ist: Seit den ersten Fracking-Maßnahmen in Niedersachsen in den 60er-Jahren hat es noch keinen umweltrelevanten Zwischenfall gegeben.
Das wurde nicht nur von den Unternehmen, sondern auch von Wissenschaftlern und Behörden seit Beginn der Debatte kommuniziert. Schade, dass erst jetzt die Medien das zur Kenntnis nehmen.

 

[1] HANS KUSTER & KLAUS-DIETER MEYER (1979): Glaziäre Rinnen im mittleren und nordöstlichen Niedersachsen.In: Eiszeitalter und Gegenwart

LBEG bleibt Bergbehörde für Schleswig-Holstein

Bereits am 21. Dezember 2013 erschien hier ein Artikel der sich mit dem Thema LBEG als Bergbehörde für Schleswig-Holstein befasste. Hintergrund war damals ein von der Piratenpartei in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten zur Zuständigkeit des niedersächsischen LBEG für Schleswig-Holstein.

Aufsuchungserlaubnisse in Schleswig-Holstein Quelle: LBEG-Kartenserver

Aufsuchungserlaubnisse in Schleswig-Holstein
Quelle: LBEG-Kartenserver

Dieses Rechtsgutachten stellte dabei fest , dass das LBEG Rechtsnachfolger des ehemaligen niedersäschsischen Bergamtes nach dessen Fusion mit dem Niedersächsischen Landesamtes für Bodenforschung sei.  Dass es überhaupt zu einer Diskussion um die Zuständigkeit des LBEG für Schleswig-Holstein kam, ist dem Sachverhalt geschuldet, dass in der jüngeren Vergangenheit mehrere Aufsuchungserlaubnisse nach § 7 BBergG für Kohlenwasserstoffe erteilt worden sind (siehe Karte). Diese wurden von Gegnern inländischer Kohlenwasserstoffgewinnung zu „Frackinggebieten“ deklariert. Die Piratenpartei stehen dem seit Jahrzehnten angewendeten Hydraulic-Fracturing-Verfahren, das primär zum Ziel hat, geringdurchlässige Erdöl-/Erdgaslagerstätten nutzen zu können, ablehnend gegenüber. Warum genau, ist nirgendwo zu erfahren. Sie sahen sich deshalb veranlasst, das Rechtsgutachten in Auftrag zu geben, in der Hoffnung, dass die Aufsuchungserlaubnisse nichtig sind.

Außerdem wurde von der Piratenpartei im Schulterschluss mit Bürgerinitiativen gefordert, für Schleswig-Holstein ein eigenes Bergamt zu implementieren, da sie der Ansicht sind, dass somit die Erteilung von Erlaubnissen, die nach ihrer Meinung fälschlicherweise die Voraussetzung für Fracmaßnahmen sind, verhindert werden könnten. Doch der schleswig-holsteinische Umweltminister Robert Habeck (B’90/Die Grünen), der das Fracverfahren verbieten möchte, erläutert, dass es irrelevant sei, ob die Bergbehörde in Niedersachsen ihren Sitz hat oder im eigenen Bundesland. Schließlich wäre auch eine eigene Bergbehörde an das Bundesberggesetz gebunden. Das geht aus einem Artikel der „Kieler Nachrichten“ (KN) hervor. Warum Habeck so vehement gegen das Standardverfahren Hydraulic Fracturing agiert und sogar ein ein „Fracking“-Verbot über das Berggesetz beantragt im Bundesrat beantragt hat, ist nicht nachvollziehbar. Schließlich heißt es auf der Website seines Ministeriums:

4. Gab es in der Vergangenheit Fracking-Maßnahmen in Schleswig-Holstein ?

Ja, es gab mehrere Bohrungen mit dem Einsatz der Fracking-Methode. Diese Bohrungen fanden zwischen 1955 und 1994 überwiegend im Kreis Plön statt. Es gibt keine Hinweise, dass die Maßnahmen in dem betroffenen Gebiet zu schädlichen Umweltauswirkungen geführt haben.

