Reaktionen in Lokal- und Regionalmedien zum angekündigten „Fracking“-Erlass
März 6, 2014 1 Kommentar
Als Reaktion auf den Erlassentwurf „Zulassung von Vorhaben zur Aufsuchung und Gewinnung von Erdgas aus konventionellen Lagerstätten mittels hydraulischer Bohrlochbehandlung zur Risserzeugung in einem Verfahren mit Umweltverträglichkeitsprüfung“ (UVP-Frac-Behandlung-Erlass) erschienen beim NDR, aber auch bei der Kreiszeitung sowie der Rotenburger Rundschau Artikel, die sich mit dem Entwurf befassten bzw. Reaktionen darauf thematisierten. Diese Beiträge sollen einer kritischen Nachbetrachtung unterzogen werden.
Zunächst zum NDR, der immer wieder durch inhaltliche Fehler sowie einer recht deutlichen Voreingenommenheit in der Berichterstattung auffällt. Dieser betitelt einen Online-Artikel vom 03.03.2014:
Wenzel will Fracking unter Auflagen zulassen
Und hier tritt bereits die erste Ungereimtheit auf. Schließlich hat Stefan Wenzel (B’90/Die Grünen) als niedersächsischeer Umweltminister nicht über Bergbauangelegenheiten zu entscheiden, schon gar nicht allein. Schließlich ist in Niedersachsen Bergbau eine Angelegenheit des Wirtschaftsministerium. Die entsprechende Genehmigungsbehörde, das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) ist diesem Ressort unterstellt.
Hinzu kommt, dass der Entwurf auch nicht dem Umweltministerium entstammt, sondern vielmehr das Ergebnis einer Zusammenarbeit zwischen dem Wirtschaftsministerium und dem Umweltministerium darstellt. Letzteres ist wahrscheinlich mit dabei, weil sich der Runderlass neben dem LBEG auch an die Unteren Wasserbehörden richtet. Und deren Aufsichtsbehörde stellt das Umweltbundesamt dar.
Natürlich darf nicht fehlen, dass das Verfahren, um das es sich dreht, „umstritten“ ist. Doch das ist es erst, seitdem seit etwas mehr als drei Jahren darüber negativ bis reißerisch mit Berufung auf „Berichte“ aus den USA sowie des Filmes „Gasland“, wo es angeblich infolge von Fracarbeiten zu Grundwasserverschmutzungen kam. Obwohl diese „Berichte“ nie verifiziert werden konnten und „Gasland“ in nahezu fast allen Belangen darüber hinaus sogar als falsch entlarvt wurde, hatte sich die Berichterstattung fest in die Köpfe vieler Mitbürger eingebrannt. Aber immerhin wird inzwischen häufiger erwähnt, dass Hydraulic Fracturing kein neues Verfahren ist:
Umweltminister Stefan Wenzel (Grüne) will der Industrie wieder das erlauben, was in Niedersachsen zurzeit gestoppt ist, aber davor jahrzehntelang gemacht wurde: Erdgas aus bestimmten Schichten soll mithilfe einer Mischung aus Wasser, Sand und Chemikalien aus dem Boden geholt werden dürfen.
Zur Erlaubniskompetenz von Wenzel wurde bereits alles gesagt und die beschreibung des Fracverfahrens lässt sehr zu wünschen übrig. Das ist allerdings (leider) kein Alleinstellungsmerkmal des NDR. Eine professionelle, industrieunabhängige Sarstellung, gibt es bei frafocus.org. Aber absoulut unhaltbar ist die nachfolgende Behauptung:
Das aus den USA bekannte sogenannte unkonventionelle Fracking, das als gefährlicher gilt, soll in Niedersachsen aber nicht möglich sein.
Zunächst gibt es kein „sogenanntes unkonventionelles Fracking“, sondern mehrere verschiedene Formen des hydraulic Fracturing, deren Einsatz von der Beschaffenheit bzw. des Typs der jeweiligen Lagerstätte abhängig ist. Für die Stimulierung von Schiefergaslagerstätten ist das „Slickwaterfracturing“ typisch, welches durch den Einsatz einer geringeren Anzahl der Chemikalien gekennzeichnet ist, die wiederum um eine Größenordnung geringer konzentriert sind als bei gelierter Fracflüssigkeit (hier Konzentration ca- 2 bis 5 Prozent, Fracmaßnahme „Buchhorst T12“, 2011). Warum das Fracen mit Slickwater als „gefährlicher“ gilt, ist eine in den Raum geworfene Behauptung. Mehr nicht.
Recht interessant und in ihrem zweiten Teil unwahr ist die nächste Behauptung:
Das aufwendigere unkonventionelle Fracking, bei dem deutlich mehr Chemikalien in den Boden gepresst werden, will Niedersachsen dagegen verbieten. Diese Methode wurde in Deutschland bisher noch nie angewendet.
