Frexxi – Das PR-Desaster ExxonMobils?

Negativpreise sind nicht unbedingt die Auszeichnung, die sich Firmen wünschen, da sie in der Regel mit Kritik an der eigenen Geschäftspolitik verbunden sind. Ende letzten Jahres war nun ExxonMobil, bzw. genauer gesagt der Europachef Dr. Gernot Kalkoffen an der Reihe und erhielt vom Naturschutzbund Deutschland (NABU) den Dinosaurier des Jahres 2014. Ausgezeichnet wurde Kalkoffen für die „Verharmlosung des umstrittenen Fracking-Verfahrens“ und als „Repräsentant einer rückwärtsgewandten Energiepolitik“, wie der NABU in der Begründung auf seiner Website schreibt.

Screenshot der Seite zum Dinosaurier des Jahres von ExxonMobil.

Screenshot der Seite zum Dinosaurier des Jahres von ExxonMobil.

Eigentlich nehmen die Empfänger so eine Auszeichnung eher still und leise hin und kochen sie nicht unnötig hoch. Eigentlich. Denn ExxonMobil macht es anders, sehr zum Ärger vom NABU und Aktivisten, die sich gegen die Erschließung heimischer Erdgasvorkommen stark machen und von einem PR-Desaster seitens ExxonMobils sprechen. Aber ist es das wirklich?

Kurz vor Jahresende präsentierte der NABU 2014 den Gewinner des Preises Dinosaurier des Jahres, mit dem der Naturschutzbund Persönlichkeiten auszeichnet, die sich in Sachen Umweltschutz negativ hervorgetan hätten, wie es auf der Website heißt. Für Kenner der Erdöl- und Erdgasindustrie, vor allem in Hinblick auf Sicherheits- und Umweltschutzstandards, mag diese Auszeichnung daher ein wenig seltsam klingen, bedenkt man aber, dass seit mehr als vier Jahren durch Falschdarstellungen von Bürgeriniativen, Medien und Umweltschützern viele Fakten über die Erdöl- und Erdgasproduktion in Deutschland ignoriert werden, kommt solch eine Auszeichnung vielleicht nicht unbedingt unüberraschend.

Bereits kurz nach Bekanntwerden des Preisträgers lässt ein Tweet über den privaten Twitter-Account von der Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit ExxonMobils in Hannover, Ritva Westendorf-Lahouse, erahnen, dass das Unternehmen ein wenig anders mit dieser Auszeichnung umgehen könnte.

Die nachfolgenden Tage und Wochen bestätigten diesen Eindruck. ExxonMobil befand sich nach eigenen Angaben ein wenig im „Dino-Fieber“ und rief dazu auf, Namensvorschläge für die inzwischen eingetroffene Zinn-Skulptur einzusenden, die später zur Wahl gestellt wurden, woraus sich schließlich Frexxi als Name für den jetzt als Comicfigur agierenden Dino herauskristallisierte.

Seit Anfang dieser Woche kann dem Dino unter @TherealFrexxi gefolgt werden. Über den Twitterkanal werden so in einfacher Sprache häppchenweise Infos zur Suche und Förderung von Erdgas präsentiert und die Follower können Frexxi bei seinen Abenteuern bei ExxonMobil begleiten. Lange ließen die Kommentare von NABU und anderen Kritikern nicht auf sich warten, die sich allesamt echauffierten und ExxonMobil vorwarfen, auf Kinderfang zu gehen und zudem von einem PR-Desaster sprachen.

Man wird eigentlich vom NABU erwarten dürfen, dass man selbst so realistisch ist und von Dr. Kalkoffen nicht erwarten kann, dass er sich auf einmal hinstellt und sämtlichen Projekten für immer eine Absage erteilen wird. Normalerweise müsste eher eine gewisse Freude darüber herrschen, dass man sich in Hannover in gewisser Weise mit dem Preis beschäftigt.

Mag die Comicfigur im ersten Moment vielleicht niedlich und verharmlosend wirken, wird beim zweiten Blick aber schnell klar, dass ExxonMobil die Kritiker ernst nimmt und versucht sich zu öffnen, den Dialog mit Kritikern und verunsicherten Menschen sucht und auch über Frexxi über Frac-Aktivitäten und die Suche und Förderung von Erdgas informiert. Letztlich stellt ExxonMobil sich dem Dialog, dem gesteigerten öffentlichen Interesse und lädt den NABU zu Gesprächen ein. Bislang ist noch nichts darüber bekannt geworden, dass sich der NABU auf dieses Angebot eingelassen hätte.

Vielmehr kommt das Gefühl auf, dass die Kritiker ein Problem damit haben, dass die Steilvorlage angenommen und letztendlich verwandelt wurde. Es scheint, als komme man nicht mit dieser Offenheit klar. Schweigen und Verdrängen, das, was man im ersten Moment vielleicht erwarten würde, was für die Umweltschützer sicherlich ein Erfolg wäre, das mag man vermutet und erhofft haben. Eingetreten ist es aber nicht.

Genau das Gegenteil: Der Preis verkommt nicht als Staubfänger in irgendeiner Kiste in einem Archiv oder Aktenraum sondern wird lebendig, wird ein Kollege von ExxonMobil, gibt dem Unternehmen ein Gesicht, macht es menschlich, wenn man Frexxi via Twitter auf seiner Reise durch das Unternehmen und Veranstaltungen begleiten kann, wie zu der Verbändeanhörung zu den wissenschaftlich unfundierten geplanten Gesetzesverschärfungen hinsichtlich „Fracking“ und allgemein der heimischen Erdgasgewinnung:

Wenn dann auch noch die Mitarbeiter ganz normal und mit Humor antworten, fällt auch die letzte Maske vom sonst gerne als so böse skizzierten „Ölmulti“, der mit seinen angeblich so habgierigen, kaltschnäuzigen, menschenverachtenden Mitarbeitern über sämtliche Leichen geht, um den letzten Tropfen Öl und das Gas aus der Erde zu saugen. Alles das bricht wie ein Kartenhaus zusammen. ExxonMobil und die Mitarbeiter kommen menschlich rüber. Wie du und ich. Zu viel für Kritiker wie dem nordrhein-westfälischen Umweltminister Johannes Remmel, bzw. dessen Mitarbeiter?

Liest man noch weiter im Netz, so wird die Figur keineswegs als PR-Desaster gewertet, wie von Remel bzw. seines Mitarbeiters behauptet. Auch nicht von Plattformen, die sich mit Marketing befassen. Man findet sogar des öfteren durchaus lobende Worte wie ExxonMobil mit dieser eigentlich so zweifelhaften Auszeichnung umgeht. Auch der Vorwurf, Kinder würden instrumentalisiert ist nicht wirklich haltbar. Erstens findet man auf Twitter so gut wie keine Kinder. Und warum soll es zweitens etwas Schlechtes sein, wenn schon Kinder wissen, wofür es Öl und Gas benötigt werden? Kinder haben durchaus ihren eigenen Kopf, den man nicht unterschätzen darf.