Aber zumindest was die Einrichtung eines eigenen Landesbergamtes betrifft, ließ Habeck Vernunft walten. Schließlich würde es mit 1,2 Millionen € fast das dreifache an Kosten verursachen als die 430.000 €, die Schleswig-Holstein derzeit für die Leistungen des LBEG  an Niedersachsen überweisen muss (Quelle: KN-Artikel). Der KN-Artikel schließt dann mit folgendem Satz: „Derzeit liegt im Norden kein Antrag auf Fracking vor.“ Wo auch? Sämtliche Onshore-Bohrungen sind aufgegeben und verfüllt und neue Bohrungen zur Erkundung neuer Felder oder zur von RWE-Dea geplanten Wiedererschließung aufgelassener Felder in Ostholstein sind bisher nicht gebohrt worden.

LBEG nach Ölhavarie harscher Kritik ausgesetzt – Berechtigt?

Infolge der Havarie an der Erdölspeicheranlage erfährt die zuständige Genehmigungsbehörde, das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) harscher Kritik ausgesetzt. Darüber berichten sowohl der NDR auf seinem Online-Portal als auch der Weser-Kurier. Beide Medien nutzen die Gelegenheit, in ihre Beiträge Vorwürfe des Bundestagsabgeordneten Andreas Mattfeld (CDU) einzufügen, die eine angebliche Nähe des LBEG zur Erdgasförderindustrie beinhalten.

Insbesondere beim Weser-Kurier wird im Artikel (LINK) die Erdgasförderung thematisiert. Als Aufhänger dient dabei das kleinere Erdbeben vor wenigen Wochen im Bereich der Erdgaslagerstätte „Völkersen“ bei Verden. Hier stellt sich bereits die Frage, was dieses Ereignis, dass im Zusammenhang mit der Gewinnung größerer Mengen von Erdgas oder auch Erdöl auftreten kann, mit einer Nähe des LBEG zur Erdgasförderindustrie zu tun hat. Dieses Phänomen ist insbesondere aus dem Bereich der sehr großen Erdgaslagerstätte „Groningen“ bekannt und lässt sich nicht vermeiden, es sei denn, man verzichte vollkommen auf die Förderung. Schon fast als kurios kann die Begründung Mattfelds für seinen Vorwurf bezeichnet werden:

„Die Vermischung von Genehmigung und Fachaufsicht ist in jedem Fall kritisch“, findet Mattfeldt.

Wer, wenn nicht die Fachbehörde soll denn sonst die Genehmigung und Aufsicht von geplanten Vorhaben und Betrieben übernehmen. Auch in anderen Bereichen erfolgen Genehmigung und Aufsicht der entsprechenden Fachbehörde. Im weiteren Verlauf bheauptet der Weserkurier:

Dabei gehen die Verbindungen zwischen LBEG und der Industrie offenbar über allgemeine Kontakte hinaus.

Statt des Wortes „offenbar“ wäre hier eine neutrale Wortwahl angemessen. Denn der Fall, der als Beleg herangezogen wird, stellte keine Verquickung zwischen Erdgasförderindustrie und dem LBEG dar. Die Behauptung des Weserkurier:

So steht der Leitende Bergdirektor Klaus Söntgerath nicht nur der Abteilung „Betriebsüberwachung, Energiewirtschaft und Geoinformationssysteme“ vor, sondern arbeitete nebenher seit 2009 als Prokurist in einem Unternehmen, in dem hochgiftige Fracking-Fluide produziert werden.

ist nicht korrekt. Die Firma EIRO Rohstoffgesellschaft mbH stellt weder Fracfluide her noch sind diese „hochgiftig“. Tatsächlich vertreibt die Firma verschiedene Produkte für die Montanindustrie, also die Bergbau- und Schwerindustrie (LINK). Selbst „Gegen-Gasbohren“, die mit einer Pseudosatire versucht haben, Klaus Söntgerath bloßzustellen gaben kleinlaut zu:

Übrigens hat man auf der HP bereits reagiert und  alle Geschäftsbereiche aufgeführt, mit denen man zu tun hat. Die Bergbauindustrie ist hier nicht genannt. Trotzdem finden wir das zumindest sehr seltsam!