Aufwendiger ist das Slickwaterfracen wohl eher nicht, da es technisch anderen Fracverfahren ähnelt. Lediglich das je Maßnahme verpumpte Volumen ist größer. Eine eindeutige offizielle Formulierung, dass dieses verfahren verboten werden soll, ist auch nirgendwo zu finden. es wäre auch interessant zu wissen auf welcher wissenschaftlichen Grundlage ein solches Verbot formuliert werden soll. Dass mit Slickwater noch nie in Deutschland gefract wurde, ist hingegen falsch. Bereits 2008 wurden in der Bohrung „Damme 3“ drei Fracs in unterschiedlichen Tiefenniveaus durchgeführt.
Dem NDR-Beitrag ist noch ein Viedeobeitrag u.a. mit einem Interview des BUND-Mitgliedes Stefan Ott. Dieser gibt zwar korrekt wieder, dass es Hydraulic Fracturing bereits seit den 1960er Jahren gibt, kann aber mit seinen Äußerungen die Befürchtungen nicht begründen. Im Gegenteil: Er gesteht ein, dass auch der BUND keine Erkenntnisse über Umweltschäden durch Fracarbeiten habe. Ott wortwörtlich:
Aber es liegen auch bei den offiziellen Behörden (Anm. SAR:gibt es auch inoffizielle?) diese Erkenntisse nicht vor, und deshalb halten wir das auch weiterhin für zu riskant.
Es liegen also weder dem BUND noch den Behörden Umweltschäden durch Fracmaßnahmen vor. Und deshalb hält der BUND das Fracen also für zu riskant. Ohne Worte!
Die Worte fehlen einem auch bei der Lektüre eines Artikels vom 04.03.2014 bei der Rotenburger Rundschau. Dieser ist mit dem Zitat der örtlichen CDU-Politiker Mechthild Ross-Luttmann und Reinhard Grindel überschrieben:
„Ein Schlag ins Gesicht der Bürgerinitiativen“
Es ist sicherlich davon auszugehen, dass die Bürgerinitiativen (BI), die gegen Erdgasgewinnung vor der Haustür agieren, alles andere als angetan vom Erlass sind. Sie sind aber weder das Maß aller Dinge und stellen zudem nur einen kleinen Teil der Bevölkerung dar. Nur eine Woche zuvor kamen 16 von ihnen in der Gemeinde Sothel zusammen, um sich auszutauschen. Anschließend fand eine Demonstration mit gerade einmal 200 Teilnehmern zusammen. Das entspricht gerade einmal 1,3 prozent der Einwohnerzahl der Gemeinde Sothel.
Wortgewaltig wird der Erlass kritisiert und von Wahlbetrug gesprochen. Dabei war weder bei der SPD noch bei den Grünen insgesamt von einem Verbot des Fracverfahrens die Rede, sondern höchstens von der Anwendung in potenziellen Schiefergaslagerstätten, wobei auch hier die fachliche Begründung für ein Verbot fehlte. Nun will sich die CDU mit den BI solidarisieren:
„Das ist ein dreister Wahlbetrug von Rot-Grün. Die CDU wird gemeinsam mit den Bürgerinitiativen alles mobilisieren, was politisch möglich ist, um diese Richtlinie noch zu verhindern.“
Schwarz ist jetzt also offenbar das neue Grün. Zumindest auf lokaler Ebene im Landkreis Rotenburg/Wümme. Laut Rotenburger Rundschau bleibt die angedachte Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) nach Ansicht der Politiker „weit hinter dem zurück, was fachlich notwendig wäre.“
„Fracking darf nicht nur in Wasserschutzgebieten, sondern muss in allen Trinkwassergewinnungsgebieten verboten sein. Rot-Grün schützt die Rotenburger Rinne, aus der wir vor Ort unser Trinkwasser bekommen, nicht umfassend“
Hiebei beweisen sie ihre fachliche Inkompetenz. Wenn Hydraulic Fracturing im Bereich von Wasserschutzgebieten nicht gestattet ist, dann sind es automatisch sämtliche Trinkwassergewinnungsgebiete. Schließlich stellt die Außengrenze der höchsten Schutzgebietsstufe III gleichzeitig die Außengrenze des Einzugsgebietes von Trinkwassergewinnungsanlagen dar. Und nur wenn in einer geologischen Struktur wie der Rotenburger Rinne Trinkwasser gewonnen wird, bedeutet dies noch lange nicht, dass das Grundwasser aus der gesamten Struktur den Gewinnungsanlagen zuströmt.
Hinzu kommt, dass in der westlichen der beiden parallel verlaufenden Rinnen, in deren Bereich sich die diskutierte Bohrung „Bötersen Z11“ befindet, überwiegend Schluffe und Feinsande abgelagert wurden, die als ergiebige Grundwasserleiter ungeeignet sind [1]:
Sehr unterschiedlich gefüllt sind zwei über 40 km parallel verlaufende, nur etwa 5 km voneinander entfernte Rinnen. Während Teilstrecken der östlichen, der Rotenburger Rinne, die als Grundwasserlieferant besonders geschätzt wird, schon länger bekannt sind, blieb die westlich benachbarte, die lokal noch tiefer eingeschnitten ist, wegen ihrer vor wiegend sc„Wir haben im alten Gesetzentwurf des früheren Umweltministers Peter Altmaier ausdrücklich eine Pflicht zum Einvernehmen der Landkreise bei Fracking-Anträgen verankert. Das hat Rot-Grün im Bundesrat verhindert. Jetzt gehen sie weit dahinter zurück. Die ganze Richtlinie zur Ermöglichung von Fracking ist ein einziger Skandal.“hluffig/feinsandigen Füllung bis vor kurzem unentdeckt.