Und letztlich wird Frexxi nicht die einzige Comicfigur bleiben, die versucht, etwas zu erläutern, zu erklären. Oft ist es so effektiver, als wenn alles als Aufsatz und über mehrere Seiten verteilt zu lesen ist. Der Methodik haben sich schon andere bedient und werden es auch weiterhin tun. Daran ist auch wenig Unseriöses, da mitunter dröge, aber dennoch wichtige Themen ihre Aufmerksamkeit bekommen.

Wer erinnert sich schließlich nicht an Karl Klammer, den Assistenten, der Ende der 1990er uns immer bei unseren Problemen mit Microsoft Office geholfen hat?

Der sinnige Unsinn – Ein Kommentar zur „Fracking“-Debatte nach „Panorama“-Reportage

Letzte Woche machte das ARD-Magazin Panorama mit einem Bericht auf sich aufmerksam, der Hydraulic Fracturing, oft auch nur „Fracking“ genannt, in ein anderes Licht und vor allem „Gasland“ kritisch auf die Probe stellte sowie die Ungereimtheiten im Film verdeutlichte. Im Nachgang der Reportage gab es ein paar Kommentare, die sich um Bestechlichkeit drehten. Doch wie sinnvoll ist das wirklich? Ein Kommentar.

Panorama und der "Brennende Wasserhahn". Screenshot aus der ARD Mediathek.

Panorama und der „Brennende Wasserhahn“. Screenshot aus der ARD Mediathek.

Am 03.09.2014 zeigte „Panorama 3“ einen Beitrag, der den Film „Gasland“ und den daraus bekannten „brennenden Wasserhahn“ kritisch untersuchte. So kam endlich ein recht objektiver Beitrag zu Stande, der fachlich zwar noch nicht hundertprozentig korrekt, aber für die bisher bekannte Berichterstattung recht sachlich und nüchtern die Fakten aufbereitete. Diesen Beitrag nahm die ExxonMobil-Mitarbeiterin Ritva Westendorf-Lahouse zum Anlass einen Blog auf erdgassuche-in-deutschland.de zu verfassen, indem sie die Frage aufgreift, ob jemand behaupten könne, der NDR oder das UBA-Gutachten sei von ExxonMobil gekauft.

Am 04. September lief derselbe Beitrag, wenn auch leicht verändert und ergänzt bei Panorama in der ARD. Herrlich der ironische Schlusssatz von Moderatorin Anja Reschke:

„Übrigens: natürlich wurden wir für diesen Beitrag von Exxon bezahlt. Die Millionen klingeln schon auf unserem Konto. […] Muss Panorama reich sein.“

Das setzt alles bei einer Frage an, die ich mir ehrlich gesagt schon seit längerer Zeit selbst stelle: Glauben die Bürgerinitiativen bzw. Kritiker das eigentlich selbst, was sie alles sagen?

Versuchen wir einmal die Sache nüchtern zu betrachten: Wir haben in Deutschland vier große Erdöl- und Erdgasproduzenten, die, wenn auch nicht immer unter demselben Namen, teilweise seit über 100 Jahren Erdöl produzieren. Später kam das Gas hinzu und in Erdgaslagerstätten wurde vor 53 Jahren zuerst gefract. Zunächst brauchte man hierfür noch schwere Bohranlagen und konnte im Laufe der Zeit dies technisch so weiterentwickeln, dass eine Bohrung mit mehreren Fracs (Stages) stimuliert werden kann, auch in Horizontalstrecken und heute nur noch über eine Coiled-Tubing-Einheit. Das hat sich alles über die Jahre bewährt, wurde ständig verbessert, ist State-of-the-Art und eigentlich nicht weiter der Erwähnung wert.

Die Rig 30 der ITAG bohrt die Damme 2.

Die Rig 30 der ITAG bohrt die Damme 2.

In den Jahren 2008 und 2009 gab es seitens ExxonMobil erste Bemühungen, in die sogenannten Unconventionals einzusteigen. Das sind, nach heutiger Definition, Erdgaslagerstätten, die im Kohleflöz oder Tonschiefer gebunden sind. Mit zunehmender Erfahrung wird der Übergang von unkonventionellen zu konventionellen Lagerstätten allerdings immer fließender, da vor einigen Jahren selbst Tight Gas-Lagerstätten, Erdgaslagerstätten in geringpermeablen Sandsteinen, also mit einer schlechten  Porenverbundenheit (Permeabilität), noch als unkonventionell bezeichnet wurden.

Die ersten vier Projekte wurden noch recht lautlos durchgeführt, ohne großes öffentliches Interesse, eher wurde es positiv herausgestellt und vom NDR als etwas ganz tolles, neues erwähnt, was den Autor dieser Zeilen zumindest auf Fracs bezogen doch damals schon sehr verwunderte.

Für die Erdöl- und Erdgasbranche sind also Stimulationsarbeiten der Formation mittels Hydraulic Fracturing nichts Besonderes. Im Jahre 2010 wurde dann bekannt, das diese Erprobung auch auf Nordrhein-Westfalen (bzw. weiter in NRW rein, da es bereits eine Probebohrung im niedersächsischen Grenzgebiet gab) ausgebaut werden sollte, wobei die Erprobung nicht zwingend Frac-Aktivitäten umfasst. Befeuert durch „Gasland“ und den brennenden Wasserhahn formierte sich mehr und mehr Widerstand. Das hat zu Folge, dass seit 2011 Fracs auf Erdgas-Formationen gar nicht mehr genehmigt wurden bzw. vom Genehmigungsstand in der Schwebe stehen und lediglich eine Behandlung im Zechsteinkarbonat der Ölbohrung Barth 11 in Mecklenburg-Vorpommern im Frühjahr dieses Jahres durchgeführt wurde.

Früher war es auch so, dass die entsprechenden Anträge beim Bergamt gestellt wurden, dann die Genehmigungsphase mit allen gesetzlich vorgeschriebenen Anhörungen und Behörden folgte und anschließend das Projekt umgesetzt werden konnte. Eventuell wurde noch eine kleine Anwohnerinformation gemacht bzw. in einer Pressemitteilung über das Projekt informiert. Bevor hier jetzt jemand wieder anfängt über mangelnde Transparenz zu schreiben: Das hat in der Regel so gereicht, da das Interesse schlichtweg auch nicht größer war.