Eine Entschuldigung für die Diffamierung blieb bis heute aus. Im Gegenteil: Sie ist bis heute abrufbar (LINK)!

Dass somit ein Interessenkonflikt offensichtlich nicht vorliegt, ficht den Weser-Kurier jedoch nicht an:

Erst als die Interessenkollision, die nach Auskunft des LBEG-Präsidenten Rolf Pospich nicht genehmigungsfähig gewesen wäre, 2012 ruchbar wurde, zeigte Söntgerath sich selbst bei seinem Dienstherrn an. Das folgende Disziplinarverfahren verlief im Sande.

Eine Begründung dafür, dass der Zweitberuf nicht genehmigungfähig sei, führte Pospich seinerzeit nicht an. Hierbei handelt es sich um eine kühne Behauptung des Verfassers, dass eine Interessenkollision bestand. Und ob das Disziplinarverfahren im Sande verlief, sei dahingestellt und ist bei den bisherigen Falschaussagen im Artikel anzuzweifeln. Vielmehr dürfte das Verfahren intern geregelt worden sein, also ohne damit an die Öffentlichkeit zu gehen. Vermutlich erfolgte die Disziplinarmaßnahme in Form einer Abmahnung. Soviel zum Artikel des Weser-Kurier, bei dem der Eindruck entsteht, dass die Ölhavarie lediglich als Aufhänger dienen sollte, um die Erdgasförderindustrie sowie die Genehmigungsbehörde in ein schlechtes Licht zu rücken.

Dem NDR (LINK) ist in diesem Zusammenhang vorzuwerfen, dass er unreflektiert die Meldung des Weser-Kuriers übernimmt. Außerdem stellt sich die Frage, warum in einen Artikel, der die Havarie im Speicherbetrieb Etzel zum Thema hat, überhaupt eine Passage eingebaut werden muss, die ein völlig anderes Themengebiet behandelt. Auffällig ist außerdem die Dramatisierung des Vorfalls als „verheerenden Öl-Unfall“. Der Unfall soll hier nicht verharmlost werden, Öl hat nicht in Gewässer zu gelangen. Aber den Austritt von ca. 40 m³ als verheerend zu bezeichnen, ist maßlos übertrieben. Schließlich konnte die Ausbreitung des Öl zügig eingedämmt werden und bisher sind lediglich zwei Höckerschwäne (2 zuviel!) mit Ölverschmutzungen entdeckt worden. Ein Fischsterben, wie es schon häufiger im Zusammenhang mit Faulgasanlagen (Biogasanlagen) vorkam, blieb aus.

Letzten Endes ist die Kritik am LBEG eventuell in gewissem Rahmen gerechtfertigt. Allerdings müssen das erst Untersuchungen ergeben, ob tatsächlich die Aufsichtspflichten verletzt worden sind. Für die unterstellte Nähe des LBEG zur Industrie  sind die Kritiker in der Pflicht stichhaltige Beweise vorzuweisen.

Erteilung neuer Erlaubnisfelder in Nordostniedersachsen

Wie das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) bereits am 21.01.2013 bekannt gab, wurden im Nordosten von Niedersachsen durch diese Behörde drei neue Aufsuchungserlaubnisse auf Kohlenwasserstoffe (Erdöl und Erdgas) erteilt. Zwei Erlaubnisse gingen dabei an das in den USA ansässige Unternehmen Blue Mountain Exploration LLC, das die Felder Oldendorf (850 km²) sowie Lüneburg (700 km²) erhielt. Die dritte Erlaubnis, das Feld Uelzen, das etwa 900 km² umfasst, erhielt die Firma PRD Energy GmbH mit Sitz in Berlin.