„Wir haben im alten Gesetzentwurf des früheren Umweltministers Peter Altmaier ausdrücklich eine Pflicht zum Einvernehmen der Landkreise bei Fracking-Anträgen verankert. Das hat Rot-Grün im Bundesrat verhindert. Jetzt gehen sie weit dahinter zurück. Die ganze Richtlinie zur Ermöglichung von Fracking ist ein einziger Skandal.“
„Das hat mit Glaubwürdigkeit von Politik nichts mehr zu tun, sondern ist ein Schlag ins Gesicht jeder einzelnen Bürgerinitiative.“
„Ich rufe die CDU-Abgeordneten auf, sich mit mir im Sinne unserer Region einzusetzen. Krawall-Rhetorik und Schuldzuweisungen helfen nicht weiter.“
„Damit gibt es faktisch ein Moratorium für alle Fracking-Vorhaben für unkonventionelles Erdgas.“
„Unkonventionelles Fracking ist in Niedersachsen gar nicht möglich“
Fakt ist: Seit den ersten Fracking-Maßnahmen in Niedersachsen in den 60er-Jahren hat es noch keinen umweltrelevanten Zwischenfall gegeben.
Dass sich die Faulgasanlagen-Partei CDU als die wahre Ökopartei aufführt, ist bekannt. Die Betreiber dieser Anlagen – meist nicht gerade CDU-fern – vergessen übrigens, dass bei der Genehmigung ihrer Anlagen keineswegs immer eine Umweltverträglichkeitsuntersuchung durchgeführt wurde. Oft genug liefen die Genehmigungsverfahren zudem nichtöffentlich. Der Umweltbericht im Rahmen eines aufzustellenden Bebauungsplans (bei gewerblichen und in jedem Fall bei Anlagen oberhalb 750kw Leistung) ist ohnehin meist nicht das Papier wert, auf dem er steht.
Ob die Frac-UVP der niedersächsischen Landesregierung als Erlass nicht eventuell im Gegensatz zur noch gültigen UVP-Verordnung Bergbau des Bundes steht, mögen die ausgewiesenen Verwaltungsjuristen entscheiden. In jedem Fall wird dieser Erlass obsolet, wenn der Bundesgesetzgeber in seiner novellierten Fassung der UVP-Bergbau-Verordnung auch die Fracs explizit betrachtet und auf Basis des UVP-Gesetzes regelt.
Die Stellungnahme des BUND-Mitgliedes Stefan Ott ist interessant. Es ist zwar nichts passiert, aber wir wollen dennoch alles verbieten lassen, sagte er sinngemäß. Fraglich sind nur die Gründe für diese in sich widersprüchliche Grundhaltung. Neben eventuell behandlungsbedürftiger Realitätsverweigerung kommen vor allem wirtschaftliche Interessen von BUND Mitgliedern im Bereich der „Regenerativen“ in Frage.
Noch ein Wort zur Rotenburger Rinne: Wie so viele elsterzeitliche Rinnen bestehen die Grundwässer in ihren tieferen Teilen aus bereits „geogen-belasteten“, schwereren Wässern (Salzgehalte >250mg/l) nicht in der selben Weise schutzwürdig wären, wie die leichteren Süßwasser im Hangenden.
Aber in diese Zone werden bei der bisherigen Praxis des Hydraulic-Fracturing in näherer geologischer (!) Zukunft ohnehin niemals Frac-Fluide aus den wesentlich tieferen Erdgaslagerstätten auftauchen – ganz einfach wegen der Barrierewirkungen im Hangenden der Frac-Horizonte bzw. im Liegenden der Rotenburger Rinne.
Warum haben die dortigen BI’s oder andere Orgnisationen oder die Wasserversorger nicht einmal Wasserproben aus Süßwasser Zone der Rotenburger Rinne auf die mittlerweile gut bekannten Komponenten der damals verwendeten Frac-Fluide untersucht? Die zertifizierten
gutachterlichen Labore wüssten doch, wonach sie zu suchen hätten?
Ganz einfach: Diese Kreise wissen, dass ihre Behauptungen nicht mehr als haltlose Angstpropaganda sind. Daher geben sie dafür auch kein Geld aus.
Übrigens: bis vor ca. einem Jahr wurden niedersächsische Faulgasanlagen bedenkenlos in Wasserschutzgebieten (Zone III) genehmigt. Ob ein havariebedingter, massiver Austritt von Gärresten oder gelagerten tierischen Fäkalien wirklich bei jeder dieser Anlagen auf dem Betriebsgelände verbleiben und den ersten Aquifer verschonen würde, lassen wir mal dahingestellt. Von Unfällen mit anschließendem Fischsterben im nahegelegenen Bächen wurde schon häufiger berichtet. Oft ging es um etliche Kubikmeter und mehr.