Von unzähligen Foto-Touren kann der Verfasser dieses Beitrags das berichten: Es hat sich schlichtweg keiner oder kaum jemand dafür interessiert, was da gemacht wird. Es gab ein Schild mit einer Projektbeschreibung und einer Adresse, an die man sich für weitere Fragen und Informationen hätte wenden können. Das ist ein Punkt, den man in dieser ganzen Transparenz-Debatte nicht vergessen darf und wo ich auch schon oft die Gegenfrage gestellt habe, warum man sich nicht einfach früher dafür interessiert oder nachgefragt hat, was da vor der eigenen Haustür passiert.

Bei den Firmen dürfte ein entsprechendes Interesse daran bestehen, dass man Felder und Produktion bestmöglich entwickeln kann. Dazu kann es eben nötig sein, die Lagerstätten entsprechend mit Fracs zu behandeln. Der Forderung nach mehr Transparenz kommen die Firmen durch diverse Webauftritte und Vor-Ort-Termine nach.

Ein anderer springender Punkt ist aber der folgende, worauf ich auch eigentlich hinaus will:

Werden Studien angefertigt und veröffentlicht, die zum Fazit kommen, dass Hydraulic Fracturing bzw. die Erdgas- und Erdölgewinnung nicht gefährlicher sind, als andere Industriezweige bzw. Formen der Energiegewinnung, wird das von seiten der Gegner angezweifelt, egal wie objektiv und wissenschaftlich schlüssig sie sind. Oder aber sie werden als industrienah bzw. „gekauft“ diffamiert.

Hier stelle ich mir jedoch die Frage „Was bringt das?“ Was bringt es zum Beispiel einem renommierten Wissenschaftler, sich von irgendwelchen Firmen oder Verbänden kaufen zu lassen und dabei ggfs. seinen guten Ruf aufs Spiel zu setzen? Ich denke, man hat als anerkannter Wissenschaftler da recht wenig von, irgendetwas für eine Studie aufs Spiel zu setzen, was man sich durch jahrelange Tätigkeit aufgebaut hat.

Dieselbe Frage kann man aber auch auf die Firmen anwenden. In der Regel ist es ja heute so, dass es irgendwann rauskommt, wenn irgendwo Gelder geflossen sind, um bestimmte Resultate zu beschönigen. Was würde das aber einer Firma bringen, die darum bemüht ist, möglichst viel für die Öffentlichkeit zu tun, um bald wieder normal, also wie es jahrzehntelang problemlos in Deutschland der Fall war, Erdöl und Erdgas produzieren zu können? In meinen Augen ergibt das nämlich extrem wenig Sinn, wenn man hier einen Skandal produzieren könnte, da man sich dann die Aktivitäten und eventuell noch weitere komplett abschminken könnte.

Eine Bohranlage der Angers Söhne auf der Aufschlussbohrung "Schlahe 1".

Eine Bohranlage der Angers Söhne auf der Aufschlussbohrung „Schlahe 1“.

Das ist auch derselbe Punkt, den ich bei der Debatte bzw. den „Argumenten“ bei Gegnern bzgl. der Sicherheit nicht nachvollziehen kann. Ich denke, sollte da bei der Bohrung oder der Handhabung mit irgendwelchen Stoffen wirklich so geschlampt werden, dass wirklich große Unfälle passieren, kann sich die Firma doch sicherlich eine weitere Aktivität sparen oder sie sehr, sehr eingeschränkt durchführen.

Und mal ehrlich? Warum sollte eine Firma zum Beispiel bei der Bohrlochintegrität sparen? Zum Einen sind die Firmen natürlich auch an sicheren und ordnungsgemäß funktionierenden Bohrungen interessiert, zum Anderen würde es doch enorme Kosten verursachen, wenn man eine Bohrung nicht vernünftig verrohrt und zementiert und dann in ein paar Monaten oder Jahren wieder mit einer Workover-Anlage auf die Bohrung darf, um den Pfusch dann auszugleichen. Das kann auch mal die ein oder andere Million mehr kosten und ist betriebswirtschaftlich alles andere als sinnvoll.

Der nächste Punkt wären auch die Mitarbeiter: Ich denke, jeder verantwortlichen Person ist daran gelegen, dass die eigenen Mitarbeiter morgens (oder je nachdem wann Schichtbeginn ist) gesund zur Arbeit erscheinen und zum Feierabend wieder genauso gesund den Betriebsplatz verlassen können.

Ich frage mich dabei wirklich, wie seitens der Gegner behauptet werden kann, dass da mitunter vorsätzlich gehandelt und geschlampt wird. Das hat für mich auch ein wenig mit nicht vorhandenem Respekt gegenüber den Mitarbeitern in den Betrieben der Erdöl- und Erdgasindustrie zu tun. Es klingt oft so, als sei es den Firmen (also eigentlich ja ihren Mitarbeitern) egal, was mit der Umwelt und auch den eigenen Anlagen passiert. Mal ehrlich? Kann man sowas wirklich ernst meinen, dass es Müttern und Vätern egal sein soll, ob sie und ihre Kollegen noch ein vernünftiges Leben führen können?

Für mich ist das sehr respektlos, wie von einigen Seiten der Kritiker mit Mitarbeitern der Industrie umgegangen wird. Da werden Bohrarbeiter als Wanderzirkus tituliert oder Ingenieuren wird vorgeworfen, vorsätzlich das Grundwasser und die Natur zu schädigen. Das Interessante daran ist aber, dass, wenn man manche Aussagen der Gegnerschaft bezweifelt, recht schnell von ihr mit rechtlichen Konsequenzen gedroht wird. Ich möchte mir nicht ausmalen, was es für ein Echo geben würde, wenn wir hier vom Blog oder Mitarbeiter der Öl- und Gasbranche den Spieß mal umdrehen oder den Berufszweig der jeweiligen Gegner entsprechend in Verruf bringen würden…

Wieder bringt es da ein Satz aus der Panorama-Reportage auf den Punkt:

„Vielleicht würde mehr Nüchternheit statt Emotion der Debatte gut tun.“

Und ein wenig Anstand und Respekt bei einigen der Gegnerschaft auch.

Letztlich wollen Kritiker und vor allem verängstigte Menschen mit ihren Argumenten und Ängsten ernst genommen werden. Dazu gehört aber auch ein Mindestmaß niveauvolles Verhalten gegenüber Mitarbeitern der Firmen und gegenüber Wissenschaftlern und Forschern, die unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten eine Lösung finden wollen. Vor allem vor dem Hintergrund der jetzt gesendeten Bilder und Fakten von Panorama muss man sich auch auf Seiten der Hardcore-Kritiker und Bürgerinitiativen fragen, wie weit man nicht selbst zu einer Verunsicherung beigetragen hat und dabei nicht etwas weit über das Ziel hinausgeschossen ist.