In der Mitteilung wird noch einmal klar gestellt, was unter einer Aufsuchungserlaubnis zu verstehen ist. Es wird dabei auch herausgestellt, dass technische Maßnahmen, wie z.B. Bohrungen, gesonderter zu genehmigender Betriebspläne bedürfen. In diesem Zusammenhang wird auch das Thema „Hydraulic Fracturing“ erwähnt, das gerne von den meiner Ansicht nach unzureichend informierten Gegnern dieses bewährten Stimulationsverfahrens in Verbindung mit Aufsuchungserlaubnissen gebracht wird. Von den Gegnern werden diese Gebiete dann in „Frackinggebiete“ umgewidmet. Das LBEG verdeutlicht, dass Hydraulic Fracturing keine typische Aufsuchungstätigkeit darstellt.

Der NDR richtet den Fokus dennoch auf Hydraulic Fracturing

Diese offizielle Mitteilung hielt den NDR in seinem Online-Portal und offenbar auch im Rundfunk nicht davon ab, dennoch Hydraulic Fracturing im Zusammenhang mit der Berichterstattung über die Erlaubniserteilung in den Mittelpunkt zu stellen: „Trotz Widerstand: Erdölsuche erlaubt“ Allein Schon die Schlagzeile ist bezeichnend, da sich doch die Frage stellt, warum es denn diesen vermeintlichen Widerstand gegen die Erdölsuche gibt. Die Antwort ist recht simpel: Ohne nachvollziehbaren Grund wurde ebenfalls seitens des NDR bereits im Oktober 2012 behauptet, dass „In der Heide noch mehr gebohrt werden [soll]“. Und zuvor wurde auch „Fracking“ in die Diskussion eingebracht, ohne das es irgendeinen Hinweis darauf gab, wonach überhaupt konkret gesucht wird und dementsprechend es höchst spekulativ ist, ob Hydraulic Fracturing jemals in den damals beantragten (!) Erlaubnissen stattfinden wird. Es ist jedoch nicht die Berichterstattung des NDR allein, die ich für diese breite, auf inkorrekte Information basierende Verunsicherung zurückführe, sondern die mehr oder weniger allgemeine. Offenbar ist es meiner Ansicht nach nicht nur in diesem Themenfeld Mode, die offizielle Meinung an der „veröffentlichten“ Meinung und der Meinung weniger, aber gut organisierter und im Zweifel lautstark polemisch kritisierender Mitmenschen auszurichten.

Die Tatsachen

Sofern man sich ein wenig mit der Kohlenwasserstoffgeologie in Norddeutschland auskennt, fällt einem sofort auf, dass die Aufsuchungserlaubnisse den sogenannten „Gifhorner Trog“ überdecken, der als „erdölhöffig“ gilt. Boigk (1981) schreibt dazu: “ Der Trog, der eine Reihe wichtiger Erdöllagerstätten führt, gabelt sich im Norden.“ Diese Gabelung wird auch deutlich in der Verteilung der Aufsuchungserlaubnisse: Zwischen den Erlaubnissen Oldendorf im Westen und Lüneburg im Osten ist ein Gebiet offensichtlich uninteressant für die Exploration. Siehe dazu die Karte hier. Interessant ist weiterhin, dass der Erlaubnis augenscheinlich auch ein kleiner „Zipfel“ des ebenfalls erdölführenden „Hamburger Dogger-Troges“, den Boigk (1981) als „Appendix“ des „Gifhorner Troges“ bezeichnet, zugeordnet ist. Im „Hamburger Dogger-Trog“ stehen derzeit noch einige Erdöllagerstätten in Produktion (Reitbrook-West, Reitbrook-Alt sowie Sinstorf).

Litertur: Boigk, H. (1981) Erdöl und Erdölgas in der Bundesrepublik Deutschland, Ferdinand Enke Verlag, Stuttgart