Schließlich ist es schon ein Zeichen genug, dass der NDR durch die Panorama-Berichte seine früheren Aussagen und Sendungen relativiert hat. Und einfach zu sagen „Wir wollen das nicht!“ ist in meinen Augen zu kurzsichtig und grenzt, besonders bei Betrachtung der wenig bis gar nicht vorhandenen Alternativen an blanker Ironie oder gar Scheinheiligkeit, insbesondere wenn man sieht, woraus zum Beispiel Windkraftanlagen und Solarpanele bestehen und wo und wie die Grundstoffe bergmännisch gewonnen werden. Selbst wenn man in Deutschland gar nicht mehr fracen dürfte, werden wir mehr und mehr Gas importieren müssen, das auch garantiert aus gefracten Formationen stammt. Unter welchen Umständen das im Ausland produziert wird liegt dann nicht mehr in unserer Hand.

Wie sagte vor Jahren einmal ein junger Mann vom WWF zu mir? „Du musst uns aber auch mal verstehen.“ Ich entgegnete nur: „Ihr tut es ja bei mir auch nicht.“ Und fühlte mich irgendwie im Recht.

Wintershall: „Niedersachsen muss eigene Interessen vertreten“

Der Chef von Wintershall Deutschland, Joachim Pünnel, macht anhand der im letzten Jahr erneut zurückgegangenen Erdgasförderung in Niedersachsen deutlich, wie wichtig die heimische und vor allem die niedersächsische Erdgasproduktion für das Bundesland ist.  95% macht demnach die niedersächsische Förderung an der gesamten inländischen Erdgasproduktion aus, die bereits das dritte Jahr in Folge rückläufig ist.

Tightgas-Bohrung Düste Z10 im Landkreis Diepholz ©chef79

Tightgas-Bohrung Düste Z10 im Landkreis Diepholz ©chef79

Pünnel betonte gegenüber Journalisten bei einem Pressegespräch im Landtag in Hannover die Bedeutung der niedersächsischen Erdgasproduktion: 95% des in Deutschland geförderten Erdgases stammen demnach Niedersachsen und bescherten dem Land 2013 Einnahmen von mehr als 600 Millionen Euro. Durch den Stopp bei Genehmigungsverfahren für hydraulische Bohrlochbehandlungen – Hydraulic Fracturing, oft nur als „Fracking“ bezeichnet, sinkt die Erdgasproduktion in Niedersachsen allerdings seit drei Jahren. 2013 wurden so zum Beispiel 10 Prozent weniger Erdgas gefördert, als im Vorjahr.

Kein Bundesland würde so stark von der Gewinnung von Bodenschätzen profitieren wie Niedersachsen, wirtschaftlich wie finanziell, unterstricht Pünnel die Bedeutung der Öl- und Gasindustrie für Niedersachsen. Er wird deutlicher und fordert ganz klar, dass nicht andere Bundesländer die Regeln für die Öl und Gasförderung für andere aufstellen sollten, wenn sie selbst nicht über entsprechende Rohstoffquellen verfügten. In erster Linie solle über die Nutzung niedersächsischer Rohstoffe in Niedersachsen selbst entschieden werden.

Niedersachsen solle auch in Berlin als das deutsche Energieland selbstbewusster auftreten. Über die Bedingungen, wie in Zukunft Bodenschätze gewonnen werden könnten, sollte vor allem in Niedersachsen selbst diskutiert werden. Dabei begrüßt Pünnel die positiven Zeichen zur heimischen Förderung des niedersächsischen Wirtschafts- und auch des Umweltministers. Die von Wenzel angestoßenen Fachgespräche zu einer Umweltverträglichkeitsprüfung begrüße er, machte aber auch deutlich, dass es nach zwei Jahren wichtig sei, klare Zeitrahmen zu definieren.

In Niedersachsen müsse gezeigt werden, dass unabhängig der Schiefergas-Debatte weiterhin konventionelle Projekte mit Fracmaßnahmen behandelt werden dürften und dies unter strengen Umweltauflagen möglich sei. Hierbei verwies Pünnel darauf, dass Wintershall für ein Modellprojekt im niedersächsischen Barnstorf bereit stehe.

Bei Barnstorf hatte Wintershall 2012 mit der Bohrung „Düste Z10“ eine Gasführung der Sandsteinschichten des Oberkarbons nachgewiesen. Um die Lagerstätte wirtschaftlich produzieren zu können, bedarf es hierbei Fracmaßnahmen. Die Gemeinde Barnstorf hat hierfür ihre Zustimmung gegeben, nach dem Veto des Kreistages des Landkreises Diepholz liegt der Antrag nun beim niedersächsischen Umweltminister Stefan Wenzel, der für die wasserrechtliche Erlaubnis seine Zustimmung nun geben muss.

Seismische Untersuchungen im Gebiet Bockstedt

Die Wintershall Holding GmbH plant für Herbst dieses Jahres seismische Untersuchungen im Gebiet der Erdöllagerstätte Bockstedt. Dabei soll mit einer 3D-Seismik untersucht werden, ob es weitere höffige Horizonte in Bockstedt oder im Umfeld der Lagerstätte gibt.

Erdölförderbohrung Bockstedt 69 chef79

Erdölförderbohrung Bockstedt 69 ©chef79

Wintershall hat Anfang des Jahres neue Bohrungen im Erdölfeld Bockstedt abgeteuft, die nach Unternehmensangaben erfolgreich verlaufen sind und offenbar weitere erdölhöffige Horizonte in der 1954 entdeckten Lagerstätte vermuten lassen. Um diese Vermutungen genauer zu untersuchen, hat das Unternehmen angekündigt, eine hochauflösende 3D-Seismik durchführen zu wollen.

Diese Arbeiten sollen im Herbst 2014 beginnen und etwa vier Monate andauern. Die anschließende Auswertung der gewonnenen Daten soll laut Wintershall etwa ein Jahr betragen. Untersucht werden soll ein knapp 60 Quadratkilometer großes Gebiet in der Konzession Ridderade-Ost, in dessen Zentrum die Bewilligung Bockstedt liegt, in der die Erdöllagerstätte Bockstedt in Produktion steht.

Wintershall erhofft sich so neue und bessere Erkenntnisse über den geologischen Aufbau der Lagerstätte und im Gebiet um Bockstedt herum. Durch die neu akquirierten Daten könnten mögliche Bohrpunkte besser gewählt und somit auch die Anzahl möglicher Neubohrungen minimiert werden. Die ersten neuen Bohrungen auf Basis dieser seismischen Daten könnten somit frühestens 2016 erfolgen.

Durch die Erkenntnisse könnte die Erdölproduktion gesichert und der Entölungsgrad der Lagerstätte erhöht werden. Die Förderdauer in Bockstedt könnte also verlängert, und somit auch dem Unternehmensstandort in Barnstorf eine wichtige Stütze um weitere Jahre erhalten bleiben.

Im Erdölfeld Bockstedt führt Wintershall zur Zeit gemeinsam mit BASF einen international beachteten Versuch durch: Mit Hilfe des Biopolymers Schizophyllan soll das Lagerstättenwasser angedickt und somit mehr Öl produziert werden.

Bei einer Seismik werden durch gezielte Sprengungen oder Vibrationen Schallwellen erzeugt, die von den einzelnen Gesteinsschichten reflektiert werden. Diese Reflektionen zeichnen Messstellen, so genannte Geophone, auf und werden anschließend durch Computer visualisiert. So ist es dann Geophysikern und Geologen möglich, mögliche Strukturen im Untergrund auszumachen, die sich für eine Speicherung von Kohlenwasserstoffen, so genannte Fallen, eignen. Eine Gewissheit, ob hier wirklich Erdöl oder Erdgas lagern, können erst Bohrungen geben.

Aus der Lagerstätte Bockstedt sind seit 1954 bis Ende 2012 knapp 3,6 Mio. Tonnen Erdöl sowie 67,3 Mio. Kubikmeter Erdölbegleitgas gefördert worden (LBEG-Jahresbericht 2012).

Kritische Anmerkungen zu einem Artikel der Kreiszeitung

Die Kreiszeitung berichtet mal mehr oder mal weniger sachlich und objektiv zur Erdöl- und Erdgasproduktion in Niedersachsen und im Landkreis Diepholz. Sind es im Raum Verden und Rotenburg zumeist kritische und wenig objektive Beiträge, so gibt es gelegentlich einige sachliche Artikel im Diepholzer und Syker-Bereich der Zeitung. Als Beispiel für letzteres seien das Polymerflutprojekt in Bockstedt der Wintershall oder die Bohrphase der Barrien 15T in Weyhe genannt. Letzteres Projekt ist allerdings Bestandteil eines Artikels, der eindrucksvoll belegt, wie ein Medium ein Thema aufmachen kann, das eigentlich gar kein Thema ist. Es geht um einen sogenannten Workover im Erdgasfeld Barrien der Wintershall, der so gar nichts mit Hydraulic Fracturing zu tun hat. Die Workoverarbeiten nehmen im Artikel der Kreiszeitung allerdings nur einen Halbsatz ein, während sich der Rest fast ausschließlich um die Fracarbeiten dreht, die 20 bis 42 Jahre zurückliegen.

Erdgasbohrung Barrien 15T bei Weyhe ©chef79

Erdgasbohrung Barrien 15T bei Weyhe ©chef79

Heute ist dort ein Beitrag zum Erdgasfeld Barrien der Wintershall erschienen. Im Sommer letzten Jahres hat Wintershall dort die Produktionsbohrung Barrien 15T durch die KCA Deutag bohren lassen, die aber wohl wegen technischer Probleme, die wohl auf einer komplexen Geologie beruhen, in etwa 2000 Meter Teufe eingestellt wurde. Hierzu gibt es auch eine Mitteilung im Blog über die Heimische Förderung von Wintershall (LINK).

Bereits im vergangenen Jahr  wurde dort angekündigt, dass für Anfang diesen Jahres in der Barrien 8T ein Wechsel des Steigrohrstranges (Tubing) geplant sei. Diese Arbeiten haben diese Woche begonnen, wie sich aus dem folgenden Blog-Beitrag schließen lässt (LINK).

Das alles hat, so auch von Wintershall mehrfach kommuniziert, nichts mit der Stimulationsmethode „Hydraulic Fracturing“ zu tun, was wohl eher als „Fracking“ in der Öffentlichkeit bekannt ist und vielfach falsch vermittelt wird.

Wintershall produziert seit den 1960er Jahren Süßgas aus den Sandsteinfolgen des Buntsandsteins, was dem ein wenig fachkundigen Leser anhand der Bohrungsnomenklatur (T für die Trias, dessen unterstes Teilglied der Buntsandstein darstellt) ohnehin klar sein sollte. Für gewöhnlich hat der Buntsandstein, bzw. die jeweiligen Schichtenfolgen, lagerstättentechnische Eigenschaften, die keine Stimulation benötigen, um überhaupt wirtschaftlich produzieren zu können. Es kann allerdings sinnvoll sein, den Speicher zu stimulieren, sollte man die Produktion erhöhen oder auf einem gewissen Niveau halten wollen. Das spielt aber normalerweise hierbei zunächst keine Rolle.

Jetzt hat die Kreiszeitung allerdings heute einen Artikel veröffentlicht, der sich mit der Erdgasproduktion in Weyhe beschäftigt. Nur kurz zum allgemeinen Verständnis: Eine Erdgas- oder Erdöllagerstätte wird in der Regel nach Orten benannt, die in der Nähe liegen, Da kann es aber auch vorkommen, dass der namensgebende Ort zum Beispiel einige Kilometer entfernt liegt und sich gar nicht „über“ der Lagerstätte befindet. Hier heißt die Lagerstätte Barrien, befindet sich aber unter den Ortsteilen der Gemeinde Weyhe. Zwischen der Gaslagerstätte Barrien und dem Ort Barrien, besteht je nach Lage, noch eine Entfernung von etwa 3 bis 4 Kilometer, würde man das auf die Oberfläche projizieren.

Kleiner Exkurs hierzu: Es gibt jeweils eine Erdgas- und Erdöllagerstätte Düste. Der Ort Düste an sich, befindet sich aber gar nicht über diesen Lagerstätten. Und selbst die Lagerstätten mit der Bezeichnung „Goldenstedt“ befinden sich nicht unter dem Ort Goldenstedt, sondern gehen vielmehr in Richtung Cloppenburg, Visbek, Emstek und Vechta.

Aber weiter zu Barrien: Wintershall musste, wie oben erwähnt, die Barrien 15T einstellen. Dazu komme ich später noch einmal zurück. Es geht jetzt zunächst um den Wechsel der Produktionsrohrtour in der Barrien 8T, im Fachlichen auch Workover oder bergmännisch häufig auch Aufwältigung genannt.

Es wäre wünschenswert, dass der Journalist bzw. Zeitung bei der Firma anfragen, was dort genau gemacht wird und die Informationen dann in einen Artikel verpackt Die Kreiszeitung hätte beispielsweise schreiben können, dass Wintershall dort einen Workover durchführen lässt (von der Salzwedeler Firma Erdöl-Erdgas Workover GmbH) und dabei die Produktionsrohrtour wechselt. Dabei hätte man noch kurz auf das Bohrlochdesign eingehen können, wo sich die Produktionsrohrtour quasi in der Mitte des mit Futterrohren verrohrten Bohrlochs befindet und das durch das Tubing das Lagerstättenmedium, also Erdgas in diesem Fall, gefördert wird. Die Futterrohre stellen eine Schutzfunktion, also eine Barriere, z. B. gegenüber grundwasserführenden Schichten dar. Im Laufe der Zeit kann es vorkommen, dass z. B. etwas am Bohrlochdesign geändert wird, wie bspw. einen anderen Rohrdurchmesser einbauen möchte oder einfach Wartungsarbeiten an der Produktionsrohrtour vornimmt, und sie in diesem Zusammenhang gegen eine neue austauscht.

Es wäre in meinen Augen guter Artikel, der kurz und knapp über die Arbeiten informiert. Mittlerweile muss es ja für die Förderunternehmen dazu gehören, dass explizit erwähnt werden muss, hier kein Hydraulic Fracturing durchzuführen oder dass der Grundwasserleiter nicht beeinträchtigt wird. Dieser, in meinen Augen eigentlich überflüssige, aber mittlerweile wohl unabdingbare Absatz, hätte sicherlich noch eingebaut werden können.

Was macht aber die Kreiszeitung? Sie setzt eine Überschrift, dass die Weyher Bohrlöcher in einem Zeitraum von 22 Jahren 23 Mal „gefrackt“ worden sind. In den weiteren ersten vier Absätzen geht es um Stimulationsmaßnahmen, die teilweise 40 Jahre zurückliegen. Hier wird der Wintershall Pressesprecher Mark Krümpel zitiert, indem er die gefracten Bohrungen aufzählt und Informationen dazu gibt.

Erst im fünften Absatz geht man dann zum ersten Mal auf die aktuelle Situation ein (!). Im Halbsatz wird erwähnt, dass bei der Barrien 8T die Produktionsrohrtour ausgetauscht wird. Im restlichen Teil wird die eingestellte Barrien 15T  erwähnt. Und wie im bereits erwähnten Hinweis der Wintershall zu erfahren war, schreibt die Kreiszeitung, dass für die 15T, die laut Wintershall noch nicht einmal den gasführenden Träger erreicht hat sowie für weitere Bohrungen keine Stimulationen geplant seien.

Am Ende geht es nochmal um die Stoffe, die bei den Fracs eingesetzt worden sind. Diese seien bisher nicht genannt worden, wobei man hier sich die Frage stellen könnte, was der normale Bürger mit der genauen Zusammensetzung schließlich anfangen könnte. Hier sei nur der Hinweis angebracht, dass die Stoffe nicht in ihrer Reinform zur Stimulation ins Bohrloch gepresst worden sind, sondern hochverdünnt. Teilweise befinden sich Stoffe in der Fracflüssigkeit, die deutlich unverdünnter in Shampoo, Seife oder anderen Haushaltswaren zu finden sind.

Letzten Endes bleibt die Frage offen: „Was möchte die Kreiszeitung mit ihrem Artikel genau bewirken? Die im ersten Absatz erwähnte Liste wurde vom Bergamt schon vor einiger Zeit veröffentlicht und auch von Bürgerinitiativen verwendet. Die Kreiszeitung hätte also schon deutlich früher über die Fracs informieren können, wobei die Frage erlaubt sein darf, inwieweit das überhaupt eine Nachricht wert wäre?

Vielmehr müsste sich die Kreiszeitung die Frage gefallen lassen, ob man mit dem Artikel einen seriösen Journalismus vertreten und über die aktuellen Arbeiten berichten möchte oder vielmehr durch Halbwissen Ängste und Spekulationen schüren will , wie es in einigen Kommentaren auf der Facebookseite der Kreiszeitung der Fall ist: https://www.facebook.com/kreiszeitung.de/posts/626004324114490

Hier sei nochmal die Frage erlaubt: Wie kommt man dazu ernsthaft anzunehmen, Wintershall würde dort aktuell Fracmaßnahmen durchführen, bzw. habe es auf der Barrien 15T durchgeführt, obwohl es im selben Artikel seitens der Wintershall dementiert und über die Arbeiten, die dort gerade durchgeführt werden, informiert wird. Da die aktuellen Arbeiten aber nur in einem Halbsatz erwähnt werden, geht dies beinahe unter. Ob dieses gewollt ist, darüber kann nur spekuliert werden. Die Tatsache, dass Fracmaßnahmen, die Jahrzehnte zurückliegen und den überwiegenden Teil des Artikels einnehmen, lässt hier aber einen gewissen Spekulationsraum zu.

Zum Absatz mit der Barrien 15T möchte ich dann auch noch etwas sagen: Der Autor schreibt, es sei vergeblich versucht worden ein Förderrohr zu verlegen. Wer etwas Fachkenntnis besitzt, wird sich fragen, was ein Förderrohr sein soll. Dazu gäbe es zwei Möglichkeiten: Einmal die Produktionsrohrtour im fertig gestellten Bohrloch. Hierfür hätte aber die Bohrung zumindest den Träger erreicht und fertig komplettiert, also mit Produktionsrohrtour ausgestattet werden müssen. Dass das nicht geschehen ist, ist einleuchtend, da, so kann man das bei Wintershall nachlesen, die Bohrung aufgrund technischer Probleme eingestellt wurde. Hier einen „trockenen“ (also nicht gasführenden) Horizont zu produzieren, ergäbe keinen Sinn.

Weiterhin könnte man meinen, es wäre nicht gelungen, an das Eruptionskreuz (Bohrlochabschluss) eine zu den Aufbereitungsanlagen auf dem Förderplatz führende Leitung anzuschließen. Da die Bohrung eingestellt wurde, ergäbe das keinen Sinn.

Auch hier darf der Artikelschreiber bei der Kreiszeitung kritisiert werden, nicht besser recherchiert bzw. formuliert zu haben. Eventuell ist das jetzt ein wenig weit hergeholt von mir: Es wird wieder einmal deutlich, dass hier, egal ob gewollt oder ungewollt, ein wenig stümperhaft gearbeitet wurde.

Auch als Journalist darf man sicherlich seine Einstellungen und Überzeugungen haben und kann auch gerne gegen die Förderung von Erdöl und Erdgas sein. Allerdings sollte hierbei erwartet werden dürfen, dass hierbei immer die Objektivität im Auge behalten wird. Gerade bei einem kontrovers diskutierten Thema, wie der Suche und Förderung von Erdöl und Erdgas und speziell beim Hydraulic Fracturing, sollte man daher als unabhängiges Medium daran interessiert sein, so objektiv wie möglich zu schreiben und tiefgründiger zu recherchieren. Die genauen Sachlagen, bspw. das Einstellen der Bohrung, hätten in ein paar Minuten im Blog von Wintershall nachgelesen werden können.

Fakt ist: Hydraulic Fracturing hat mit den aktuellen Arbeiten in Barrien nichts zu tun und sollte demnach auch nichts im Artikel zu suchen haben, zumindest nicht in dem Maße, wie es die Kreiszeitung hier formuliert.

Erdgasförderung: Kreiszeitung wieder mit vielen Spekulationen

In den letzten Jahren lässt sich ein Trend in der Berichterstattung über Erdöl- und Erdgasprojekte in den Medien erkennen, der in erster Linie von Spekulationen geprägt ist. Dadurch werden viele Gegenbenheiten verdreht oder weggelassen, so dass in der Regel ein Tenor ertönt, der die Suche und Förderung von Kohlenwasserstoffe kritisch beäugen lässt. Die Mediengruppe Kreiszeitung hat gestern wieder einen Artikel veröffentlicht, der dieses eindrucksvoll beweist.

„Erdgasbohrungen bald auch in Achim?“ fragt der Autor Michael Mix gleich in der Überschrift und spekuliert in der kurzen Einleitung weiter, wie schon bald riesige Bohrer sich bis zu 5 000 Meter tief durchs Achimer fressen könnten.

Im weiteren Artikel wird der Autor dann konkreter: Konzerne würden in den Gesteinen unter dem dicht besiedelten Stadtgebiet eine Menge Erdgas vermuten. Das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) habe bereits 2012 der RWE Dea AG und der Wintershall Holding GmbH jeweils eine Erlaubnis zur Aufsuchung von Kohlenwasserstoffen in Achim und umzu erteilt – ohne das Stadtverwaltung und Ratsmitglieder davon gewusst hätten.

Diese Nachricht sei jetzt bei den Achimer Grünen wie eine Bombe eingeschlagen und auch große Teile der Bevölkerung seien davon geschockt. Im Folgenden wird auf die Erdgaslagerstätten und die Produktionsbetriebe in den umliegenden Landkreise und den teilweise vorgekommenen Unfällen eingegangen, ehe die Lage der Konzessionen beschrieben wird. Es folgt eine Erläuterung was genau eine Aufsuchungserlaubnis bedeutet.

Enden tut der Artikel mit der Frage des Grünen Parteivorsitzenden Bartram, warum es vorher diese Heimlichkeiten über die Köpfe der Kommunen hinweg gebe. Garniert wird diese Frage mit dem Zusatz, dass es die alten, feudalen Rechte seien, den Königen und Fürsten gehörten schließelich ja auch die Bodenschätze.

Doch ist diese Aufregung wirklich gerechtfertigt oder handelt es sich hierbei wieder mal um einige Missverständnisse? Besonders der Punkt um die Vergabe von „Achim (neu)“ an Wintershall verdeutlicht, dass es bei der Interpretation der Kreiszeitung bzw. beim Grünen Parteichef einige Lücken gibt. Schauen wir uns daher das Erlaubnisfeld, wie es korrekterweise heißt, genauer an.

Karte mit den hervorgehobenen Erlaubnissen Achim (neu), Verden und Werder.

Karte mit den hervorgehobenen Erlaubnissen Achim (neu), Verden und Werder.

Das Erlaubnisfeld „Achim (neu)“ umfasst ein insgesamt 325 Quadratkilometer großes Gebiet, dessen Nordteil an den Südrand von Bremen und Stuhr/Brinkum reicht. Es setzt sich bis Syke fort, verläuft dann weiter in östlicher Richtung, wird dabei etwas schmaler und umfasst im Südteil den Ort Bruchhausen-Vilsen.

Bestehende Erdgasproduktion im Erlaubnisfeld „Achim (neu)“

Wirklich interessant ist momentan nur der nördliche Bereich. Hier befinden sich insgesamt zwei Kohlenwasserstofflagerstätten. Zum einen die bereits aufgegebene Erdgaslagerstätte Syke, die mit insgesamt 4 Bohrungen Erdgas aus dem Zechstein produziert hat. Östlich vom Gasfeld Syke befindet sich die im Buntsandstein in Produktion stehende Lagerstätte Barrien der Wintershall Holding GmbH.

Hier produziert Wintershall seit den 1960er Jahren Erdgas. Das ist alles nichts neues und durchaus bekannt. Um hier tätig zu sein, benötigt das jeweilige Bergbauunternehmen die entsprechenden Erlaubnisse und Bewilligungen. Im Fall von „Achim (neu)“ wurde diese Erlaubnis allerdings nicht wie im Artikel neu vergeben, sondern nur verlängert, was aus dem LBEG-Jahresbericht auch eindeutig hervorgeht.

Hätte Wintershall hier nicht die Erlaubnis, könnte man zum einen kein Erdgas produzieren und die Lagerstätte auch nicht weiterentwickeln.

Letzteres sollte im Jahr 2013 in Angriff genommen werden, indem eine neue Bohrung, die Barrien 15T auf den Buntsandstein angesetzt war. Auf Grund von Problemen wurde die Bohrung allerdings eingestellt. Da die Kreiszeitung über das Bohrprojekt und die Informationsveranstaltungen nicht nur einmal berichtet hat, verwundert es doch schon ein bisschen, dass hier von neuen Bohrungen, insbesonders im Stadtgebiet von Achim, gesprochen wird.

Nur nochmal zur Verdeutlichung: Die Kreiszeitung hat über die ersten Präsentationen der Neubohrung berichtet, informiert, dass sich der Bohrbeginn verzögert, Artikel vom Aufbau der Anlage veröffentlicht und sogar einen Bericht über eine Befahrung der Anlage für die Anwohner mit einer ausführlichen Bilderstrecke versehen. Das ist nur ein Auszug aus den Artikeln zur Barrien 15T. Auf den Internetseiten der Wintershall finden sich ebenso weitere Infos zum Standort Barrien, beispielsweise auf dem Blog über die Heimische Förderung.

Aber bereits vor den Bohrtätigkeiten zur 15T hat die Kreiszeitung über die Erdgasförderung in Barrien informiert, wie zum Beispiel über eine Feuerwehrübung auf einem Sondenplatz der Wintershall.

Es ist schon leicht verwunderlich, dass die Kreiszeitung hier über Projekte in und um Achim spekuliert, wo sie bis vor wenigen Monaten noch über die Bohrarbeiten im Erdgasfeld Barrien berichtet haben.

Prospektion in der Umgebung bestehender Felder?

Aber gehen wir noch zu einer ganz allgemeinen Frage bzw. Tatsache, die auch Laien auffallen sollte, die den Kartenserver zur Info heranziehen, was im Fall der Kreiszeitung offenbar geschehen ist, wie anhand des Screenshots der Konzessionen „Werder“ und „Achim“ ersichtlich ist:

In unmittelbarer Nähe zu den Erlaubnisfeldern befinden sich mehrere, auch recht ergiebige, Erdgaslagerstätten. Hier fällt auf, dass zum einen im Gebiet von Verden und Achim keine Lagerstätten vorhanden sind und hier auch recht wenig abgebohrt wurde. Ein weiterer Aspekt ist, dass die Lagerstätte Völkersen (Erlaubnis Rotenburg) genau an die Erlaubnis Verden grenzt. Das allesamt sind Informationen, die jeder im Kartenserver des LBEG einsehen kann.

Es wäre also irgendwo nur logisch, wenn den Bergbauunternehmen daran gelegen wäre, auch die Bereiche um Lagerstätten auf mögliche weitere Reserven zu untersuchen. Dies muss nicht zwingend durch Tiefbohrungen geschehen, auch kann eine Neuinterpretation von Seismik-Daten weitere Aufschlüsse und etwaige Möglichkeiten bringen.

Um hier tätig zu werden, benötigt ein Bergbauunternehmen eine entsprechende Erlaubnis. Hier sei im übrigen nochmals erwähnt, dass das Erlaubnisfeld „Verden“ 2012 verlängert wurde, es bestand also schon vorher und wurde nicht neu erteilt, das ist nur bei „Werder“ der Fall, das lässt sich ganz einfach im Jahresbericht 2012 des LBEG recherchieren.

Zusammenfassend lässt sich also sagen, das nicht zwingend von Tiefbohrungen ausgegangen werden muss. Ehe es hierzu kommen würde, werden vermutlich noch ein paar Jahre vergehen. Ob dann wirklich unmittelbar im Stadtgebiet von Achim gebohrt würde, darf ebenso bezweifelt werden, da es dank der modernen Bohrtechnik möglich ist, gezielt Lagerstätten auch von außen, also mittels gerichteten Bohrungen, zu erreichen. Nur eins sind die „Bohrer“ in diesen Teufen nicht mehr – riesig, da sich mit zunehmender Tiefe der Rohrdurchmesser und somit auch der des Meißels verkleinert.

Anmerkungen/Ergänzungen des Seitenbetreibers: Was beim Artikel auffällt, ist der durchgehend negative Tenor. Das lässt sich insbesondere an folgendem Satz feststellen:

Insbesondere im Flecken Langwedel, wo die RWE-Dea mit dem „Förderbetrieb Niedersachsen“ den Boden in erheblichem Umfang ausbeutet, und benachbarten Gemeinden, aber auch im Landkreis Rotenburg oder in Weyhe, hat die Erdgasförderung weit über das spezielle Fracking-Verfahren hinaus zu erschütternden Begleiterscheinungen wie Erdbeben, Rissen an Häusern, durch Benzol, Quecksilber und andere Schadstoffe verunreinigte Böden und Angst vor Vergiftung des Grund- und Trinkwassers geführt.

Das einzige erschütternde Ereignis, und das im wahrsten Sinne des Wortes, war das Erdbeben im November 2012. Darüber hinaus gab es am Lagerstättenwasser (LaWa)-Leitungsnetz im Bereich des Feldes „Völkersen“ abschnittsweise und räumlich auf einen schmalen Streifen von wenigen Metern begrenzt Kontaminationen des Grundwassers. (was nicht mit Trinkwasser gleichzusetzen ist!) In den Bereichen, wo die Leitungen keinen unmittelbaren Kontakt zum Grundwasser hatten, gab es keine erhöhten Benzolwerte. Letzten Endes wurde festgestellt, dass weder Pflanzen noch Tiere beeinträchtig wurden, oder anders ausgedrückt, dass das Benzol nicht in die Nahrungskette gelangt ist. Dennoch wurde insbesondere beim NDR aber auch in Formaten der Mutter ARD von einem „Umweltskandal“ gesprochen. Über die Entwarnung war bei NDR online hingegen nur eine Kurznachricht zu lesen. Über das umgehend eingeleitete Sanierungsprogramm und dessen Erfolge wird dort gar nicht berichtet.

Ähnliches trifft auf einen Schadensfall im Erdgasfeld „Söhlingen“ zu, das von der ExxonMobil Production Deutschland GmbH (EMPG) betrieben wird. Hier sind an einer LaWa-Leitung bereits 2007 Kontaminationen mit Benzol und Quecksilber dokumentiert worden. Eine Sanierung des 250 Meter langen Streifens erfolgte 2010. Dennoch konstruierte der NDR auch hieraus einen Umweltskandal und eine angebliche Vertuschung des Vorfalls, obwohl im Bericht, der das beweisen sollte, das an der dortigen Verbindungsstraße aufgestellte Baustellenschild zeigte. Als „Beweis“ für die Vertuschung sollte dienen, dass die dort aufgeführte Rufnummer nicht zum Verantwortlichen der EMPG führt. Für mich sah der Anruf, der angeblich bei einer anderen Person einging, fingiert aus.

Welche die „anderen Schadstoffe“, die der Artikelschreiber anführt, sind, bleibt sein Geheimnis. Es sind lediglich diese beiden Kontaminationen außerhalb von Betriebsgeländen bekannt und es wurden dabei Benzol bzw. Benzol- und Quecksilberverunreinigungen dokumentiert. Die von Michael Mix erwähnte Angst vor Trinkwasserverunreinigung ist meiner Ansicht nach eine Folge der dramatisierten Berichterstattung im Fernsehen, aber auch bei der Kreiszeitung. Sachlich nachvollzihebar ist sie nicht, da sämtliche Schadensfälle außerhalb von Wasserschutzgebieten erfolgten und räumlich sowohl horizontal als auch vertikal eng begrenzt waren. Hinzu kommt, dass meiner Ansicht nach Bürgerinitiativen mit ihren Spekulationen jenseits technischen und geologischen Sachverstandes bei vielen Mitbürgern auf fruchtbaren Boden fallen.

Abschließend bleibt festzustellen, dass die Kreiszeitung zum wiederholten Male mit einem gegnüber den Kritikern recht unkritischen Artikel zum Thema einheimische Erdgasförderung auffällt. Allein in der nun fast abgelaufenen Woche gab es drei weitere Beiträge, die sich vom Grundtenor her negativ mit dem Thema befassten. Dazu an anderer Stelle mehr.